Keiner sprach mehr ein Wort. Niemand wusste, was er sagen sollte. Der Polyhistor bekreuzigte sich und deutete an, dass sie den Weg fortsetzen mussten.
Jeder Schritt den Julo machte, trieb ihm den Angstschweiß auf die Stirn. Er hoffte, der Regen würde bald enden, doch die Tropfen wurden immer dichter und erschwerten den Abstieg. Der Regenschauer wurde so heftig, dass es ihnen beinahe die Sicht entzog. Julo konnte Vinz, den zweiten Helfer, der sich nur wenige Schritte vor ihm befand, nicht mehr erkennen.
Durch den prasselnden Regen ertönte die Stimme von Pill. Er erkundigte sich, ob seine Kammeraden noch hinter ihm seien.
Keiner von ihnen konnte genau sagen, wie lange der Abstieg gedauert hatte, doch letztendlich gelangte die Gruppe erschöpft und müde, jedoch noch immer voller Tatendrang, auf dem Boden der Schlucht.
Das Wasser stand ihnen bis zum Bauchnabel, als sie zum anderen Ende wateten. Wie Pill ihnen erklärt hatte, würde sich dort das Ziel ihrer Entdeckungsreise befinden. Sie ahnten noch nicht, was sie in der Höhle erwartete!
Die Männer kamen nur langsam voran, da sie ihre Umhängetaschen auf dem Kopf tragen mussten, damit der Inhalt nicht nass wurde.
Wieder schritt der Polyhistor voran, hinter ihm befand sich Julo und Vinz bildete den Abschluss. Nach einer Weile spürte Julo einen Arm an seinem Rücken. Er dachte, es wäre sein Hintermann, doch als er sich umdrehte, entfuhr ihm ein lauter Schrei.
Er starrte entsetzt auf den abgestürzten Helfer, der im Wasser trieb und gegen ihn gespült wurde. Das entstellte Gesicht des Mannes bohrte sich in Julos Gedächtnis, als er den Körper von sich wegstieß und dieser von der Strömung mitgerissen wurde.
Die Entdecker setzten ihren Weg zaghaft fort. Den Polyhistor konnte nichts mehr aufhalten. Die Gruppe musste wieder ein kleines Stückchen nach oben klettern, um zu dem Spalt zu gelangen, der den Eingang zur Höhle bildete.
Der ältere Mann erreichte als erstes die Pforte ins Innere, nahm die Taschen der anderen an und streckte den Männern seine helfende Hand entgegen. Endlich befanden sie sich im trockenen.
Erschöpft sank Julo auf den Boden, neben ihm Vinz. Pill fluchte vor sich hin und versuchte die feuchte Fackel zu entzünden. Als er es geschafft hatte, bemerkten die drei Männer im Schein der Flammen die Felsmalereien, die sich in dem schmalen, jedoch hohen Höhleneingang befanden. Zudem erkannten sie, wie tief die Höhle in das Innere des Gesteins reichte.
Alle gönnten sich einen Schluck aus dem Wasserbehälter, während der Polyhistor seinen Helfern Mut zusprach und mit der Fackel in der Hand voranschritt.
Der Weg mit den Malereien führte steil nach unten. Es wurde immer kälter und der steinerne Gang breiter. Schließlich gelangten sie in eine Eishöhle. Die spitzen Stalaktiten, die von der Decke hingen und die Stalagmiten, die in die Höhe wuchsen, verstellten den Entdeckern immer wieder die Sicht, und hinderten das schnelle Weiterkommen. Mehrmals mussten sie sich zwischen den Hindernissen hindurchzwängen, um ihren Weg fortsetzen zu können. Von der Gefahr, die auf sie lauerte, bemerkten sie nichts.
In einem dieser vielen Gänge, die von dem Weg abzweigten, musste sich irgendwo die Tasche befinden, die sie suchten. Wo genau, war ihnen jedoch unbekannt. Der Polyhistor ließ jedoch nicht locker und führte sie weiter in das Innere hinein.
Die Fackel war noch immer an einigen Stellen nass und aus diesem Grund begann sie öfters zu flackern, und warf schaurige Schatten an die Wand. Es herrschte eine gespenstische Atmosphäre in der Höhle, als der Polyhistor aufgeregt die Fackel hochhielt und in eine Richtung deutete.
Julo bemerkte eine Abzweigung vor ihnen. Doch die meinte der Polyhistor nicht. Pills Interesse galt dem roten F, das sich an der unteren Seite einer Abzweigung befand. Dieses Zeichen unterschied sich deutlich von den anderen Wandmalereien. Pill erklärte, dass es von seinem verstorbenen Freund stamme. Dieses Ritual liebte er, um sich mit dieser Gepflogenheit den Rückweg zu markieren. Damit war es einfach für sie, die Fährte aufzunehmen. Sie befanden sich auf der richtigen Spur!
