Freund
meines heißt
DU
Ich besuche mich
Wüste – bei diesem Wort denken wir an Gefahr, Trockenheit, Hitze, Durst. Dort ist Leere, Einsamkeit, Weglosigkeit, dort haben wir den Tod vor Augen. Wüstenzeiten erleben wir in Existenzängsten, in Momenten des schmerzlichen Abschieds, in zweifelnden oder verzweifelten Stunden.
Wüstenzeiten sind aber zugleich Augenblicke einer neuen Beurteilung und Sichtweise unseres Lebens. Sie führen uns an Haupt-Orte, an Sinn-Orte unserer Existenz. Sie leiten uns, um mit einem geflügelten Wort des Kabarettisten Karl Valentin (1882–1948) zu reden, nach Hause, werfen uns ganz auf uns selbst zurück: „Heute besuche ich mich, hoffentlich bin ich zu Hause.“
Einige Ermutigungen können als Richtschnur dienen, um bei sich zu sein, um neue Wege zum Leben zu entdecken:
Alternativ leben – durch Konzentration auf das Wesentliche
Die Wüste als unbewohntes und einsames, unwirtliches Areal wurde in den ersten Jahrhunderten des Christentums zum bevorzugten Lebensort der Mönche. Dieses Umfeld führte dazu, dass sie sich auf das Wesentliche konzentrierten, auf ein Leben mit Gott.
Diese Haltung der Mönche können wir uns wieder bewusst machen, ganz im Sinne einer Regel von Taizé: „Bewahre in allem die innere Stille, um in Christus zu bleiben.“ Diese Stille führt uns zur wesentlichen Frage: Wo liegen die entscheidenden Aufgaben in meinem Leben? Wo ist sein Sinn?
Ausgewogen leben – im Spannungsfeld von Rückzug und Öffnung
In den ausgelassenen Festen des Faschings verspüren viele Menschen Einsamkeit, durchleiden Melancholie, wenn sie durch ihr Schicksal nicht an der ungestümen Freude der anderen teilhaben können. Und oft erleben wir uns in einer Spannung zwischen unseren Stärken und Fähigkeiten und den Erwartungen an uns. In vielen Lebensbereichen begegnen wir diesem Spannungsfeld, stehen wir vor der Frage: Wo brauche ich mehr Rückzug, wo wünsche ich mir mehr Öffnung auf andere Menschen hin?
Authentisch leben – durch schützende Grenzen
Eine dritte Ermutigung. Zweifellos sind die neuen Kommunikationsmöglichkeiten wie Handy, Smartphone oder Internet für uns alle eine gute Hilfe, um mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen und zu bleiben. Wenn es jedoch nicht gelingt, dabei klare Grenzen zu ziehen, dann kann die Außenwelt zu jeder Tages- und Nachtzeit in unsere Innenwelt einbrechen. Rückzugsorte und Kraftquellen werden dadurch ausgetrocknet, liegen brach. Ermutigend können wir uns fragen: Welche Grenzen möchte, ja muss ich setzen, damit die Quellen meines Lebens nicht versiegen?
Maßvoll
In vielen Bereichen unseres Lebens gilt es, Maß zu halten und sich selbst nicht aus den Augen zu verlieren. Der Zwang, vieles zu erleben, der Zwang, überall dabei zu sein, „mitten drin“ zu stehen, überfordert uns bisweilen. Körper und Seele brennen aus. Wüste, das ist der bewusste Weg hinein in eine erträgliche Durststrecke, das ist ein Aufruf zu Abgrenzung und Langsamkeit. Ziel soll sein, dass wir sagen können: Ja, ich bin zu Hause, wenn ich mich besuche.
FEBRUAR
DIE FREUDE TEILEN
Binde deinen Karren an einen Stern
„Wer einen Karren fährt, muss gut auf den Weg achten“, das wissen die vielen Bergbauern, die in unserem schönen Land leben, sonst stürzt der Karren um. Es besteht sogar die Gefahr, tödlich zu verunglücken. Wir schieben den Karren vor uns her und blicken voraus, damit wir die Hindernisse sehen, die auf dem Weg liegen.
