CyberWorld 3.0: Evil Intentions. Nadine Erdmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nadine Erdmann
Издательство: Bookwire
Серия: CyberWorld
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958342309
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tu mir und dem Rest der Welt ganz schnell den Gefallen und lass dich in einen von diesen neuen Robo-Freaks verwandeln, ja? Dann würdest du nämlich endlich keinem mehr mit deinem Gekrüppel auf den Sack gehen und ich könnte dir mal so richtig die Fresse polieren.« Er nickte zu Ned. »Den richtigen Freund hast du dir dafür ja schon gekrallt, kaum dass er einen Fuß in unsere Schule gesetzt hatte. Wenn du es ihm ordentlich besorgst, schlägt er bei seinem Daddy doch sicherlich ein spektakuläres Sonderangebot für dich heraus. Und falls er doch nicht auf Schwuchteln steht, hast du ja immer noch ein ganz nettes Schwesterchen. Die würde für dich doch bestimmt ein bisschen Körpereinsatz übernehmen, oder nicht?« Er lachte dreckig.

      Jamies Wut kochte so unvermittelt hoch, dass er sie diesem Mistkerl beinahe vor die Füße gekotzt hätte. Doch bevor er etwas sagen konnte, ergriff Ned das Wort. Er ignorierte Mike allerdings und sah stattdessen Jamie und Zack über den Tisch hinweg an.

      »Ich weiß, ich war ein paar Jahre aus der Schule raus und kenn mich deshalb sicher nicht mehr ganz so gut mit all den Umgangsregeln aus, aber gibt es irgendeinen Grund, warum wir hier irgendwas ausdiskutieren müssten – mit so einem Vollhonk?« Mit dem Daumen wies er auf Mike, noch immer ohne ihn eines Blickes zu würdigen. »Oder gilt bei so was einfach: >Don’t feed the troll!< und wir können weiteressen, ohne seinem Bullshit Beachtung zu schenken? Für manche Menschen ist mir meine Aufmerksamkeit nämlich echt zu schade.«

      Mike fuhr zu ihm herum und funkelte ihn an. »Pass bloß auf, was du sagst! Wenn du Ärger willst –«

      »Hi Jungs! Störe ich gerade bei irgendeinem tiefgründigen Männergespräch?« Charlie trat mit ihrem Essenstablett neben Mike, drängelte ihn galant ein Stück vom Tisch weg und schenkte dem Hünen gleichzeitig ein völlig übertriebenes Lächeln. »Sorry, Großer, darf ich mal? Ich würde meine Lasagne nämlich gern essen, bevor sie kalt wird und du offiziell zum Verkehrshindernis erklärt wirst.«

      Ned musste grinsen. Charlie hatte das Zähnezeigenlächeln genauso gut drauf wie Zack.

      Mikes Gesichtsausdruck wandelte sich ebenfalls in Sekundenbruchteilen und überraschenderweise machte er ihr sofort anstandslos Platz, als sie ihr Tablett abstellte und sich neben Ned setzte.

      »Oh, Charlie, tut mir leid. Ich hab dich gar nicht gesehen.« Er lächelte sie an, runzelte dann aber die Stirn. »Willst du echt hier bei den Losern sitzen? Komm doch mit rüber. Ich nehm dich mit an den Mannschaftstisch.«

      Charlie zeigte ihm weiter zuckersüß die Zähne, allerdings änderte sich ihr Tonfall, als würde sie mit einem unterbelichteten Dreijährigen sprechen. »Süßer, glaubst du wirklich, dass du jemals bei mir landen kannst, wenn du meine Freunde bedrohst und beleidigst? Ich weiß, das ist eine schwierige Frage, aber nimm dir einfach alle Zeit, die du brauchst, auf der Suche nach einer Antwort. Nur such bitte nicht hier, ja? Dieser Tisch ist eine trollfreie Zone.« Mit einem letzten ironischen Lächeln in seine Richtung machte sie eine Handbewegung, als wollte sie eine lästige Fliege verscheuchen, und widmete sich dann ihrer Lasagne.

      Mike schäumte vor Wut, sparte sich aber jeden weiteren Kommentar. Stattdessen kickte er gegen Jamies Krücken und zog mit einem schadenfrohen Grinsen davon, als sie mit lautem Klappern zu Boden fielen.

      »Was für ein armseliges Arschloch.« Augenrollend hob Charlie die Krücken auf.

      Jamie starrte ihm zornig nach, sagte aber nichts, sondern rutschte nur mies gelaunt auf, als Jemma ein Tablett voll Teetassen und Getränkeflaschen neben ihm auf dem Tisch abstellte.

      »Was war denn hier los? Hat Mike dich schon wieder angebaggert?«, fragte sie in Richtung Charlie, während sie sich zu ihrem Zwilling setzte und ihr Lunchpaket aus ihrer Messenger-Bag kramte.

