Die Pferdesoldaten 06 - Keine Gnade für Farrington. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Die Pferdesoldaten
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742725226
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jedoch eine Art angeheirateter Vetter und wurde vom Stamm als solcher akzeptiert. Er war kein roter Bruder, doch seinem Wort war eher zu vertrauen, als dem anderer Weißer.

      In den vergangenen Jahren war der Respekt zwischen deutschen Siedlern und Sioux gewachsen. Many Horses und seine Krieger hatten erfahren, dass diese Weißen ihr Wort hielten und man ihnen vertrauen konnte. Doch nun begann die Saat des Misstrauens aufzugehen.

      Kapitel 6 Das Fort jenseits des Flusses

      Es gab keine Ausnahme. Alle packten mit an. Ihre Schaufeln gruben sich in den Boden, Äxte hieben in Stämme und Sägen frästen sich durch Holz, um Palisadenstämme, Stempel, Bohlen und Bretter entstehen zu lassen. Captain Sam Larner hatte den Auftrag, ein Fort zu bauen und er hatte unzweifelhaft die Absicht, diese Aufgabe bestmöglich zu erfüllen.

      In den ersten Tagen waren immer wieder Siedler zum Bauplatz gekommen. Meist Kinder und deren Mütter, die neugierig waren, was die Soldaten dort machten. Inzwischen hatte Bürgermeister von Trauenstein diese Besuche jedoch untersagt, da es für die Kinder dort gefährlich sei und man die Kavalleristen nicht an der Arbeit hindern wolle. Captain Larner vermutete hingegen, dass der Graf engere Kontakte zwischen seiner Truppe und den Siedlern vermeiden wollte. Allerdings kamen die Tochter des Grafen und Pfarrer Dörner gelegentlich herüber. Der Tochter ging es um möglichen Handel und dem Geistlichen wohl um das Seelenheil der Menschen, da er die Soldaten, trotz ihres unchristlichen Berufsstandes, zu den Lämmern des Herrn zählte. Hin und wieder trieb es auch den Indianerhändler Pecos Bill in die Anlage und Captain Larner und First-Sergeant Heller, selbst ein ehemaliger Fallensteller, nutzten die Gelegenheit, um mit Bill dann über die Indianer zu sprechen.

      Pecos Bill und seine Frau Little Bird vermittelten als Einzige der Stadtbewohner den Eindruck, ein echtes Interesse am Zusammenleben mit den Soldaten aufzuweisen. Auch an diesem Tag war er erschienen und erkundigte sich, ob man nicht etwas benötige. „Ich kann Ihnen Nägel, Werkzeug, Kerzen, Lampenöl, Petroleum und eine Menge anderer nützlicher Dinge zu sehr fairen Preisen anbieten“, versicherte er. „Und über unseren Schmied lassen sich ausgezeichnete Türangeln, Scharniere und sonstige Metallteile fertigen.“

      First-Sergeant Jim Heller, der als ehemaliger Trapper eine Art Seelenverwandtschaft mit Bill verspürte, deutete um sich. „Für den Anfang sind wir recht gut ausgestattet, aber ich bin mir sicher, der Captain wird gerne auf Ihr Angebot zurückkommen.“

      Der Händler schien erfreut, auch wenn der Besuch wieder einmal nicht zu einem Kauf geführt hatte. Er deutete auf einige der Pflöcke und Leinen. „Sind das die Mannschaftsquartiere? Sehen ziemlich groß aus.“

      „Das werden richtige Kompanie-Quartiere“, erklärte Heller. „Die Zeiten, in denen sich zwei Mann ein Bett teilen mussten, sind glücklicherweise vorbei.“

      Larner plante großzügig und hatte mehrere Arbeitstrupps bilden lassen. Gemeinsam mit Lieutenant Prentiss schritt er das Gelände ab, warf immer wieder einen Blick auf den gezeichneten Grundriss des Forts und verglich die dortigen Angaben mit den Pflöcken, die Mark Dunhill auf Geheiß des Captains in den Boden schlug.

      Die Privates Luigi Carelani und Patrick „Paddy“ Donelson spannten Leinen, entlang derer der Graben für die Palisaden ausgehoben wurde. Hermann, ein Deutscher aus Baden, hielt die Pflöcke auf seinen Armen.

      Es war Frühjahr und die Temperaturen waren angenehm. Dennoch hatte Larner „Marscherleichterung“ gestattet und keiner der Männer, auch der Captain nicht, trug Jacke oder Waffengurt.

      „Nur einen Meter tief“, befahl Larner der Gruppe, welche die Gräben aushob. „Wir werden die Palisaden in Höhe des Wehrgangs mit Querstempeln versehen.“

      „Das erspart uns eine Menge Buddelei“, seufzte ein Corporal, „und wir kommen schneller voran.“

      Larner nickte und blickte zum östlichen Waldrand hinüber. Er war ungefähr eine Meile entfernt. Auf den anderen Seiten gab es freies Schussfeld und keine Deckung für einen potenziellen Angreifer, mit Ausnahme des hohen Grases.

