Ich will brennen. Jasmin Winter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jasmin Winter
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754960738
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auch zu küssen. Nach ca. 4 Monaten beendete ich dann also die Beziehung und erlitt so eine Art „Miri-Rückfall“. Sie bat mich darum, ihr zu verzeihen und wir versöhnten uns – vorübergehend. Sie hatte inzwischen Markus verlassen und unserer Freundschaft erlebte ein Revival, in dem es wieder hieß: wir gegen den Rest der Welt!

      In meiner Single-Zeit feierte ich viel mit ihr und der ganzen Clique, zu der nun auch Vincent gehörte. Aber unsere Zeit war noch nicht gekommen und so schnappte ich mir bei einem Konzert im Jugendtreff einen neuen hübschen Dreadlock-Träger und nach ein paar Dates waren wir dann auch zusammen. Felix hatte wunderbare schwarze Dreads und ein Lippenpiercing, was mir sehr gut gefiel. Außerdem war er etwas schüchtern und machte gerade seinen Zivildienst in einer Sozialstation. Bald schon lernte ich seine Freunde kennen und integrierte ihn ebenfalls in meinen gemeinsamen Freundeskreis mit Miri. Den 17. Geburtstag von Miri feierten wir mit einer Party in ihrem Keller und auch Vincent war da. Nach ein paar Caipirinhas führten wir ein langes Gespräch, in dem er mir offenbarte, dass er mich durchaus gernhatte. Ich schwebte auf Wolke sieben und schließlich vereinbarten wir, dass wir heiraten würden, wenn wir beide mit 30 gerade solo seien. Wow! Was für ein Kompliment von meinem heimlichen Schwarm! Trotz dieser tollen Aussichten blieb ich bei Felix und ließ mich sogar von ihm entjungfern. Mit wahrer Liebe hatte das nichts zu tun; es reichte mir nur so, die scheinbar letzte 16jährige zu sein, die „diese Sache“ noch nicht erlebt hatte. Also suchte ich mir einen Samstag vor Weihnachten aus und brachte es endlich hinter mich. Wir waren in seinem Zimmer, redeten vorher darüber, wie es sein würde, auch dass es mein erstes Mal wäre. Es war ok, relativ unspektakulär und ich war froh, diese Hürde genommen zu haben.

      Weiterhin ging mir aber Vincent nicht aus dem Kopf und das nächste Highlight unserer bisher recht unschuldigen Beziehung war die Silvesterparty bei ihm. Wir feierten alle bei Raclette auf dem Wohnzimmerboden und der gesamte Freundeskreis inklusive Felix war dabei. Zu späterer Stunde gab es unter anderem Feuerzangenbowle, welche mich dann einschlafen ließ. Als ich wieder wach wurde, waren Vincent, Markus, Miri und deren neuer Schwarm Jan noch übrig. Ich setzte mich auf die Couch zu Vincent und mit der Zeit lehnte ich mich an ihn, während er – bewusst oder unbewusst? - sanft über meinen Arm streichelte. Ich wusste, dass sowohl Felix im selben Raum lag und schlief sowie Vincents aktuelle Flamme in seinem Bett bereits auf ihn wartete. Aber dieser Gedanke spornte mich eher noch an und verlieh mir mehr Mut für den nächsten Schritt. Ich nahm seine Hand, streichelte sie behutsam und legte vorsichtig meinen Kopf auf seinen Schoß. Statt mich zurückzuweisen, setzte er das Streicheln fort und arbeitete sich weiter vor über meinen Kopf, mein Gesicht und berührte schließlich mit dem Finger meine Lippen. Mir wohligem Kribbeln hauchte ich leichte Küsse auf seinen Finger und wünschte mir, dass der Moment niemals zu Ende ginge. Ich war mir jetzt sicher: Irgendwann wird unsere Zeit schon noch kommen!

      Kapitel 7

      „Wenn das Liebe ist, warum bringt es mich um den Schlaf?“ - Glashaus

      Aber noch war es nicht so weit und ich lebte weiter mein stürmisches Leben. Gemeinsam mit Miri – und auch ohne sie – verbrachte ich geniale Abende im Jugendtreff Hängematte und im Happy Rock, bei denen wir uns den ein oder anderen Typen quasi teilten und ich darüber hinaus immer auf der Suche nach neuen „Verehrern“ war. Dass ich aber eigentlich vergeben war, spielte dabei nur eine sehr geringe Rolle. Meine Knutschereien liefen zwar heimlich ab, ein schlechtes Gewissen hatte ich jedoch überhaupt nicht. Im Gegenteil: ich war sehr stolz auf meine zahlreichen Knutsch-Eroberungen und auch, dass wir inzwischen zu den richtig „Coolen“ gehörten. Es waren viele verrückte Aktionen, wie mit älteren Jungs, die wir natürlich vom Sehen kannten, von Party zu Party durch die Gegend zu fahren, immer mit dem Ziel, im Happy Rock zu landen. Letzten Endes erkannte ich aber selbst, dass mein ganzes Leben ein Witz sei. Vermutlich hatte Felix von meinen heimlichen Aktionen dann doch mehr mitbekommen als ich dachte und beendete unsere „Beziehung“. Zunächst war ich gekränkt, dann aber auch erleichtert. Ich war wieder frei und es gab doch schließlich noch so viel zu erleben. Wenngleich mein Herz sowieso nur einem gehörte.

