Professors Zwillinge im Sternenhaus. Else Ury. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Else Ury
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750295858
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ist der Boden. Da ist noch ein Mansardenzimmer für die neue Minna.«

      Natürlich mußten die Kinder bis in den äußersten Bodenwinkel hineinkriechen und alles durchstöbern.

      »Na, wie gefällt es meinen Kindern im neuen Sternenhaus?« erkundigte sich der Vater unten.

      »Fein ist es, Vatichen.«

      »Du hast ja noch gar nicht Muttis Wohnzimmer und Vatis Arbeitszimmer gesehen.« Herbert war mit seiner Führung noch nicht zu Ende.

      »Ach, wieder alle die großen Sternkarten an den Wänden wie in Berlin«, sagte Suse, erfreut in Vaters Zimmer Umschau haltend. »Was ist denn das für 'n komisches Ding? Ist das unser Radio?«

      »Nein, das ist ein neuer Messapparat hier aus den optischen Werkstätten von Zeiß, den ich erproben soll. Herbert – Junge – laß die Finger davon. Das ist kein Spielzeug. Die geringste Veränderung bringt falsche Angaben.«

      »Unsern Radio lege ich ganz allein an, Suse, da darf auch keiner ran, sonst funktioniert er nicht«, spielte sich Herbert auf. Er konnte es nun mal nicht vertragen, zurechtgewiesen zu werden.

      »Habt ihr denn nun alles gesehen, Kinder?« fragte die Mutter.

      »Die Küche, wo ist denn die Küche?« fiel es Suse als künftige Hausfrau ein.

      »Die ist unten im Souterrain. Auch die Waschküche, die Speisekammer und die Zentralheizung sind dort untergebracht.«

      »Au, die muß ich sehen.« Herbert wollte spornstreichs die von der Diele herabführende Treppe hinunter. Da hemmte er den Schritt. »Was sind denn hier noch für Zimmer?« Er versuchte eine nach der andern Seite des Hauses führende Tür zu öffnen. Sie war verschlossen.

      »Was ist denn da drin, Mutti?«

      »Ein Geheimnis«, gab diese lächelnd zur Antwort.

      »Das hört sich ja ganz graulig an. Als ob Blaubart dahinter wohnt.« Suse machte schon wieder ängstliche Augen.

      »Na, ganz so schlimm ist es nicht«, lachte die Mutter. »Herbert, höre auf, an der Tür zu rütteln. Ich muß doch erst aufschließen.« Die Mutter griff nach einem Schlüssel am Bunde.

      Die Tür öffnete sich – als erster sprang Bubi hinein.

      »Nanu –?« Die Zwillinge standen starr.

      »Das sind ja die Möbel von der kleinen Omama in Berlin – ganz bestimmt, Muttichen, ich kenne sie wieder. Da ist ihr Ledersessel und die Glasservante und die Mahagonikommode, der alte Sekretär und das grüne Plüschsofa.« Suse lief aufgeregt von einem Stück zum andern und streichelte es in Wiedersehensfreude, als sei es die Omama selbst.

      Herbert aber war schon weiter, im Nebenzimmer.

      »Und hier sind ja die Möbel von Frau Annchen, die früher Kinderfrau bei uns war. Die Bauerntruhe mit den roten Blumen kenne ich noch ganz genau. Wenn ich unartig war, wollte Frau Annchen mich immer da einsperren. Was bedeutet denn das bloß, Mutti?«

      »Warum sind denn Omamas Möbel hier bei uns?« Gespannt hingen die Zwillinge an Mutters Lippen.

      »Weil die Omama und Frau Annchen in vier Wochen zu uns ziehen. Vater meint, sie seien lange genug allein in Berlin gewesen, jetzt sollen sie bei uns – – –«

      Aber weiter kam die Mutter nicht. Helles Jauchzen übertönte ihre Stimme. Die Zwillinge hatten sich an den Händen gefaßt und sprangen jubelnd im Zimmer der Großmama herum: »Die kleine Omama kommt – die kleine Omama kommt für immer zu uns!« Und Bubi blaffte so laut dazwischen und gebärdete sich so verdreht vor Freude, als ob es seine eigene Omama wäre.

      Vater und Mutter aber sahen auf die glücklichen Kinder.

      »Möge das Sternenhaus immer so frohe Menschen in sich schließen!«

      3. Kapitel

      Von berühmten Männern und von einem, der's werden will

      Fein, daß der nächste Tag ein Sonntag war. Da hatte der Vater Zeit, seinen Zwillingen die alte Universitätsstadt, in der er als Student schon fröhliche Stunden verlebt hatte und in der er jetzt als Gelehrter ein reiches Wirkungsfeld gefunden, zu zeigen.

