Endstation Tod. Samantha Prentiss. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Samantha Prentiss
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748547143
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»Es wird also meine Aufgabe sein, die heile ›SMART‹-Welt aus den Angeln zu heben, nicht wahr?« Sie erwartete darauf keine Antwort. »Und wo soll ich Ihrer Meinung nach damit beginnen?«

      »Ich habe versucht, Ihnen die Sache so leicht wie möglich zu machen, Miss Beauvais«, antwortete ›Fatso‹.

      »Oh, wie charmant Sie sein können«, spottete Clairé.

      »Es sind wieder einmal ihre Fähigkeiten als Edel-Prostituierte gefragt …«

      Augenblicklich verdrehte Clairé die Augen. »Ach du lieber Himmel … Ich soll also wieder einmal im Namen ihrer Majestät die Beine breit machen, für jemanden, den ich unter anderen Bedingungen niemals an mich heranlassen würde?«

      Edwards schmunzelte. »Nun, … es wäre doch nicht das erste Mal, nicht wahr?«

      »Dafür werden Sie aber ordentlich etwas auf den Tisch blättern müssen«, gab sie ihm zu verstehen.

      »Auch wenn der Mann, um den es geht, genau in Ihr Beuteschema passt?«, grinste er.

      »Woher wollen Sie mein Beuteschema kennen?«, konterte Clairé spitz. »Diesmal kostet es Sie das Vierfache! Und ehe Sie dem nicht zugestimmt haben, brauchen Sie gar nicht fortzufahren!«

      »Es ist nicht fair, meine Notlage auszunutzen, Miss Beauvais«, erwiderte er lächelnd.

      »Wollen wir aufrechnen, wer hier wen ausnutzt?«, fragte Clairé direkt. »Mir reicht ein klares Ja oder Nein!«

      Edwards gab sich geschlagen und nickte. »Sie bekommen das Vierfache. Ich werde es direkt veranlassen. In einer Stunde wird es als Gutschrift auf ihren Auszügen sein.«

      Clairé zeigte sich zufrieden.

      »Kommen wir zum nächsten Punkt, Miss Beauvais … Wir waren hinter dem Betreffenden mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln hinterher. Aber die Ausbeute sämtlicher Aktivitäten zeigte sich als recht dürftig. Was wir bis jetzt über den Mann wissen, ist so wenig, dass es schon beinahe peinlich ist.«

      »Wie ist sein Name?«

      »Kenneth O'Sullivan. Ein gebürtiger Ire.«

      »Rothaarig mit Sommersprossen?«, witzelte Clairé.

      »Sie irren, Miss Beauvais. Der Mann ist blond«, erwiderte ›Fatso‹ lächelnd. »Soweit wir in Erfahrung gebracht haben, weiß er eine ganze Menge über ›SMART‹. Nur ist es uns bis zur Stunde noch nicht gelungen, dieses Wissen aus ihm herauszukitzeln. Dazu ist der Bursche viel zu gerissen und mit allen Wassern gewaschen. Ich kann nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob er überhaupt mit Ihnen plaudern wird.«

      »Das wird sich ja herausfinden lassen«, bemerkte Clairé zuversichtlich.

      »Verstehen Sie es als ein Experiment, auf das ich nicht verzichten möchte.«

      »Verstehe«, lächelte sie. »Und wann soll dieses Experiment steigen?«

      Edwards schob ihr die Akte zu.

      Clairé klappte den Deckel auf und schaute sich Kenneth O'Sullivans Hochglanzfoto an, das sich direkt obenauf befand. Es zeigte das Gesicht eines Mannes Mitte Dreißig. ›Fatso‹ hat recht, lächelte sie in sich hinein, er ist durchaus mein Typ. Nun, vielleicht wird es ja doch ein recht angenehmer Auftrag. Die Vorzeichen schienen ihr jedenfalls positiv zu sein.

      »Ich ließ ihm bereits ihre Telefonnummer zuspielen«, sagte Edwards, während Clairé sich mit wachem Interesse die Aufzeichnungen ansah, die ›Fatsos‹ Männer über O'Sullivan zusammengetragen hatten. Die Ausbeute war wirklich dürftig. »Er wird sich bald bei Ihnen melden«, fügte er hinzu.

