Die Pyrenäenträumer - Band 2. Wolfgang Bendick. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Wolfgang Bendick
Издательство: Bookwire
Серия: Zu Wasser und zu Lande
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750216471
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      Am nächsten Montag in der Früh verfrachten wir über ein Brett unser Fass mit der Maische in den R4. Dazu das Brennholz, Kleinholz, zum Anfeuern, Stroh und die Flaschen. Die Kinder müssen sich beide auf den Beifahrersitz zusammendrängen. Unten angekommen nimmt Philemon das Stroh, von dem ich gedacht hatte, dass es zu Anzünden dient, und legt es innen auf den Kesselboden und spreizt es mit zwei Hölzchen zwischen den Kesselwänden fest. „Das ist, damit der Sud nicht auf dem Kesselboden anbrennt!“, klärt er mich auf, als er meinen fragenden Blick sieht. „Man muss immer damit rechnen, dass einer zu viel Zucker in seine Pflaumen gegeben hat, vor allem hinterher. Tut man ihn gleich zu Anfang rein, und vermischt ihn gut, macht das nichts, verbessert eher noch die Ausbeute, vor allem, wenn es wenig Sonne im Sommer hatte“. Nun leert er mit einem Schöpfer zuerst etwas von der flüssigen Maische in den Kessel, dann etwas Festes, und als unser Fass leichter ist, schütten wir den Rest hinein. Als ich den übelriechenden Brei sehe, kann ich mir schlecht vorstellen, dass daraus mal so etwas Klares und Berauschendes entstehen wird!

      Da der Kessel nur halb voll ist, schütten wir noch ein Fass Maische von jemand anderen dazu. Am Schluss werden wir den Schnaps dann durch zwei teilen. Nun geht’s ans Anzünden. Bald steigt der Rauch in den kalten, grauen Morgenhimmel und lockt die an Unterkühlung leidenden Männer des Dorfes an. Auch Jean-Paul stellt sich eine Weile an den Kessel, an den man im Augenblick noch die Hände legen kann. Doch dann verschwindet er wieder, um die Schafe zu tränken. Jeder ist sicher, dass er wiederkommen wird, wenn der Vorlauf vorbei ist! Quatschend stehen wir eine Weile um den Kessel rum, während Philemon den anderen Kessel vorbereitet. Elie und Jean-Paul kommen vorbei. Sie haben gleich mehrere Fässer zu brennen. „Man muss es ausnützen, dass die ‚Alte‘ noch lebt, die hat noch das Brennrecht! Selbst wenn die nichts trinkt, kann man den Schnaps teuer verkaufen! Jean-Paul darf ja auch nichts trinken!“, sagt er zu mir, während Jean-Paul mir grinsend hinter seinem Rücken mit einem Auge zuzwinkert

      Als ich mittags die Kinder hole, ist der Brand gerade fertig. Philemon hat die Glut und das Holz unter dem Kessel herausgezogen, welches jetzt daneben liegt und uns beißend in die Augen steigt. Er erklärt mir, dass er bei 30 % aufgehört hat, und den Rest dem nächsten Kessel zusetzen wird. Nur so ist der gute Geschmack gewährleistet, bei einem Mittel von 60 bis 70 %. Es ist besser, ihn später mit destilliertem Wasser zu verdünnen, wenn man ihn schwächer trinken will, aber nicht überlang brennen. Ich helfe ihm noch, den Trester auszuleeren und in die danebenliegende Ruine zu schütten. Unseren Schnaps dürfen wir noch nicht mitnehmen, der muss bis zum Abend hierbleiben, falls der Zoll eine Kontrolle macht. Dann fahre ich mit den Kindern hoch zum Essen.

      Am Abend, als ich die Kinder von der Schule hole, wollen diese natürlich zum Feuerchen hin. Unweit vom Kessel steht meine volle Korbflasche mit der Ausbeute von 100 Litern Maische. Philemon lässt die Kinder ein bisschen in der Glut stochern und nimmt mich mit auf die Seite. Er greift unter einen verwelkten Farnhaufen vom letzten Jahr und zieht drei Flaschen heraus. „Schau, dass dich niemand sieht! Nimm hier die Flaschen, versteck sie gut unterm Kittel, damit sie niemand sieht, und bring sie ins Auto!“ „Wieso denn das?“, frage ich erstaunt. „Das hat mehr Alkohol, gegeben als der Durchschnitt. Wenn der Zoll das merkt, musst du dafür Steuern zahlen. Nimm sie mit, dann kosten sie nichts! Und komm so gegen 7 Uhr wieder, den Rest holen!“ Also rufe ich die Kinder und wir gehen zum Auto.