Leonardo da Vinci9, der berühmte Schöpfer der Mona Lisa, gibt uns einen anderen Rat: Binde deinen Karren an einen Stern. Was bedeutet es, das Alltägliche, das wir tun und tun müssen, wenn es die Lebenssituation von uns erfordert, an einen Stern zu binden?
Dieser große Künstler der Renaissance ist überzeugt: Wir müssen uns an den Sternen orientieren, nicht am Boden, sonst werden wir blind. Wer seinen Karren an einen Stern bindet, der sieht über die Hindernisse hinweg und bleibt nicht an ihnen haften. Er kann seinen Karren auch bei Hindernissen mit Gelassenheit und Freiheit weiterziehen, weil er sein Herz an den Stern geheftet hat.
Das kann auch für das Fasten und Verzichten gelten. Fasten bedeutet nicht nur, sich mit kleinen Dingen abzuquälen, weniger Kaffee, weniger Schokolade, mehr Zeit für dieses oder jenes, Fasten heißt, sein Herz an einen Stern zu binden.
Ein Fasten, wie ich es liebe …
„Ist das ein Fasten, wie ich es liebe, ein Tag, an dem man sich der Buße unterzieht: wenn man den Kopf hängen lässt, so wie eine Binse sich neigt, wenn man sich mit Sack und Asche bedeckt? Nennst du das ein Fasten und einen Tag, der dem Herrn gefällt? Nein, das ist ein Fasten, wie ich es liebe: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen. An die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen. Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte und deine Wunden werden schnell vernarben. Deine Gerechtigkeit geht dir voran, die Herrlichkeit des Herrn folgt dir nach.“ (Jesaja 58,5–8)
Das Herz an einen Stern hängen
Der Prophet Jesaja zeigt uns den Stern, der unser Leben prägen kann. Wem kann ich durch ein gutes Wort Freiheit verkünden aus der Enge seines Denkens, seiner Angst, seiner Verzweiflung? Wem kann ich durch eine gute Tat helfen aus der Armut, die ihn niederdrückt? Wen kann ich bei der Hand nehmen, um ihm zu zeigen, wofür er blind ist oder was er nicht mehr sehen kann, weil Tränen seine Augen trüben?
Verbringen wir unser Leben nicht mit der Bekämpfung täglicher Hindernisse, sondern hängen wir unser Herz an einen Stern, einen Stern, der uns leuchtet und auf einen anderen Horizont hinweist, auf ein jenseitiges Land.
Ich will es – werde rein!
Aussatz hat in unseren Tagen viele Gesichter: Ich bin alt. Ich bin einsam. Ich bin behindert. Ich habe Aids. Ich bin arbeitslos. Ich bin geschieden. Ich hänge an der Nadel. Ich bin finanziell ruiniert. Ich habe Schuld auf mich geladen. Ich bin Ausländer. Ich habe keinen Gesprächspartner. Und, und, und …
Alle diese Erfahrungen führen oft in die Einsamkeit und die Isolation. Damals wie heute. Wenn keine(r) mehr in der Nähe ist und die Einsamkeit unserer Seele den Atem nimmt, dann stellt sich die Frage, was denn noch Halt gibt. Wenn kein Mensch uns hält, worauf kann man sich dann noch verlassen? Fragen, die am tiefsten bohren, bringen manchmal die wichtigsten Antworten.
Im Evangelium wird erzählt, wie Jesus einen Aussätzigen heilt, wie er diese Mauer der Einsamkeit, die einen Menschen eingeschlossen hat, durchbricht (Markus 1,40–45). Er ignoriert alle Regeln der medizinischen Vernunft von damals, indem er auf Aussätzige zugeht. Aussatz war unheilbar und extrem ansteckend. Betroffene Menschen mussten durch Schreien und Geräusche auf sich aufmerksam machen, damit man ihnen rechtzeitig aus dem Weg gehen konnte. Doch Abstand und Distanz können die Wunden der Einsamkeit nicht heilen.
Körper und Seele werden heil
Die Heilung des Aussätzigen hat mehrere Ebenen. Jesus gibt dem Kranken zunächst seine körperliche