Artikel 20.4. Klaus Hammer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Klaus Hammer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738085167
Скачать книгу
Wahl noch grandios abgestürtzt waren, bei dieser Wahl eine erstaunliche Aufholjagd hin gelegt. Zeitweise hatte es sogar recht gut ausgesehen für die Freibeuter in Orange. Doch zu guter Letzt hatte es nicht gereicht.

      Sie stand mit dem Rücken in Richtung Reichstagsgebäude, so dass es hinter ihr erschien. Rechts konnte sie, hinter den Bäumen an der Paul-Löbe-Allee, das Kanzleramt gegenüber das Paul-Löbe Haus mit der sich davor befindlichen U-Bahn Haltestelle Bundestag erkennen.

      9:02h Eine Demonstration?

      Sie nahm ihr Mikrofon hoch und blickte in die Kamera. Nun wartete sie nur noch auf das Startsignal von Jovi, damit sie loslegen konnte. Gleich war sie auf Sendung.

      Jovi Mols hatte die Kamera mit einem Schwebestativ vor sich und schaute mit einem Auge durch den Sucher, mit dem andern Auge sah er an der Kamera vorbei auf Monika Holtzmann. In seinen Kopfhörern konnte er die Regieanweisungen aus dem Sender hören. Gleich war es soweit.

      Er winkte leicht mit dem linken Arm und begann mit gespreizten Fingern im Sekundentakt von fünf rückwärts zu zählen. Als er den letzten Finger weg klappte, so dass seine Hand beinahe eine Faust bildete, schwang er mit dem Arm einen Bogen, als ob er eine Bowlingkugel werfen wollte und öffnete die Hand wieder.

      Monika holte tief Luft.

       „Herzlich willkommen bei Phoenix. Ihrem Dokumentationskanal. Heute ist ein wichtiger Tag in der gerade begonnenen Legislaturperiode. Es findet die erste Sitzung des neu gewählten Bundestages statt...“

       Aus dem Augenwinkel heraus konnte Sie eine Bewegung rechts am Rande ihres Blickfeldes erkennen. Noch zu klein und zu weit entfernt. Aber es irritierte sie.

      Jovi Mols zog die Stirn kraus als er sah, dass Monika von irgendetwas irritiert wurde. Er wagte einen Blick in Richtung Kanzleramt. Ohne die Kamera zu bewegen drehte er den Kopf weiter und riss die Augen auf.

      „Zoon van een teef!“, murmelte er, was einen ziemlich üblen niederländischen Fluch darstellte.

      „...Findet heute auch die Wahl des Kanzlers der Bundesrepublik Deutschland statt.“ Monika versuchte irgendwie trotz der Bewegungen in ihrem Augenwinkel weiter zu machen. „Es wird erwartet, dass Angela Merkel heute den Staffelstab an Ursula von der Leyen weiter gibt. Nach ihrer außenpolitisch sehr erfolgreichen Zeit als Verteidigungsministerin hatte sie Deutschland schließlich in den zurückliegenden zwei Jahren durch mehrere bewaffnete Auseinandersetzungen geführt, die dank der guten Zusammenarbeit mit den alliierten Freunden, zu einem positiven Ende gebracht worden waren. Deutschland ist dank Ursula von der Leyen auch Militärisch wieder eine Macht mit der Weltweit gerechnet werden muss.“

      Die Bewegung aus der Richtung Kanzleramt wurden stärker. Es schien, als ob eine größere Menschenmenge sich auf den Bundestag zu bewegte.

      „Die CDU war zwar mit dem Slogan: Bewährtes bewahren, Stärke beweisen! in den Wahlkampf gegangen. Heute...“ sie konnte nicht mehr anders. In all den Jahren, in denen sie für das Fernsehen arbeitete, war es ihr noch nie passiert, dass sie sich so ablenken lies. Sie bewegte zuerst nur die Augen langsam nach rechts. Doch was sie dort sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Sie drehte den Kopf ganz in die Richtung in die sie blickte. Und da sah sie es.

      Jovi Mols hatte die Bewegung in ihren Augen gesehen und das einzige gemacht, was die Situation noch retten konnte: Er hatte die Kamera in die Richtung geschwenkt, in die Monika blickte. Jetzt sah er es auch.

      Hunderte von Kopf bis Fuß in hautenge schwarze Pantomimenanzüge gekleideten Menschen bewegten sich vom Paul-Löbe-Haus in Richtung Bundestag. Alle hatten weiße Guy Fawkes Masken aufgesetzt und waren somit nicht voneinander zu unterscheiden.

      „een demonstratie“, entfuhr es ihm.

