HERBST 1969.. J.D.Hogefeld. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: J.D.Hogefeld
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847639879
Скачать книгу
immer unter Vollzugszwang. Wer hat wen und wann als erster? Na ja, jeder so wie er möchte. Mal sehen, was Jutta macht. Am Tisch der Mädels steht sie gerade auf und dreht sich zu mir um.

      „Hör mal, ist ja ganz nett hier bei euch, aber ich muss jetzt dringend weg. Muss um Acht am Alten Markt sein. Hat mich sehr gefreut. Bis dann und viel Spaß noch.“

      „Ja gut, wenn’s sein muss. Soll ich noch mit runter, oder verläufst du dich? Geh am besten hinten raus übern Schulhof und dann links rum. Bist dann wieder auf dem Diesterweg.“

      „Gut, alles klar, werd ich schon finden. Tschüss.“

      Und weg ist sie. Etwas konsterniert stehe ich neben Pise.

       Where do you go to my lovely?

      „Sag mal, die Cassette ist ja irre. Kannst du als nächstes spielen. Ist ja super. Der absolute Abrocker. Da steigt die Stimmung schnell an.“

      Gut, dass er die original Delilah hat. Das eingedeutschte von Peter Alexander ist einfach grauenvoll. So ist es eben im Showgeschäft, wenn einem nichts anderes mehr einfällt, macht man den Abklatsch. Wir beide mögen eh keine Deutschen Schlager. Hitparade mit Dieter Thomas Heck, Rex Gildo und Heino. Das grenzt ja an…außer Drafi und seinem Marmor Stein. Na gut, vielleicht später. Einige Mädels von der Sternstrasse haben auch ein paar Singles mitgebracht.

      „Sag mal Harald. Kennst du schon Crimson and Clover? Und hier die Eloise. Auch Judy in Disguise, gut für den Memphis. Welches von den Mädels hat die denn mitgebracht? Streu sie doch gleich mal ein und Get Back auch.“

      Muss jetzt erst mal die Lage peilen. Wer ist noch nicht besetzt, wen kann man denn mal anbaggern?

      „Hast du noch die Zusammenstellung mit den Anmach-Songs?“

      „Was meinst du denn genau?“

      „Na, die Anmache über die Songs. Weißt du nicht, auf deiner letzten Fete. Hat doch gut geklappt mit Susanne. Fängt glaub ich mit Hello Goodbye an und da ist auch Will you tell me your name, Let’s spend the night together und I can’t control myself drauf. Glaub auch Satisfaction von den Stones und den Faces Sha la la la lee. Die ist super zur Kontaktaufnahme. Und einige von Elvis. Hast du sie dabei oder nicht?”

      „Mann klaro. Hier ist sie. Soll ich?“

      „Ja Mann, hau sie rein.“

      Ich warte ab und checke die Runde. Da seh ich den leeren Platz von Jutta. Daneben sitzt ihre beste Freundin Astrid. Nichts wie hin, bevor jemand schneller ist.

      „Hi, sag mal, ist deine Freundin immer so, ich mein, so früh von der Fete weg?“

      „Ja, sagt sie jedenfalls. Aber musst du nichts drum geben. Wird schon wieder.“

      „Sag mal Astrid, du heißt doch Astrid oder? Was rauchst du denn da für Zigis?“

      „Die hier? Sind die goldenen von `Benson & Hedges`. Willst du mal eine probieren? Hat mir Jutta hier gelassen. Ihre Eltern dürfen nicht wissen, dass sie raucht und Zigaretten hat.“

      „Aber nein, danke. Hab selber welche. Guck mal hier die `JUNO`, hab ich vorhin am Kiosk gekauft, sind neu auf dem Markt, nicht so stark wie die anderen und ganz aromatisch. Willst du mal davon eine probieren? Sind auch preiswert, 12er Packung nur ne Mark.“

      Ich reich ihr die angebrochene Packung rüber und sie greift zu, dabei fällt ihr das lange braune Haar ins Gesicht und mit einer geübten galanten Bewegung befördert sie die Haarpracht wieder zurück. Ich reich ihr Feuer und im flackernden Schein der züngelnden Flamme erscheinen mir ihre Augen doch eher tiefblau, mit einem kleinen Stich grau. Aber das lässt sich bei dem schummrigen Licht schlecht feststellen. Ihre nackten Beine hat sie übereinander geschlagen. Unendlich lang und der Rock unendlich kurz. Wir ziehen beide an unseren Zigis und dann legt Harald I can hear Music auf. Meine Beach Boys.

      „He Astrid, wollen wir?“ und dann sind wir beide rauchend auf der Tanzfläche. Ist eigentlich verboten, wegen der Holzbohlen, aber Hr. Blichert ist im Moment wohl mal für kleine Tiger. Glück gehabt. Bis der wieder am Platz ist haben wir bestimmt aufgeraucht, wär doch zu schade um die Kippe. Sie hat einen eigenwilligen Stil, interessant. Ihr Haar schwingt im Rhythmus. Ihre Beine unendlich. Super kurzer Mini. Sehr interessanter Hüftschwung. Sie weiß eben wie. Insgeheim hab ich schon viele bewundernde Blicke ringsum gesehen, aber jetzt bin ich am Drücker.

      „Gefallen dir die Beach Boys?“ Bei der Lautstärke kommt ja kaum Konversation auf, aber irgendwas muss ich doch sagen.

      „Ja, kenn ich, Barbara Ann, Sloop John B und so. Ganz gute Surf-Musik. Ich mag aber auch Michel Polnaref und Adamo. Kennst du die?“

      Ups, wer? Ist glaub ich ein französischer Sänger. Hat so eine hohe Kopfstimme, etwas verrucht in der Szene. Muss ich heute abend noch oder morgen mal checken.

      „Nein, weiß nicht, muss man den kennen? Was singt der denn so?“

      „Na Love me, please love me und vorher das Lied über seine Puppe, die immer ‚Nein’ sagt, ma poupee qui fait no. Auch meine Schwester ist von ihm ganz begeistert.“

      So, eine Schwester hat sie noch. Gut, kein Einzelkind, die sind immer schwierig.

      „Wie viele Geschwister hast du?“

      „Insgesamt drei, eine ältere Schwester, eine jüngere und einen kleinen Bruder. Meine große Schwester ist schon verheiratet und lebt in Süddeutschland mit ihrem Mann.“

      Harald legt Venus auf. Ich finde das passt. Sie sieht etwas wie eine Venus aus. Das lange Haar, die langen Beine. Irre ihr Tanzstil. Nach einer Viertelstunde kündigt Harald eine Verschnaufpause an und legt die LP von Herb Alpert auf. So jetzt 24 Minuten small talk.

      „Sag mal kennst du das Musical `Haare`? Läuft nächste Woche in Düsseldorf an, mit Su Kramer als Sheila und Reiner Schöne als Berger. Die Top 20 in USA ist schon gestürmt. Aquarius ist auf allen Kanälen zu hören und natürlich Hair und Good Morning Starshine und so. Die Musik, der Text und die Show ist absolut irre. Amerika und der Vietnamkrieg, Peace und Love, und so, weißt du?“

      Nein. Weiss sie nicht. Wieso nicht? Na ja, Michel Polnaref und so. Ich schau in die Runde. Lothar und Dackel sind beschäftigt, Floh auch. War ja auch nicht anders zu erwarten. Die Stimmung ist jetzt super. Die Party ein voller Erfolg. Hab’s ja gewusst. Alles nur „Pro´s“ für eine Klassenfete auf einem Jungengymnasium. Na ja, irgendwie muss doch der anders geschlechtliche Kontakt vorangetrieben werden. Nicht nur Tanzschulunterricht. Ach ja, Tanzschule. Werde Pise mal fragen, ob er über Mikro einige Absolventen erkunden kann, und so Walzer oder Quick Step wär nicht schlecht. Help yourself von Tom Jones und Last Waltz von Engelbert gehen auch. Oder den zuletzt. Müssen ja um 11 Uhr die Fete schließen und noch aufräumen. Aber bis dahin.

      „Sag mal Astrid, habt ihr in eurer Schule auch schon mal gefeiert?“

      „Nein, ist heute für uns das erste Mal. Haben nämlich keine geeigneten Räume dafür. Und davon mal abgesehen, unsere Lehrerinnen haben dafür kein Verständnis. Keine Chance.“

      „Möchtest du mal meine Klasse sehen, ich meine, wir sind zwar als O II der Oberstufe zugeordnet, aber die Primaner sind ja ausgegliedert im Neubau nebenan. Können uns ja mal ein bisschen die Füße vertreten und frische Luft ist auch ganz gut, hier ist`s so verraucht von den Kerzen.“

      „Ja, vielleicht gleich. Muss mich eben mal frisch machen. Bin gleich zurück.“

      Sie schwebt elfengleich an mir vorbei und ich hinterher, bleibe aber neben dem Ausgang bei Harald stehen.

      „Na,