      »Yep. Nachdem er die Jungs als Loser bezeichnet hat. Ach ja, und er meinte, falls Ned nicht auf Jungs steht, könntest du ja statt Jamie mit ihm rummachen, damit Ned bei seinem Dad einen dieser neuen Robokörper für ihn rausschlägt. Dann muss Jamie der Gesellschaft nämlich nicht mehr mit seinem Handicap auf den Geist gehen.«

      Jemma warf Mike einen giftigen Blick hinterher. »Der Typ ist echt pure Sauerstoffverschwendung auf diesem Planeten. Dem sollte man das Sprachzentrum im Gehirn lahmlegen. Damit würde man der Gesellschaft wirklich einen Gefallen tun.«

      »Yep.« Charlie schob sich eine Gabel voll Lasagne in den Mund. »Ein süßer Hintern ist echt nicht alles. Ich schwöre: Den Mistkerl könntet ihr mir nackt auf den Bauch binden und es würde nichts passieren.«

      Zack verschluckte sich an seinem Sandwichbissen und würgte ihn hustend mit einem Schluck Cola hinunter. »Danke, Charlie! Kopfkino!«

      »Echt? Wegen mir oder wegen Mike?«

      Jemma lachte. »Oh-oh! Pass jetzt bloß auf, was du sagst!«

      Zack verzog das Gesicht. »Ich glaube, ich mach von meinem Recht zu schweigen Gebrauch.«

      Empört knuffte Jamie ihm in die Seite. »Hey, jetzt hab ich Kopfkino!«

      Alle lachten.

      »Haben wir irgendwas verpasst?«, fragte Sam und die fünf rückten noch ein bisschen enger zusammen, als er und Meg sich mit ihren Tabletts zu ihnen setzten.

      »Habt ihr schon gehört, dass die Dubois schwanger sein soll?« Meg nahm sich einen Tee von Jemmas Tablett. »Jetzt haben wir endlich mal eine coole Französischlehrerin, hätte die da nicht warten können, bis wir den Abschluss haben?«

      Zack nickte todernst. »Ja, echt. Total egoistisch, dass die ihre Familienplanung nicht vorher mit uns abspricht.«

      Meg warf ein Zuckerpäckchen nach ihm. »Blödmann!«

      Grinsend lehnte Ned sich zurück, kaute zufrieden sein Sandwich und sah aus dem Fenster hinaus in den Regen. Der Wind zerrte unerbittlich die Blätter von den Bäumen und ließ keinen Zweifel daran: Der Herbst war da.

      Unglaublich, wie schnell die letzten Wochen vergangen waren.

      Er war froh, dass er sich von Zack, Jamie und Jemma hatte überreden lassen, zu ihnen an die Schule zu kommen. Auch wenn Mike das beste Beispiel dafür war, dass die Liongate Academy ganz sicher keine idiotenfreie Zone war – Ned war gern hier. Es war bedeutend lustiger, gemeinsam zu lernen und öden Unterrichtsstoff zu ertragen, als ihn alleine am Computer durcharbeiten zu müssen. Und anders als befürchtet, kam er trotz seiner langen Krankheit in den meisten Fächern sogar gut mit. Nur in Chemie und Physik musste Jamie ihm noch helfen, fehlenden Stoff aufzuholen. Doch das war es wert. Es war witzig mit den anderen in den Pausen herumzublödeln. Es war schön Freunde zu haben, einfach normal zu sein – und manchmal sogar zu vergessen, dass er es nicht mehr war. Es tat gut, hier zu sein, auch wenn er gleichzeitig eine Heidenangst davor hatte, jemand könnte herausfinden, dass sein Bewusstsein in einem Bioroboter steckte, weil sein menschlicher Körper den Kampf gegen den Krebs verloren hatte.

      Seit sein Vater vor gut drei Monaten mit den Biorobotern an die Öffentlichkeit gegangen war, tobten wilde Diskussionen auf allen möglichen Ebenen: Medizin, Ethik, selbst Regierungen und Religionsvertreter hatten sich eingeschaltet. Wochenlang hatte die Presse seinen Dad und Angus McLean belagert, der als erster Mensch galt, der einen Übergang in die künstliche Roboterhülle gewagt hatte. Nur eine Handvoll Leute wusste, dass eigentlich Ned der Erste gewesen war. Und streng genommen stimmte nicht einmal das. Doch welche Experimente mit den Biorobotern schiefgegangen waren und dass Jamie den Übergang als Erster geschafft hatte, wussten nur sechs Menschen und Ned betete, dass das auch so blieb.

      Genauso wie er hoffte, dass er weiter vor der Welt verborgen halten konnte, dass sein Körper nicht mehr menschlich war. Er war weder scharf darauf, den Presserummel ertragen zu müssen, noch sich von Vollidioten wie Mike Robo-Freak schimpfen zu lassen. Doch das Interesse seiner Mitschüler an den Biorobotern war zum Glück erfreulich gering. Es hatte zwar die ein oder andere Frage dazu gegeben, doch die meisten Schüler interessierte deutlich mehr, welche CyberGames die Firma seines Vaters gerade in Arbeit hatte, und ob er ihnen nicht ein paar Demoversionen davon besorgen konnte.

      Jamie war es, der deutlich mehr wegen der neuen Biokörper über sich