      Von morgens um neun Uhr an standen Herbert und sein Bubi zum Abmarsch bereit, als der Vater sich gerade erst die Sonntagszigarre ansteckte und zur Zeitung griff.

      Suse, als anstelliges Hausmütterchen, ging indessen der Mutter zur Hand. Denn die neue Minna war noch nicht eingetroffen. Es machte Suse Spaß, ihr hübsches Zimmer selbst aufzuräumen. Besonders mit dem neu angeschafften Mop, den sie bisher noch nicht kannte. Er sah aus wie jeder andere Besen, hatte aber keine Rosshaare, sondern Baumwollfransen statt dessen. Schon der Name war so ulkig. »Ich nenne ihn lieber ›Mops‹, Mutti. Muß ich ihn in Wasser tauchen und damit den Fußboden aufwischen?«

      »Um's Himmels willen nicht. Die Fransen sind geölt, dadurch ziehen sie allen Staub in sich ein und machen die Fußböden gleich blank. Man braucht weder Besen noch Schaufel beim Moppen.«

      »Famos, Mutti. Da kann sich die neue Minna freuen.«

      »Laß mich moppen.« Herbert, dem sein Warteposten unten zu langweilig geworden – denn wenn der Vater erst mal bei der Zeitung saß, legte er sie sobald nicht aus der Hand –, stellte sich ein. Der Mop übte, wie alles Neue, unwiderstehliche Anziehungskraft auf ihn aus.

      »Aber nur einmal«, räumte Suse schweren Herzens ein.

      »Schön, ich werde meine Stube moppen.« Herbert begann in seinem Zimmer sich mit dem Mop wie ein Karussell zu drehen. Bubi, der das Ding als eine für ihn eigens erfundene Belustigung betrachtete, sprang blaffend, nach den Mopfransen schnappend, hinterdrein.

      »So ist es gar nicht richtig. Langsam mußt du moppen.« Diesmal wußte es Suse besser.

      »Ich kann in meiner Stube so moppen, wie ich will«, gab der Bruder patzig zurück und drehte sich nur noch schneller.

      Noch eine hatte sich zu diesem Schauspiel eingefunden – Suses Piccola. Die hielt die grauen Mopfransen, die da so wild durchs Zimmer sprangen, wohl gar für ein Mäuslein, denn sie war noch ziemlich jung und unerfahren. Possierlich setzte sie hinter dem grauen Ding her. Aber das ließ Bubi sich nicht gefallen. Das war sein Spielzeug. Sein kleiner Herr drehte es im Kreise. Er begann feindlich zu knurren, und da das spielerische Kätzchen keine Notiz davon nahm, nach ihm zu schnappen.

      »Jetzt gibst du den Mop aber her, Herbert. Bubi und Piccola zanken sich schon darum. Zum Spielen hat uns Mutti das Ding nicht gegeben. Ich muß mein Zimmer damit sauber machen.« Vergeblich versuchte Suse dem lachend im Zimmer herumfahrenden, Bruder den Mop zu entreißen. Eine regelrechte Balgerei entstand.

      O weh – Suse hielt plötzlich die geölten Stofffransen in der Hand, während Herbert betroffen auf den leeren Holzstiel, den er jetzt nur noch im Kreise drehte, blickte.

      »Du hast ihn entzweigemacht – – –«

      »Nein, du – warum hast du ihn mir nicht gegeben – – –«

      »Und die Fransen hat Bubi ausgerissen – – –«

      »Jawoll, deine Katze mit ihren Krallen – – –«

      »Mutti – Muttichen – komm bloß mal her – der Mops ist kaputtgegangen.« Suse schrie Zetermord.

      »Dummes Ding, brüll' doch nicht so. Ich mach' ihn schon wieder ganz.« Es war dem Herbert doch nicht ganz gemütlich zumute, als er Mutters Schritt auf der Treppe hörte.

      »Ja, Kinder, was ist denn hier los? So weiht ihr den ersten Sonntag im neuen Heim ein? Ist das unser Feiertagsfrieden?« sagte die Mutter, vorwurfsvoll von einem zum andern blickend.

      Piccola zog sich unauffällig in ihr Körbchen zurück. Bubi machte ein völlig unbefangenes Hundegesicht, als ob er ganz unschuldig sei. Herbert hielt der Mutter stumm den leeren Mopstiel entgegen. Suse begann: