Verlorene Liebe. Sassika Büthe. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sassika Büthe
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738053180
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hältst dich heute ziemlich bedeckt mit deinen Antworten, finde ich, und ich habe ehrlich gesagt, keine Lust, dir alles aus der Nase zu ziehen, aber ich kann nicht anders. Ich brenne darauf, zu erfahren, wer dich so sehr aus der Fassung bringt, dass du ein solches Gesicht machst. Nun sagt schon, eine alte Flamme von dir?“

      Julia lachte erneut. „Nein, ein bisschen mehr ist es schon als nur eine alte Flamme, jedenfalls für mich. Aber das ist schon so lange her.“

      „Kenne ich ihn?“

      „Nein.“

      „War das bevor wir uns kennengelernt haben oder danach und du hast mir ihn einfach nur vorenthalten?“

      „Davor.“

      „Oh, nun komm schon, erzähl mir davon, sonst kann ich heute nicht schlafen.“

      Julia musste grinsen und hatte so ihren Spaß daran zu sehen, wie ihre beste Freundin darauf brannte, die Geschichte zu hören. Sie hatte ihr nie davon erzählt, sie selbst hatte jahrelang nicht mehr daran gedacht. Nachdem sie Jahre gebraucht hatte, es zu vergessen, wollte sie eigentlich auch nie mehr daran denken, geschweige denn darüber reden. Aber da die alten Erinnerungen nun sowieso wieder von ihr Besitz ergriffen hatten, konnte sie ihrer Freundin auch ebenso gut davon erzählen, schließlich hatten sie eigentlich keine Geheimnisse voreinander. Nur diese Geschichte hatte sich vor deren Freundschaft ereignet. Siebzehn Jahre waren seither vergangen, und doch konnte Julia sich noch an jedes Detail erinnern, als wäre es in ihren Erinnerungen eingebrannt. Sie seufzte laut auf und begann zu erzählen.

      Kapitel 2

      Julia war siebzehn Jahre alt, als sie den letzten gemeinsamen Urlaub mit ihren Eltern und ihrer vier Jahre jüngeren Schwester Claudia verbrachte. Sie war gerade in ihrer rebellischen Teenagerphase gewesen und hatte es gehasst, mit ihren Eltern gemeinsam nach Puerto Rico zu reisen. Sicher, sie war noch nie auf einer karibischen Insel gewesen, und es war sicherlich sehr schön dort, doch mit siebzehn hatte sie andere Dinge im Kopf. Sie wollte viel lieber zu Hause bleiben bei ihren Freundinnen, Partys feiern und mit ihrer Clique abhängen. Vor allem aber wollte sie nicht fort von Michael, auf den sie schon seit einer ganzen Weile ein Auge geworfen hatte. Michael war cool, witzig und überaus gut aussehend. Er ging eine Schulklasse höher als sie, und hatte in diesem Jahr sein Abitur gemacht. Schon das ganze letzte Jahr hatte Julia ihm hinterher geschaut, und nun endlich vor drei Wochen hatte er zum ersten Mal auf einer Party auch von ihr Notiz genommen. Sie hatten den ganzen Abend miteinander geflirtet und am Ende sogar miteinander geknutscht. Sie hatte sich mit ihm dann noch einmal getroffen, wo er ihr gestand, dass er sie sehr mögen würde und sie gerne öfter treffen würde. Nun waren jedoch Ferien und sie musste unbedingt mit auf diese beschissene Insel, während sich Michael und ihre Freundinnen zu Hause vergnügten. Sie machte sich nichts vor, er war ein gut aussehender und beliebter Junge, und viele Mädchen standen auf ihn, und sie zweifelte ernsthaft daran, ob er in drei Wochen nicht jemand anderes hätte. Jemand, der nicht die Ferien mit den Eltern und der jüngeren Schwester verbringen musste. Sie hatte ihre Eltern angefleht, zu Hause bleiben zu können, doch alles bitten und betteln hatte nichts genützt. So war sie mürrisch und enttäuscht in den Flieger gestiegen und saß nun im Bus, der sie vom Flughafen in das gebuchte Hotel bringen sollte. Sie sah zum Fenster hinaus und ließ die Landschaft vorbeiziehen. Gesprochen hatte sie mit ihren Eltern während der gesamten Reise noch kein Wort.

      Als der Bus wenig später vor ihrem Hotel hielt, hatte sich ihre Laune nicht wirklich gebessert. Doch das angenehme milde Klima und die Sonne hatte ihre schlechte Stimmung etwas gemildert. Da konnte Hamburg, Julias Heimatstadt, nicht mithalten. Denn trotz Anfang Juli war in Hamburg das Wetter mal wieder seit Wochen sehr feucht mit ungemütlichen 16 Grad. Um Hamburg nicht komplett schlecht zu machen, es gab auch richtig schöne Tage im Norden, an denen die Sonne den ganzen Tag schien und man vor Hitze nicht wusste, wie man sich abkühlen sollte. Doch so ein Sommer schien es dieses Jahr wieder mal nicht zu werden. Wenn es in Hamburg einmal regnete, dann nicht bloß für eine Stunde, dann gab es eben oft mehrere Tage Dauerregen.