      Die nächste Party fand bei mir zu Hause statt, zu meinem 17. Geburtstag. Die ganze Clique inklusive Neu-Single Vincent war bei mir versammelt und ich suchte mir dennoch wieder einen meiner Happy Rock-Jungs aus zum Knutschen und nahm ihn sogar mit in mein Zimmer. Da ich aber zu viel getrunken hatte, mussten wir unser Schäferstündchen frühzeitig beenden und nachdem ich etwas geschlafen hatte, gesellte ich mich wieder zu den anderen. Miri schlief in meinem Zimmer und die verbliebenen Partygäste waren mein Cousin, Alex und Vincent. Sie suchten sich ihre Schlafplätze und ich stand mit Vincent vor einer Matratze. Schüchtern fragte ich ihn, ob wir da beide zusammen darauf passen würden. Anstelle einer Antwort umarmte er mich, sah mir lang in die Augen, hielt inne und dann küsste er mich. Wow! Endlich! Mein Herz klopfte und die Schmetterlinge in meinem Bauch tanzten wie verrückt.

      Leider sollte dies aber noch nicht das lang ersehnte Happy End unserer Geschichte sein. Mir fiel es immer noch sehr schwer, mich einer monogamen Beziehung hinzugeben. Ich spürte viel zu sehr den Drang nach Freiheit und – wie Vincent es nannte - „Ausleben“. In mir herrschte ein Zwiespalt: ich wollte ihn wirklich, andererseits war ich noch nicht bereit, weil ich das Gefühl hatte, ich würde dadurch eingeschränkt sein. Meine lang erkämpfte Freiheit und Unabhängigkeit wären dann verloren. So hing ich eine Zeitlang zwischen zwei Welten: meiner Party-Welt im Happy Rock und der Vincent-Welt. Wir verbrachten wunderschöne Abende zu zweit in seiner Wohnung mit leckerem Essen, Filmen und unschuldigen, zögerlichen Berührungen. Ich genoss es wirklich sehr und sehnte mich nach mehr. Vielleicht war es doch langsam an der Zeit, dem alten Leben Auf Wiedersehen zu sagen und den Sprung ins Neue zu wagen. Ich hoffte darauf, an seinem Geburtstag meinem Ziel einen Schritt näher zu kommen. Während der Feier hatten wir wenig Gelegenheit zu reden oder uns näher zu kommen. Als guter Gastgeber war er sehr beschäftigt und ich unterhielt mich mit anderen Gästen. Miri war natürlich auch da und verbreitete miese Stimmung, wie so häufig in letzter Zeit. Ich vermutete, dass sie nicht damit klarkam, dass ich inzwischen zu einer eigenständigen Person geworden war und auch sehr gut ohne sie zurechtkam. Als dann bereits der Morgen graute, nahm mich Vincent bei der Hand und wir gingen eng umschlungen in sein Bett. Dort redeten wir noch lange über unsere wachsenden Gefühle füreinander und die Schwierigkeiten, die uns im Wege standen. Vor allem sahen wir es problematisch, wie Miri darauf reagieren könnte (warum das damals so war, kann ich heute überhaupt nicht mehr nachvollziehen). Wir kamen dann zu dem Schluss, dass wir uns liebten, es die Umstände aber im Moment nicht zulassen würden. Beim Abschied später küssten wir uns sogar vor den verbliebenen Übernachtungsgästen. Plötzlich war mir klar: ich liebte ihn, ich wollte eine feste, monogame Beziehung mit ihm führen und würde ab sofort damit aufhören, mich für andere Jungs zu interessieren. Es dauerte noch einige Wochen, bis wir es dann endlich offiziell machten und unseren Freunden, auch Miri, davon erzählten. Ich schwebte im siebten Himmel und war verliebt wie nie. Das erste Mal in einem Leben wurde meine Liebe erwidert und es war das Schönste, was ich mir nur vorstellen konnte.

      Heute

      Beim Gedanken an unsere fantastische Liebesgeschichte müssten mir eigentlich die Tränen kommen. Ich bin zwar sehr traurig über das Ende unserer Liebe, kann aber nicht weinen, ich fühle mich leer und abgestumpft. Um die Geschichte zu verarbeiten und damit abzuschließen, verfasse ich einen Brief an Vincent, den ich natürlich nie abschicken werde. Vielleicht kann ich so meinen Frieden damit schließen. Es plätschert weiter mit verschiedenen Therapien dahin: nun muss ich statt Gymnastik zur Gestalttherapie, was mir überhaupt nicht passt. Darin sehe ich kein Talent bei mir und das macht mich wütend, sodass überwiegend Bilder mit rot-schwarzen Wutspritzern Ergebnis der Therapiestunden sind. Mein Gewicht klettert weiter nach oben und ich beschäftige mich mit meinen Ängsten, allen voran der Angst vor dem Dicksein, gefolgt von der Angst vor der Zukunft, das Studium nicht zu schaffen, keinen Job zu bekommen oder überhaupt in meinem Leben zu scheitern. In der Freizeit gehe ich mit den Mädels ins Kino, an den See oder einfach nur so in der Stadt spazieren oder wir gucken gemeinsam „Desperate Housewifes“ und „Deutschland sucht den Superstar“.

      Mit Andi, der ja aktuell mein Freund ist, gibt es jetzt immer häufiger Streit am Telefon. Er macht mir Vorwürfe, dass ich egoistisch sei und er daran kaputt ginge.