Es dauerte eine Weile, bis sie den kleinen Gang bemerkten, in der sie die Überreste des Freundes vom Polyhistor fanden. Schnell eilte ihr Anführer auf den Behälter zu und überprüfte den Inhalt. Julo und Vinz blieben im größeren Gang und beobachteten ihn.
Laute Jubelrufe hallten durch die Höhle, als Pill die langgesuchte Papyrusrolle in den Händen hielt. Endlich würde er erfahren, ob seine Suche von Erfolg gekrönt sei. Er brannte darauf zu erfahren, welches Geheimnis hinter allem steckt. Doch als er sich von dem grausamen Anblick der Überreste seines einstigen Weggefährten abwenden konnte und den Gang verlassen wollte, erlebte er eine unangenehme Überraschung."
Unheimliche Begegnung im Dom
Seo, der Pfarrer, hatte das ganze Zimmer auf den Kopf gestellt, doch außer einem mulmigen Gefühl im Bauch, blieb dies ohne Resultat. Dabei hatte er so gehofft hier fündig zu werden, um eine Spur zu den rätselhaften Ereignissen zu bekommen.
Seine Gedanken schweiften ab. Er erinnerte sich zurück, an die Erlebnisse, die ihm seit seinem Einzug in den Dom widerfahren waren.
Er dachte an den freundlichen Empfang von Kea, der Köchin und Haushälterin des Doms und von Loa, dem Bewohner. Dieser hauste einst auf der Straße, wurde jedoch im Dom aufgenommen und fand darin seine Heimat.
Seo erinnerte sich an die seltsame Geschichte des mysteriösen Mönchs, die ihm Loa erzählte: Einst sollte ein Mönch bei Nacht und Nebel an die Tür geklopft haben. Dieser wirkte sehr nervös und getrieben. Angeblich wurde er verfolgt und bat den damaligen Pfarrer, etwas zu verwahren, bis er es wieder abholen würde. Es sollte seinen Verfolgern nicht in die Hände fallen. Bei der Übergabe bemerkte der Pfarrer die Verletzungen an der Wange und auf dem Kinn, die davor im Schatten unter der Kutte verborgen lagen. Über den Inhalt wollte der verruchte Besucher nichts preisgeben. Der Mönch verschwand so schnell er erschienen war und wurde nie wieder gesehen. Er holte sein Eigentum nie wieder ab. Deshalb blieb dieses für immer im Dom versteckt. Niemand hat es je gefunden. Keiner hatte eine Ahnung, was verwahrt wurde. Laut der Legende soll es etwas Wertvolles und Mächtiges sein, doch um was es sich genau handelte, blieb ebenso rätselhaft wie der seltsame Besucher.
Seos Gedanken kreisten um einen Bericht, der zufällig in seine Hände gefallen war. Er behielt den Inhalt jedoch für sich und machte daraus sein Geheimnis. Darin wurde auf etwas hingewiesen, nachdem er auf eigene Faust suchte. Leider war es dem Geistlichen bislang nicht gelungen, fündig zu werden – aber er wollte nicht aufgeben und den Mechanismus finden! Aber was würde dieser auslösen?
Nun erinnerte er sich an die ewigen Streitereien, zwischen ihm und Sim. Dabei stieg in ihm die Wut wieder hoch, während er an die Situation dachte, als Sim die Farbe über ihn geschüttet hatte. Er vermutete, dass dieser damals beabsichtigt hatte, dass er selbst die Messe abhalten würde und nicht Seo, wie vom Bischof zuvor beauftragt wurde. Doch Seo hatte Sim einen Strich durch die Rechnung gemacht und den dritten Helfer ins Spiel gebracht. Lik war jedoch sehr nervös und vermasselte die Messe, weswegen Seo mächtigen Ärger mit Juw, dem Bischof, bekam.
Während dieser Messe bemerkte er jedoch den Mönch auf einem der Bilder und seitdem trieb ihn der Gedanke, das Rätsel im Dom zu lösen, voran. Doch er musste sich vor Sim in Acht nehmen, der ihn heimlich beobachtete und versuchte, einen Keil zwischen ihn und den Bischof zu treiben. Sim ging sogar soweit, dass er Seo eines Diebstahls bezichtigte. Das ließ er sich nicht gefallen, schließlich war er ein Pfarrer und würde sich niemals versündigen. Seo gelang es, die anderen von seiner Unschuld zu überzeugen, doch der Keil zwischen ihm und seinem einstigen Freund Juw wurde tatsächlich größer und er konnte daran nichts ändern.
Seo hatte jedoch ein Ass im Ärmel. Er hatte bemerkt, dass ein früherer Bischof etwas mit dem Mönch und dem Bild im Dom zu schaffen hat. Er hoffte, dass dieser weitere Spuren hinterlassen hatte, die er nun suchen wollte und wünschte, mit dessen Hilfe des Rätsels Lösung finden zu können. Wie ein Puzzel wollte