Ich nickte, doch die Sache mit Ethan ließ mir einfach keine Ruhe.
>> Was hast du ihm gesagt?<<
>> Dass ich mit dir telefoniert hätte und es dir relativ gut ginge.<<
>> War er sauer?<<
>> Sagen wir mal, dass er nicht grade glücklich darüber war, dass du mich, aber nicht ihn angerufen hattest.<<
>> Hast du es ihm erklärt?<<
>> Natürlich. Ich sagte ihm, dass du Emma und Ben sehen wolltest, bevor wir nach Düsseldorf fliegen würden, da du sie unheimlich vermisst.<<
>> Gut.<< seufzte ich, wobei ich nicht wirklich erleichtert war, da ich wusste, wie wütend Ethan darüber sein würde.
>> Er war unglaublich besorgt Sarah. Er leidet genau wie du unter der Situation.<<
>> Es musste sein.<<
>> Wirklich?<<
>> Julian! Was soll das?<<
>> Ich verstehe, dass du abgehauen bist und dich hier verkriechst. Dass du eine Auszeit brauchtest, aber warum nimmst du ihn nicht mit? Ich dachte immer, dass er dir so viel Stärke und Kraft geben würde. Dass er dich beruhigen könnte und du mit ihm über alles reden könntest.<<
>> Das stimmt auch alles, also worauf willst du hinaus?<<
>> Dass...<<
>> Sag es!<< forderte ich pampig, da ich es hasste, wenn mich jemand so kritisierte und unter Druck setzte.
>> Dass du dich innerlich schon von ihm trennst, denn sonst hättest du schon längst Kontakt zu ihm aufgenommen. Du wirst ihn abservieren, da es dir zu schwierig und kompliziert wird. Du rennst weg und sorgst dafür, dass er dich nicht davon abhalten kann, weil er nicht einmal weiß, wo du bist.<<
>> Ich habe noch keine Entscheidung getroffen.<<
>> Doch, das hast du.<<
>> Das stimmt nicht. Da liegst du völlig falsch.<<
>> Ach, wirklich?<<
>> Ja!<<
>> Das ist nicht nur meine Meinung.<<
Bei dieser Bemerkung sah ich erschrocken auf und blickte auf Ethans Ehering, den er vor mir auf den Tisch legte.
>> Was...<<
>> Ich soll dir von ihm ausrichten, dass er dich gehen lässt, wenn es dein Wunsch ist. Er hat das Gefühl, dass es nicht einfach nur eine Auszeit von dem Stress ist, sondern von ihm und dass du nicht vorhast, zu ihm zurückzukehren. Er hatte es schon an der Tür gewusst, als er dich das letzte Mal geküsst hat.<<
>> Was hat er da gewusst?<<
>> Dass es ein Abschiedskuss war und du nicht vorhattest, um eure Beziehung zu kämpfen. Auch wenn es ihm schwerfällt und es ihn zerreißen würde, würde er für dich in eine Scheidung einwilligen, damit du endlich wieder frei und glücklich sein kannst. Er möchte dir nicht im Weg stehen und nicht der Grund dafür sein, dass du Brisbane und deine Kinder meidest.<<
Ich war viel zu erstarrt und schockiert, um etwas einzuwenden, oder zu sagen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, konnte nichts antworten und sah stattdessen immer wieder nur Ethans Ehering an.
>> Es tut mir Leid Sarah, aber das sollte ich dir ausrichten. Es liegt jetzt an dir.<<
Ich nickte nur, vollkommen unfähig etwas zu tun. Einzelne Tränen liefen mir die Wange herunter, während Julian mich mitleidig ansah.
>> Wenn Ethan falsch liegt, dann musst du das klarstellen Sarah und das sofort, denn sonst war es das mit deiner Ehe.<< beharrte Julian, damit ich verstand, um was es hier ging, was auf dem Spiel stand und nicht einfach nur tatenlos dabei zusah, wie mein Leben den Bach runterging.
>> Ich weiß.<< hauchte ich und nahm vorsichtig den Ehering in meine rechte Hand. Es war wirklich der von Ethan, was ich an der Gravur im Inneren mit dem Datum und meinem Namen nur allzu deutlich erkennen konnte.