      „Mach die verdammte Kamera aus!“, fauchte Monika mit einem mal. „Das ist eine verdammte Demonstration! Hast Du eine Ahnung für wie lange die uns weg sperren, wenn wir Bilder einer nicht genehmigten Demonstration über den Sender schicken?“

      „Ich...“

      „Ruhe! Mach das Ding aus!“

      Jovi Mols wurde mit einem mal ganz ruhig. „Der Sender ist schon längst runter, die haben bereits bei deinem Seitenblick unser Signal gekappt.“

      „Die haben was?!“

      „Ja. Ich habe nur noch die Aufzeichnung in der Kamera laufen, so können wir später...“

      „Hast Du sie noch alle? Lass uns schnell von hier verschwinden, bevor noch irgendjemand etwas von dieser Demo mit bekommt.“

      *

      Historypedia: „Gesetz zur Sicherheit der Bürger“

      Im letzten Quartal 2014 startete die Regierung in Spanien einen Gesetzesvorstoß, dessen Wirkung recht schnell das Europäische Parlament erreichen sollte um dann im Eilverfahren in fast allen Europäischen Ländern umgesetzt zu werden.

      Es begann damit, dass nach der Euro-Einführung die Mittelmeerstaaten der Europäischen Union aufgrund des nicht mehr vorhandenen Wechselkurses wirtschaftlich unter Druck gerieten. Beschleunigt wurde das Problem noch durch die in Deutschland und den anderen Nordstaaten eingeführten Sparmaßnahmen und Sozialeinschnitte, die den Bürgern als Auswirkungen der Wirtschaftskrise verkauft worden waren.

      Die Not wurde in den Südländern immer größer, die Auswirkungen für die einfachen Menschen immer stärker spürbar. Durch die Knebelung der Südstaaten und der Zwang zum Sozialabbau sowie dem Verkauf von Staatseigentum zur Schuldentilgung gerieten die Südstaaten wie Spanien in eine Abwärtsspirale, die sie geradewegs in den Bankrott führte.

      Die Menschen begannen, gegen diese Ungerechtigkeit zu demonstrieren. Sie hatten ihre Arbeit gemacht, hatten der Regierung vertraut und verloren inzwischen alles. Job, Einkommen, Haus, Lebensgrundlage.

      Um diese Proteste im Keim zu ersticken, schuf die spanische Regierung ein Gesetz die es der Polizei vor Ort erlaubt, ohne irgendeine richterliche Kontrolle Strafen für zivilen Ungehorsam zu verhängen. Jede oppositionelle Äußerung, jeder Protest wird von dem neuen Gesetz erfasst. Und die möglichen Strafen sind sind hart: zwischen 100 und 600.000 Euro kann der zivile Ungehorsam den einzelnen Demonstranten kosten.

      dass die Polizei dabei in der Vergangenheit immer wieder der falschen Anschuldigung gegenüber Demonstranten überführt wurde und jetzt gegenüber eben diesen vollkommen freie Hand bekommt, macht die Stoßrichtung dieses Gesetzes klar. Insbesondere, da das Fotografieren und Filmen der Polizei ebenso eine Straftat darstellt, wie das Twittern gegen Polizei und Staat.

      So wurde Angst verbreitet, um die Proteste zu ersticken. Niemand konnte es sich erlauben, gegen die Regierungsmachenschaften auf die Straße zu gehen.

      Die zeitgleich in Deutschland stattfindenden Naziaufmärsche und die entsprechenden Gegendemonstrationen halfen dem NRW Innenminister, der sich damals bereits für den Posten des Bundesinnenministers zu empfehlen begann, das Gesetz fast unverändert im NRW Landtag vor zu legen. Nach einmaliger Lesung wurde das Gesetz dann in NRW mit den Stimmen der SPD, der CDU und mit schweren Bedenken, aber wegen der parlamentarischen Zwänge leider zustimmenden Fraktion der Grünen beschlossen.

      Danach war es nur eine Sache von Wochen, bis nahezu wortgleiche Gesetze in den meisten anderen Bundesländern beschlossen wurden. Als die Mehrheit der Bundesländer dieses „Gesetz zur Sicherheit der Bürger“ verabschiedet hatten, übernahm die Bundesregierung den Gesetzestext und machte ihn zu einem Bundesgesetz. So dass auch die ablehnenden Bundesländer in ihrer Entscheidung übergangen wurden.

      Mitte 2017 war es dann soweit: Das Demonstrationsrecht in Deutschland war faktisch abgeschafft.

      *

      9:07h

      Diese ganzen in schwarz gekleideten Menschen bewegten sich zielstrebig genau auf den Standpunkt von Monika Holtzmann und Jovi Mols zu. Beide bewegten sich vorsichtig zurück. Weg vom Reichstagsgebäude.

      Jovi lies die Kamera durchgehend aufzeichnen während Monika versuchte ihm nicht ständig ins Bild zu laufen.

      „Die