      Da Julia die Sonne und die Wärme liebte, hob das ihre Stimmung doch ein wenig und sie machte ein nicht mehr ganz so grimmiges Gesicht, als sie aus den klimatisierten Bus stieg und von einer Hitzewelle überrascht wurde. Während der Busfahrer sich daran machte, ihr Gepäck auszuladen, zog Julia sich die Stöpsel ihres Walkmans aus den Ohren und ließ ihren Blick über das imposante Hotel mit den großen weißen Säulen und den großen Palmen davor wandern. Ein Hotelangestellter kam aus dem Hotel und begrüßte ihre Eltern freundlich, dann drehte er sich um und sagte etwas auf Spanisch zu einem Mann, der gerade die Blumenbeete vor dem Hotel pflegte. Der Mann sprang sofort auf, kam zu ihnen gelaufen und machte sich auf, ihr Gepäck auf die Schultern zu laden. Da erst sah sie ihn. Ein Junge, etwa in ihrem Alter, hatte hinter dem Mann im Beet gekniet. Es war nicht zu übersehen, dass das Vater und Sohn waren, denn er war das jüngere Ebenbild des älteren Mannes. Der Junge war ebenfalls aufgestanden, doch er half seinem Vater nicht sofort mit dem Gepäck sondern sah nur sie an, nein, er starrte sie beinahe an. Julia fühlte sich von seinem Blick wie magisch angezogen und konnte den Blick ebenfalls nicht von ihm nehmen. Dann lächelte er, und irgendetwas passierte mit ihr in diesem Augenblick. Sie konnte das Gefühl nicht genau beschreiben. In ihrem Magen begann es zu kribbeln und ihre Knie fühlten sich ganz zittrig und wie Pudding an. Es war ein merkwürdiger Augenblick. Doch sie vermochte den Augenblick nicht zu unterbrechen. Der Hotelportier riss sie schließlich aus ihrer Erstarrung, indem er den Jungen auf Spanisch böse anfuhr. Julia verstand kein Wort. Nur das Wort Marcos hatte sie herausfiltern können, das war offensichtlich sein Name. Der Junge erwiderte ebenfalls etwas auf Spanisch und machte sich dann daran, das restliche Gepäck ins Hotel zu bringen.

      Julia wusste nicht, was da gerade vor sich gegangen war und sie musste erst einmal tief durchatmen, um sich innerlich zu fangen, ehe sie ihrer Familie hinterher ins Hotelinnere folgte.

      Julia betrat als letzte die imposante Lobby des Hotels und prallte prompt hinter der Tür mit ihrer Schwester zusammen, die sich ihr in den Weg gestellt hatte.

      „Sag mal, was war denn das da eben, bitte schön?“, sagte Claudia kichernd.

      „Äh, ich weiß nicht, was du meinst“, gab Julia bissig zurück.

      „Ach komm schon, ich denke du weißt ganz genau, was ich meine. Wie der Typ dich eben angesehen hat, Wahnsinn.“

      „Das ist doch Unsinn.“

      „Nein, ist es nicht. Entweder fand er dich hübsch, oder du hast vielleicht irgendwo einen Fleck im Gesicht. Lass dich mal anschauen.“ Claudia riss ihre Schwester unsanft herum und inspizierte sie genauestens.

      „Mhm, nein. Kein Fleck. Du siehst aus wie immer. Ich dachte zwar immer diese südländischen Typen stehen auf blonde Frauen, aber da du brünett bist, kann es daran wohl nicht liegen. Wohl eher an deinen langen Beinen in dieser kurzen Shorts, die du trägst. Und ich habe gedacht, ich hätte hier mit meinen blonden Haaren mehr Chancen als du, doch da habe ich mich wohl geirrt.“

      „Könnte daran liegen, dass du noch ein Kind bist“, konnte sich Julia die bissige Antwort nicht verkneifen. Dieser Spruch wirkte meistens, da ihre Schwester ständig älter sein wollte, als sie war und andauernd versuchte, mit ihrer großen Schwester mitzuhalten und auch ständig dabei sein wollte, wenn sie mit ihren Freundinnen über Jungs sprach. Auch heute wirkte dieser Spruch ausgezeichnet und sie hatte die gewünschte Wirkung erreicht. Das ätzende, kindische Gekicher ihrer Schwester endete abrupt, und sie blickte Julia beleidigt an.

      „Bin ich nicht. Du bist gemein.“

      Im Vorbeigehen grinste sie Claudia von der Seite an, wenn es auch ein wenig gehässig war, wie sie sich selbst eingestehen musste. Doch manchmal hatte Claudia es nicht anders verdient. Dennoch tat es ihr schon ein bisschen leid, ihre Schwester so getroffen zu haben. Julia war im Allgemeinen nicht gehässig, und im Großen und Ganzen verstanden sich die Schwestern ganz gut und hatten ein sehr enges Verhältnis. Doch in den letzten Wochen und Monaten war ihre Beziehung ein wenig angespannt. Claudia fühlte sich oft zurückgestoßen und von ihr verletzt und war schnell beleidigt, wenn sie ihren eigenen Weg durchs Leben ging, und in dem ihre