>> Was wirst du tun?<<
>> Keine Ahnung.<<
Ich wusste es wirklich nicht. Auch wenn mir die Geste und Ethans Worte einen Stich in mein Herz versetzten, wusste ich einfach nicht, was ich tun sollte. Natürlich liebte ich ihn, doch reichte das aus? Konnte ich diesem ganzen Druck von außen standhalten? Nur der Beziehung willen?
>> Sarah...<< sagte Julian mitleidig und stupste mich kurz an, doch ich war viel zu fertig, um darauf zu reagieren.
>> Danke, dass du mir den Ring gegeben hast.<< sagte ich mechanisch und hielt ihn so fest ich konnte. Ich atmete tief durch, funktionierte und verabschiedete mich wenig später noch von Emma und Ben, wünschte ihnen einen schönen Urlaub in Deutschland und hoffentlich viel Schnee, bevor ich beobachtete, wie sie in Julians Wagen stiegen und wegfuhren.
Immer noch vollkommen unter Schock setzte ich mich in mein Auto und ließ die Tränen fließen. Hatte Ethan Recht? Hatte ich von Anfang an nur eine Trennung im Sinn gehabt? Wollte ich die Beziehung mit ihm beenden, wieder ein einfacheres Leben führen? Eines, wo ich nicht um das Leben meiner Kinder und um mein eigenes fürchten musste? Ein Leben, wo den Leuten egal war, wen ich als Lebenspartner hatte? Wo ich nicht darauf achten musste, wie ich mich in der Öffentlichkeit gab? Wo ich einfach meine Ruhe hatte? So wie damals mit Julian?
Aber dann würde ich nie wieder seine starken Arme um mich spüren, seinen Duft einatmen, seine Berührungen und Liebe spüren. Dieses Glücksgefühl würde ich vermissen, ebenso wie die innere Ruhe, wenn wir zusammen waren. Von außen hätte ich ohne ihn Ruhe, aber in mir drinnen würde dann der Vulkan wüten. Was war mir wichtiger?
>> Miss fahren Sie jetzt, oder nicht?<< brüllte mich ein Mann an, der gegen meine Scheibe geschlagen hatte, da er anscheinend wütend war und den Parkplatz haben wollte. Schnell wischte ich mir meine Tränen weg, legte den Gang ein und fuhr los.
Immer wieder wog ich das Für und Wider unserer Beziehung miteinander ab, doch ich fand einfach keine Lösung. Beide Seiten stellten mich allein nicht zur vollen Zufriedenheit, nur wusste ich einfach nicht, welches das kleinere Übel war.
Als ich grade abbiegen wollte, überholte mich plötzlich ein großer Geländewagen, setzte ebenfalls seinen Blinker und zwang mich auf einmal zur Vollbremsung, da er voll in die Eisen ging und sich quer stellte. Was sollte das? War der Typ vollkommen durchgeknallt? Ich ärgerte mich maßlos und fluchte laut, als sich vor mir plötzlich die Fahrertür öffnete und ein großer Mann ausstieg, um zu mir zu kommen.
Eilig legte ich den Rückwärtsgang ein, da ich Panik bekam, doch der wollte einfach nicht funktionieren. Immer wieder trat ich die verdammte Kupplung und versuchte den Gang einzulegen, doch irgendwas stellte sich quer. Als ich wieder panisch hochsah, schrie ich kurz auf, da der Typ bereits an meinem Auto stand und meine Tür aufriss.
Kapitel II
Erschrocken blickte ich dem Mann ins Gesicht und atmete ein wenig erleichtert auf.
>> Steig aus Sarah!<< brüllte er mich an, was mir nun doch wieder ein wenig Angst bereitete.
>> Was machst du hier?<<
>> Wir müssen reden! Dringend!<< befahl mir Andrej in einem frostigen und vor allem wütenden Ton, der mein Blut gefrieren ließ.
>> Hier?<<
>> Mir ist scheißegal wo, Hauptsache wir reden!<<
Ich zögerte noch ein wenig, doch dann öffnete Andrej meinen Gurt und zerrte mich aus dem Wagen.