Melodie der Hoffnung
Der Text über den Besuch der Sterndeuter in Bethlehem zeigt uns die Melodie der frohen Botschaft Jesu. Die Kinder und Jugendlichen, die nach Weihnachten als Könige verkleidet unsere Häuser besuchen, angefangen bei der Hofburg in Wien bis zur einfachen Wohnung in einer Stadtsiedlung, erinnern uns an den tiefsten Sinn unseres menschlichen Weges: Richte dich auf und erhebe dein Haupt, denn deine Erlösung ist nahe. Und wo das Licht des Himmels durch einen Menschen hindurchscheint, wird er zum Segen für andere und zu einer Sternstunde für unsere Zeit. Er bringt den Menschen auch heute die symbolischen Gaben: Gold, Weihrauch und Myrrhe in ihrer hoffnungsvollen Bedeutung.
Ein kleiner Schritt rückwärts
Wie sich die Einstellung doch ändert. Wenn vor Jahren jemand ein Plädoyer für den Verzicht gehalten hätte, hätte er sich dem Vorwurf ausgesetzt, den Menschen die Freude im Leben nehmen zu wollen. Aber heute, angesichts des Klimawandels, sprechen viele von Verzicht. Verzicht, das bezeichnet kein Fehlen, Verzicht kann vielmehr zum ganz großen Gewinn werden.
Ja zur Zukunft der Erde
Nicht erst seit die Folgen des Klimawandels immer spürbarer werden, gehört das Wort „Verzicht“ zu den Kennworten einer zukunftsweisenden Haltung, die immer notwendiger wird. Der Klimawandel ist eine Realität, der sich kein Mensch auf dieser Welt entziehen kann. Es gibt viele Strategien zur Rettung der Erde, etwa neue Technologien im Bereich der Energiewirtschaft. Doch letztendlich entscheidend ist eine Veränderung der Lebenseinstellung. Besonders bei uns, in der sogenannten industrialisierten Welt. Klima- und Zukunftsforscher weisen darauf hin, dass die Welt ohne Verzicht keine Zukunft hat. Der Lebensstil in den Industrienationen raubt bereits jetzt vielen Menschen die Lebensgrundlage. Unsere Verantwortung liegt darin, unseren Kindeskindern keine restlos ausgebeutete Erde zu hinterlassen.
Ja zur Lebensqualität
Der dankbare und zufriedene Mensch stellt eine Gefahr für die Wirtschaft dar. Daher entwickeln Werbefachleute und Marketingprofis Strategien gegen die Zufriedenheit. Nur wer begehrt, ist ein Glück für den Markt.
Die Hauptstraßen zum Sinn, zum Glück des Lebens gehen aber in eine andere Richtung. Es sind die Werte des Erlebens: Freundschaft, Geliebt-Sein, Schönheit, Kunst. Es ist die Straße, die gepflastert ist mit schöpferischen Werten. Es sind sinnstiftende und zugleich verantwortungsvolle Aufgaben, beispielsweise das Begleiten eines Kindes in sein Leben. Nicht zuletzt sind es Einstellungswerte: In einer schweren Krankheit Hoffnung erleben zu dürfen, in einem unabwendbaren Unglück nicht verzweifeln zu müssen, sondern Trost zu spüren, dem Schicksal als freier Mensch zu begegnen und Sinn darin zu finden.
Ja zur Begegnung
Oft genügt ein kleiner Schritt rückwärts. Dieser führt uns zu einer Haltung der Aufmerksamkeit. Und der kürzeste Weg zu uns selbst führt immer über einen anderen Menschen. Nur ein kleiner Schritt rückwärts, hinein in die Achtsamkeit: Plötzlich kann ich die versteckte Träne sehen, die über die Wange eines einsamen Menschen rinnt. Ich höre das Zittern in der Stimme eines verzweifelten Menschen, der keinen Ausweg findet. Ich spüre die Beklemmung im Händedruck eines Menschen, der Angst hat, den das Leben überfordert. Plötzlich sehe ich das Du und kann, ja darf über dieses Du zum Ich werden.