       ***

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      Kapitel 5

      Egal wo auf der Welt: Überall kann man Menschen finden, die so verbohrt, so Besessen von einer Idee sind, dass sie in einem schon fast missionarisch zu nennenden Eifer bemüht sind Andere von ihrer Ansicht zu überzeugen. Dabei lassen sie keinerlei Zweifel an der Richtigkeit und dem besonderen Wert ihrer Überzeugungen – ja, vielmehr verteidigen sie diese sogar gegen jede Infragestellung und sind keiner vernünftigen Argumentation mehr zugänglich. Alles was deren Vorstellung betrifft ist ihrem kritischen Reflexionsvermögen entzogen und die damit verbundenen negativen Konsequenzen für sich selbst oder andere werden als solche nicht mehr er- oder anerkannt.

      Larry Perkins war einer von ihnen – ein politischer Fanatiker – und zugleich war er nicht ganz richtig im Kopf. Bereits zweimal hatte er eine psychiatrische Einrichtung von innen gesehen. Seine erste Einlieferung erfolgte, weil er völlig verwirrte Weltverschwörungsparolen mit Farbspraydosen auf Plakate in der Strumpfabteilung im Kaufhaus ›Harrods‹ gespritzt hatte, wie: ›Nylons aus der Nebula-Galaxis greifen an! Tötet die Nylons!‹ »Die Nylons sind Körperfresser«, schrie er und deutete auf die Beine einer Kundin. »Seht nur, wie sie schon von ihrer Haut Besitz ergriffen haben!« Dann war er über eine brünette Französin mit Wuschelkopf hergefallen. »Ich werde Sie retten, Miss … Ich rette Sie«, hatte er geschrien und ihr die Strümpfe vom Leib gerissen. Gleich darauf hatte er sämtliche Ausstellungsbeine mit einem mitgeführten Ritterschwert zerschlagen und hunderte von Strumpfpackungen damit durchzustoßen, bis er seitens der herbeigerufenen Polizei mittels Elektroschocker außer Gefecht gesetzt wurde.

      Die zweite war die Folge seines Angriffs auf einen norwegischen Handelsdelegierten, dessen Bauch er mit einem Jagdmesser aufzuschlitzen versuchte – was ihm zum Glück nicht gelungen war. Seither bastelte er nächtelang an irren Reden, die er irgendwann einmal im Fernsehen halten wollte. Dabei stellte er sich vor, einfach zur ›BBC‹-Sendeanstalt zu fahren, eine Handgranate zu ziehen, die er sich in Nordirland beschafft hatte, und zu verlangen, vor eine Kamera gesetzt zu werden, um dann seine heiße Brandrede zu halten, die erst Großbritannien und dann die ganze Welt wachrütteln sollte.

      Perkins war ein Ausbund an Hässlichkeit. Möglicherweise hätte er sich ganz anders entwickelt, wäre da ein weibliches Wesen gewesen, eines, das ihm rechtzeitig mit einem emotionalen Reinigungsmittel seine Ganglien geputzt hätte. Aber alle Mädchen, die er kannte, machten einen größtmöglichen Bogen um ihn.

      Schon seit einigen Tagen rotierte er besonders heftig. Prinzipiell hasste er alles und jeden – insbesondere aber alles aus Holland herüberschwappende. Die Freizügigkeit der Niederländer übte seiner Meinung nach einen Einfluss auf die Welt aus, der diese schon bald an den Abgrund führen würde, wenn es die ›Nylon-Aliens‹ nicht vor ihnen schafften. Er war zwar noch niemals dort gewesen, und dennoch war es eine Antipathie, von der ihn bislang kein Psychiater zu befreien vermocht hatte.

      Als Perkins las, dass ein berühmter holländischer Wissenschaftler nach London gekommen war, um sich hier mit einigen seiner Kollegen zu treffen, glaubte er, dass nun seine große Stunde angebrochen war. Wie schon die Handgranate, hatte er sich in Nordirland auch ein Gewehr aus ehemaligen IRA-Beständen beschafft. Für ihn hieß es von jetzt an: Der Niederländer muss weg! Der Grund dafür war ihm egal. Es reichte völlig aus, dass der Mann Holländer war.

      Wo der Wissenschaftler wohnte, war unschwer zu erfahren. Den Rest erachtete er als ein Kinderspiel. Und schon einen Tag später würde er mit Namen und Foto in allen Zeitungen erscheinen. Er würde berühmt sein, in Großbritannien und der ganzen Welt in aller Munde.

       ***

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      Kapitel 6

      Der Tag neigte sich seinem Ende zu.

      Jener holländische Wissenschaftler nutzte die letzten Stunden seines Aufenthalts in London, um eine ›Sight-Seeing‹-Tour zu machen. Da er kein unbedeutender Mann war, hatte ihm sein Land einen Mann an die Seite gestellt, der ein wenig auf den wertvollen Kopf achtgeben sollte.

      Dieser Mann