ZwischenWelten. Friedrich von Bonin. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich von Bonin
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750282032
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Januar taute es plötzlich. Der Schnee wurde grau und schmolz, die Sonne brach durch und wärmte das Land, so dass die Menschen wieder reisen konnten, allerdings war allen bewusst, dass jeden Moment der Frost wieder einsetzen konnte.

      Mit dem Tauwetter kamen sie aus Wien:

      Oktavio Piccolomini, dann die Generale Johann Graf von Aldringen und Matthias Gallas, der frisch vom Kaiser ernannte Graf, beide wie immer mit scheelen Blicken, Christian Freiherr von Ihlo und Wilhelm Graf Kinski, die schneidigen Reitergenerale, besonders Kinski, schlank wie eine Gerte, nicht übermäßig groß, aber zäh.

      Einer nach dem anderen trafen sie ein, die einen von Wallenstein höflich, die anderen mit freundschaftlicher Herzlichkeit empfangen. Der Herzog von Friedland hielt sich im Übrigen zurück in diesen Tagen, kaum verließ er seine Räume, er litt furchtbar unter der Gicht. Fast bewegungsunfähig lag er mehr, als er saß, in seinem Lehnstuhl, diktierte wenig, las wenig und verbrachte ganze Tage im Dunkeln, jeden Kontakt sich verbietend.

      Desto mehr trafen sich seine Offiziere. Ihlo und Kinski unterhielten einen Zirkel, dem die meisten Obersten aus Wallensteins Armee angehörten. Zwischen zehn und zwanzig hohe Offiziere trafen sich fast täglich, sei es zu Wein und Spiel, sei es zu ernsthaften Gesprächen. Ihnen schloss sich häufig Piccolomini an, der mich keines Blickes würdigte, mich nicht beachtete. Ich hing an jeder seiner Gebärden: Was hatte er versucht, was erreicht?

      An anderer Stelle trafen sich Wallensteins Gegner, Aldringen und Gallas, die ebenfalls einige der nachrangigen Offiziere um sich versammelt hatten. Diplomaten schlossen sich dem zweiten Kreis an, frisch aus Wien angekommen und die neuesten Nachrichten bringend. Bald drangen Neuigkeiten aus diesem Kreis nach außen, Gerüchte.

      Der Herzog sei seines Amtes als Generalissimus vom Kaiser enthoben, hieß es, der Kaiser habe eine Anklage gegen ihn wegen Hochverrats erhoben. Auch der Herzog hörte die Gerüchte.

      „Unsinn, Rheidt“, knurrte er, wenn ich ihn, scheinbar besorgt, darauf ansprach. „Der Herr wird sehen, das ist alles Unsinn. Nie wird der Kaiser mich absetzen, und schon gar nicht mich des Verrates anklagen. Wo sollte ich den Kaiser verraten haben, der ich doch sein Heerführer bin?“

      Aber die Gerüchte verstärkten sich: Nicht nur angeklagt sei der Herzog worden, er sei bereits verurteilt, streuten seine Gegner aus. Der Kaiser habe seinen Tod verfügt, der Vollstrecker sei bereits unterwegs.

      Nun endlich rief mich auch Piccolomini.

      „Da sehen Sie, was Sie angerichtet haben mit Ihrer Erzählung“, sagte er mit finsterem Gesicht, als ich vor ihm stand. „Ich bin vom Kaiser abgesandt worden, um Wallenstein die Absetzung von dem Amt des Generalissimus bekannt zu geben.“

      Überrascht atmete ich ein.

      „Und wer ist sein Nachfolger?“, fragte ich.

      „Sie haben wohl gedacht, das würde ich sein?“ Jetzt hellte sich sein Gesicht etwas auf. „Nein, bin ich aber nicht. Der Kaiser hat mich zu seinem Generalfeldmarschall ernannt, aber Generalissimus und Nachfolger Wallensteins wird Großherzog Ferdinand sein, der Sohn des Kaisers. Hören Sie, Rheidt, Sie haben jetzt die einmalige Gelegenheit, Ihr Leben zu retten. Halten Sie sich ruhig und halten Sie sich vom Herzog von Friedland fern. Er ist zum Tode verurteilt, seine Umgebung wird mit ihm sterben, also bleiben Sie weg. Der Kaiser hat mich ausdrücklich ermächtigt, Sie zu schonen, weil Sie zu mir gekommen sind. Und jetzt nehmen Sie Urlaub von Ihrem Herrn und verschwinden Sie! Und wehe, der Herzog erfährt von unserer Unterhaltung auch nur einen Ton.“

      Ich ging direkt in meine Räume und packte einige Sachen zusammen, da erschien sein Kammerdiener.

      „Herr Rheidt, Sie sollen gleich zum Herzog kommen, es gibt zu schreiben“, meldete er.

      „Sagen Sie Seiner Fürstlichen Gnaden, dass ich sofort komme“, ließ ich ihn ausrichten, beeilte mich aber keineswegs.

      Am Mittag hatte er mich rufen lassen, aber schon eine Stunde später erhielt ich seinen Befehl, ich solle mich bereit machen, Wallenstein und der Hof gingen nach Eger, Aufbruch noch heute Nachmittag.

      Er hatte also die Gefahr doch gespürt, aber ich befolgte den Befehl nicht. Heimlich blieb ich in Pilsen und hoffte, dass niemand mich suchen werde, waren sie einmal aufgebrochen.

      Am übernächsten Tag kam ein Bote aus Eger:

      Sie hatten erst seine Getreuen erschlagen, hieß es, Ihlo, Kinski und Trcka und dann waren sie am Abend in seine Gemächer eingedrungen. Der schwer gichtkranke Mann habe sich nicht gewehrt, hieß es, sie hätten ihn in seinem Zimmer auf seinem Lehnstuhl erschlagen.

      Für mich war nichts mehr zu tun. Ich verschwand.

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