Ja zum Traum Gottes
Jeder Mensch ist reich beschenkt mit Talenten. Sie kommen zur Entfaltung nicht durch das Haben, sondern durch das Sein. Der Weg mit Gott ist ein Weg ins Sein: ins Da-Sein, ins Mit-Sein, ins Gesegnet-Sein, ins Frei-Sein, ins Geliebt-Sein. Wenn es auch erstaunlich klingt, der Weg ins Sein führt niemals über das Haben.
Der kleine Schritt rückwärts, vollzogen in einem sinnvollen Verzicht, erhöht die Zukunftschancen unserer Erde, führt zu mehr Lebensqualität, in die sensible und tiefe Begegnung mit Menschen und damit nicht zuletzt in das Geheimnis Gottes. Oder wie es der Philosoph Martin Heidegger formuliert: „Verzicht nimmt nicht. Verzicht gibt. Er gibt die unerschöpfliche Kraft des Einfachen.“6
Da öffnet sich der Himmel
Die Taufe Jesu am Jordan. Im Evangelium heißt es dazu: „Kaum war Jesus getauft und aus dem Wasser gestiegen, da öffnete sich der Himmel, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.“ Bemerkenswert: Jesus hat noch nichts gesagt, noch nichts getan. Aber: „Du bist mein geliebter Sohn.“ (Markus 1,10f.)
Es gibt für einen Priester kaum einen berührenderen Augenblick, als wenn Eltern ihr Kind zur Taufe bringen. Ein Lächeln liegt im Gesicht der Mitfeiernden, Tränen der Freude treten in die Augen der Eltern und Großeltern. In der Taufe sagen die Eltern ihrem Kind öffentlich und festlich: „Du bist mein geliebter Sohn, du bist meine geliebte Tochter.“ Und sie geben ihrer Hoffnung Ausdruck, dass ihr Kind in den vielen Gefahren des Lebens beschützt ist.
Eine Liebeserklärung
Noch viel mehr aber sagt Gott in der Taufe sein tiefstes und schönstes Wort: „Ich liebe dich, du Mensch.“ Durch dieses Wort öffnet sich der Himmel für jeden und jede von uns und niemand kann dieses Wort rückgängig machen. Die Taufe nimmt uns hinein in die Atmosphäre der Liebe Gottes. Andreas Knapp7 beschreibt das sehr treffend in seinem Gedicht „Taufe“:
pränatale diagnose
zeigt von anfang an
die erbliche belastung
verstrahlt durch
die überdosis schuld
der ganzen menschheit
mit letalen folgen
taufe aber
heilwasser
aus gutem grund
die altlasten werden bereinigt
alle angst abgewaschen
du wirst in vertrauen gebadet
gegen den tod geimpft
im wasserzeichen des lebens
Im Alltag sehen wir freilich oft eher die Schatten, die unser Leben umgeben und uns bedrücken. Die Angst vor dem Tag. Die Angst vor Menschen. Die Last, die oft auf unserem Leben liegt. Doch ein afrikanisches Sprichwort sagt: „Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.“
Sich dem Licht zuwenden
Taufe heißt, wir dürfen unser Gesicht der Sonne zuwenden, Gott zuwenden. Die Taufe schafft keine schattenfreie Helligkeit um uns. Aber die Schatten müssen nicht mehr auf den Weg fallen, der vor uns liegt. Sie müssen nicht auf unseren Arbeitsplatz fallen und in unsere Familien. Sie dürfen hinter uns bleiben, wenigstens für Augenblicke und Stunden.
In der Taufe geschieht dieses große Wunder, dass Gott sich uns zuwendet. Die Taufe nimmt uns hinein in die große Familie der Töchter und Söhne Gottes. Hier sagt uns Gott, was Rose Ausländer8 so wunderschön zum Ausdruck bringt:
Wir wohnen