      Aus dem Wald waren Rufe zu hören, dann das Krachen eines stürzenden Baumes. Das Holzkommando wusste, worauf es dem Captain ankam. Dünne Stämme für die Palisaden und mittlere für die massiven Bohlen und Bretter. Larner hatte den Soldaten eingeschärft, die Stämme sorgfältig zu entrinden, damit das Holz nicht von Käfern zerfressen wurde.

      In einer Lücke zwischen den Bäumen wurde ein Soldat sichtbar, der eines der Pferde am Zügel führte. Ein paar der kräftigen Quarterhorses wurden als „Rückepferde“ eingesetzt, mit denen man das gefällte Holz zum Bauplatz schleifte, wo es weiter verarbeitet wurde.

      „Wir machen die Palisaden drei Yards hoch, mit einem umlaufenden Wehrgang in zwei Yards Höhe“, führte Larner aus. Am Tor und einigen der Gebäude wird er unterbrochen sein, da diese höher sind. Wir müssen eine entsprechende Anzahl an Aufgängen einplanen.“

      „Stufen oder Leitern, Sir?“, erkundigte sich Prentiss.

      „Erstmal Leitern. Die kann man später immer noch durch Treppen ersetzen.“

      „Sir.“ Mark Dunhill blickte über die Schulter des Captains und sah Sergeant Willard an der Kochstelle winken.

      Larner folgte Marks Blick. „Na schön, Mark, geben Sie Signal zum Essenfassen.“

      Mark zog das C-Horn an seiner gelben Quastenschnur nach vorne und setzte es an. Der helle Klang des Signals ertönte und der junge Hornist wiederholte es einmal, strikt nach Vorschrift der Armee.

      „Wenigstens haben wir mit Willard einen ganz passablen Koch“, meinte Hermann.

      „Nune, iste keine Italiano“, radebrechte Luigi, „aber man kanne essen.“

      Willard war kein Koch, aber er hatte eine Leidenschaft für dieses Handwerk entwickelt und da er sich darauf verstand, aus der gelegentlich sehr eintönigen Armeeverpflegung etwas durchaus Schmackhaftes zu zaubern, ließ Larner dem Unteroffizier freie Hand. Hier, in Farrington, blühte der Sergeant regelrecht auf, da er in der Siedlung frisches Obst, Gemüse und Gewürze besorgen konnte. Willard konnte große Mengen in sich hinein stopfen, dennoch war er nahezu hager.

      Ringsum kamen die Arbeiten zum Erliegen. Die 56 Angehörigen der „H“-Kompanie strömten dem Lager entgegen, wo die Zelte aufgebaut waren und die Pferde in einer provisorischen Koppel aus aufgespannten Leinen standen. Hier waren auch die fünf Planwagen aufgefahren, mit denen man Ausrüstung, Material und Proviant nach Farrington gebracht hatte.

      Zwei Reihen der, aufgrund ihrer spitzen Form so genannten, A-Zelte und vier größere Wallzelte standen hier. Zwischen zweien der großen und eigentlich den Offizieren vorbehaltenen Zelte war ein Sonnendach aufgespannt. Die Frontseiten der Leinwände waren gelöst und nach oben gerollt, so dass eine improvisierte Messe entstand.

      Es gab Kartoffeln, frischen Braten, Gemüse und zum Nachtisch Apfelkuchen, dazu Wasser oder den starken Armee-Kaffee. Ernste Worte und fröhliche Bemerkungen machten während des Essens gleichermaßen die Runde. Die Stimmung war gelöst und der Appetit, dank der zuvor bereits bewältigten Arbeit, gewaltig.

      Nirgends sah man eine bewaffnete Wache, was allen Gepflogenheiten und Vorschriften der Armee widersprach, doch Captain Larner wollte auf diese Weise ein Zeichen setzen, dass seine Truppe in friedlicher Absicht gekommen war. Sam Larner konnte sich diesbezüglich gewisse Freiheiten erlauben, denn er hatte zum Bau des Forts die „carte blanche“ bekommen, was bedeutete, dass er alle Maßnahmen treffen konnte, die ihm sinnvoll erschienen. Zudem handelte es sich bei der fünften Wisconsin-Kavallerie um Freiwillige, die sich aus den verschiedensten Gründen zum Regiment gemeldet hatten. Es waren Männer unterschiedlichen Alters und verschiedenster Berufe und ebenso verschieden waren die Gründe, aus denen sie dienten. Manche trieb die Abenteuerlust, andere sorgten sich um die Grenze, wieder andere waren in ihren alten Berufen gescheitert. Mark Dunhills Freunde waren Einwanderer, die sich von ihrer Verpflichtung eine bessere Zukunft in Amerika versprachen. Mark Dunhill hingegen hatte einen ganz eigenen Grund.

      Mark war nun fünfzehn Jahre alt und der Sohn von