      Abends um 7 bin ich wieder da. Die zwei Großen wollten unbedingt mit runter, Feuerle spielen. Philemon hat schon alle Kessel geleert und die Glut verschwelt neben den Kesseln. „Bis um 8 Uhr kann der Zoll noch kommen und prüfen, ob alles seine Richtigkeit hat. Denn ich muss alles genauestens aufzeichnen. Jeden Morgen muss ich in der Gendarmerie in Castillon die Papiere holen und abends wieder abliefern. Doch um1/2 8 kannst du die Flasche nehmen, denn dann kommen die nicht mehr, da sie ja auch noch zurückfahren müssen!“ Wir reden noch eine Weile über Schnapsbrennen, während die Kinder mit den unverbrannten Holzresten ein Lagerfeuer machen. Ich erzähle Philemon die Geschichte von einem Apotheker, der nach dem Krieg schwarz Schnaps gebrannt hatte und aufgeflogen war, weil die Kunden blind geworden sind. „Das ist bei Kernobst, wie Äpfeln der Fall, welches zweimal gebrannt werden muss, weil es giftige Fusel-Alkohole entwickelt. Bei Steinobst ist das nicht notwendig. Meine Kessel sind aber so ausgerüstet, dass in einem Arbeitsgang zweimal destilliert wird, somit ist keine Gefahr gegeben und ich kann auch Kernobst brennen!“ Ich fragte ihn noch, auf wessen Namen ich gebrannt hatte, um der Person ein Stück Käse zu geben und bezahlte ihm die Brennkosten. Eine wirklich geringfügige Summe… Die Kinder haben inzwischen die Geräte inspiziert und lecken die Finger ab, die sie in das Gefäß gesteckt haben, in dem sich der Dichtemesser befindet. Sie ziehen eine Grimasse und schütteln sich. Ich glaube, es ist besser, wir fahren heim…

      *

      Inzwischen haben weitere Kühe gekälbert und wir melken die Hälfte der Schafe. Das Kühlbecken erweist sich als ideal. Nur ist inzwischen unser Kupferkessel zu klein geworden. Seit einer Weile steht der schon unten in der neuen Käserei auf einem Dreifuss, darunter ein Gasbrenner. Wir bräuchten einen größeren Kessel. Doch ein großer Kupferkessel kostet ein Schweinegeld, wie ich in der Kupferschmiede Savinac erfahre, wo wir unseren ersten Kessel gekauft hatten. Die meisten Kleinkäser haben einen alten Milchtank aus Nirosta-Stahl umgebaut, indem sie unten den Boden von der Umkleidung und die Isolierung weggemacht und einen Gasbrenner darunter gebaut haben. Sie geben mir die Adresse einer Molkerei, welche bald schließen soll.

       Was hat eine Molkerei mit Milchtanks zu tun? Das erfahre ich, als ich dort bin: Damit die Werke sicher sind, gute Milch vom Bauern zu bekommen, stellen sie einen Tank zur Verfügung und reparieren ihn auch oder tauschen ihn sofort aus, wenn er kaputtgeht. In einer Halle stehen Dutzende von defekten Milchtanks herum, in allen Größen und anderes Gerät. Und das muss alles weg zum Kilopreis, und der ist nicht hoch! Inmitten des ganzen Schrotts entdecke ich ein Teil, das meinem Kannenkühler sehr ähnlich sieht. Und so etwas ist es auch, oder fast noch. Es ist einer der ersten Milchtanks, die entwickelt worden sind, und man hatte sich bei diesem des gleichen Prinzips bedient wie bei meinem Kühler: Ein 300 Liter fassender Nirosta-Tank in einem Wasserbad, welches von einem Aggregat gekühlt wird. Zudem hat er den Ablauf genau in der Mitte, was mir ermöglicht, ihn auf unseren Gasring zu stellen. Als Stopfen nehme ich einen normalen Badewannenstöpsel mit einer Niro-Scheibe darauf, die den Gummi bedeckt. Da hier nicht viel Metall dran ist, bekomme ich den Kessel für wenig Geld. Und das Plastikbecken dient den Kindern als Planschbecken. Da ich diesmal den Anhänger dabeihabe, nehme ich zusätzlich noch einen 200 Liter Tank als Honiglagergefäß. Dieser ist angeblich kaputt.

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       Zuhause drehe ich den Kessel mit dem Boden nach oben, lege zwei verschieden große eiserne Ringe von alten Wagenrädern darauf und schneide drei Flacheisen zurecht, die ich zwischen den leicht konisch zulaufenden Kesselboden und die Ringe lege. Ich hefte sie mit dem Schweißgerät aneinander, um sie anschließend richtig zusammen zu schweißen. Anschließend noch drei kurze Winkeleisen darunter als Füße und eine Auflage für den Gasbrenner. Für den Durchlauferhitzer vom heißen Wasser, dessen Abgasrohr oberhalb des Fensters durch eine Blechplatte gehalten nach außen geht, haben wir schon zwei Butangasflaschen mit automatischer Umschaltung in der Käserei stehen. Daran schließe ich nun durch ein T den Schlauch für den Brenner an. Zwei Flaschen sind notwendig, da bei stärkerem Verbrauch das Restgas in der Flasche einfrieren kann. Das erkennt man daran, dass die Gasflasche zuerst außen nass anläuft und dann einen Reifbelag bildet. Stehen die Flaschen im Freien, muss man Propan nehmen. Sehr wichtig ist, sich zur Gewohnheit zu machen, beim Erwärmen immer die Tür offen zu lassen, wegen der Vergiftungsgefahr! Natürlich gibt es Sicherheitsbrenner, die bei zu großem CO-Gehalt abschalten. Doch sind diese sehr teuer!

      Den 200 Liter-Tank will ich vollständig zerlegen. Ich nehme den Bolzenschneider und schneide das erste der zwei Kupferrohre durch, die zum Kompressor führen. Ich bekomme einen riesigen Schreck, denn daraus spritzt und strömt das Kühlmittel ins Freie und will schier nicht mehr aufhören! Rundherum vereist alles. Schade um die Ozonschicht! Das Gas hätte abgesaugt und entsorgt werden müssen, doch dachte ich, der Kühlkreislauf sei leer! Es war kein Trost, als ich erfuhr, dass es auch die Professionellen so machen…