Grüwig das Buch. Gabriela Beyeler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gabriela Beyeler
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844200102
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wir abermals zur Kamera griffen und filmten. Wir konnten mit unserem Bus nur noch 30 km pro Stunde fahren, sonst hätte es uns von der Strasse geweht. Wir sahen kleine Sandstürme. An einem Shop hielten wir um Proviant zu kaufen. Als wir am Einkaufen waren, wurde es plötzlich dunkel und die Angestellten kamen mit brennenden Kerzen angelaufen. Wir kauften unter anderem einen neuen Eisblock für unseren Kühlschrank. An einem Strand, sitzend im Bus, beobachteten wir neugierig einen Surfer, der die Gunst der Stunde für einen speziellen Trip nutzen wollte. Doch es war ihm unmöglich, das Segel auch nur für zwei Sekunden aufrecht zu halten. Wie so oft, hielten wir Ausschau nach einer Tankstelle. Wieder vollgetankt, drehte Dieter den Zündschlüssel doch nichts tat sich. Der Motor sprang nicht mehr an, machte keinen Mucks mehr. Gott sei Dank passierte uns das bei einer Garage und nicht irgendwo in der Wildnis! Dieter ging in die nebenan liegende Werkstatt und versuchte mit Gebärden zu erklären, was für ein Problem wir hatten. Dann kam er mit einem Mechaniker im Schlepptau an, der sich um unseren Bus kümmerte. Das Auto lief nach etwa einer Stunde wieder. Beim Ausfüllen des Reparaturscheines gab es so einige Schwierigkeiten, weil wir weder englisch noch französisch sprachen. Wir zahlten so um die 400 Dollar und fuhren erleichtert weiter. Diesmal fuhren wir nicht von Vancouver aus mit der Fähre, sondern kamen vom Süden her auf die Insel, über Victoria. Wir schauten uns das Städtchen mit seinen vielen Sehenswürdigkeiten an. Das Ulkigste, was wir dort unternahmen, war eine Kutschenfahrt mit reichhaltigem Kommentar und Erklärungen des Kutschers, den wir nicht verstanden. Später fuhren wir wieder zu Irene nach Courtenay, mehr oder weniger an der Küste entlang. Wir verbrachten noch einige Tage bei meiner Tante und bereiteten uns in Gedanken auf den Rückflug vor. Ich hatte das Gefühl, dass unser Kind speziell in Kanada enorm gewachsen sei. Wenige Tage vor der Heimreise, sahen wir eine Autoshow sondergleichen. Gepimpte Autos, die in einen präparierten Schlammgraben fuhren, wer am weitesten kam, der hatte schliesslich gewonnen. Autos, an eine Mauer gestellt, deren Motoren aufheulten, bis einem der Wagen der Pneu platzte und dieser somit als Sieger hervorging. Big Cars, die über normale Autos fuhren und diese zu Schrotthaufen verwandelten. Ich beobachtete interessiert die Zuschauer und fragte mich, ob sie wegen der Show kamen, oder wegen des Essens. Einige Male fuhren wir an die „Miracle Beach“ und nahmen einen der Hunde mit. Dieter zeigte grosse Freude am Schäferhund. Weil es in Courtenay und im näheren Umkreis nicht viel zu erleben gab, entschieden wir uns für einen Besuch im Hallenbad. Dafür brauchte ich zuerst ein Badekleid. Die Auswahl für werdende Mütter war sehr gering und so kaufte ich ein hässliches Kleid in Schweinchenrosa mit grünen, winzigen Viereckchen darauf. Dabei kommt mir in den Sinn, dass Dieter in den Restaurants bei der Bestellung immerzu schweizerdeutsch sprach. Die Serviertöchter waren immer sehr verwirrt und hilflos, doch Dieter blieb stur bei seiner Muttersprache. Willi übersetzte dann immerzu, stutzte Dieter zurecht, dass dies so nicht ginge. Während einer Autofahrt nach Courtenay, sahen wir um die Mittagszeit einen Autofahrer vor uns, der plötzlich auf die andere Strassenseite fuhr, einen Strommast touchierte und unbekümmert weiterfuhr, so, als ob nichts passiert wäre. Sein Wagen besass zuvor schon keine Fahrertür mehr, darum stufte der wohl betrunkene Fahrer dieses Missgeschick als nicht relevant ein. Wir beobachteten einige Kanadier dabei, wie sie ihre Autos verliessen ohne den Motor abzustellen und in den Shops einkaufen gingen. Auch wenn sie für geraume Zeit ein Solarium, den Coiffeur oder sonst was besuchten, liessen sie einfach den Wagen draussen brummen. Die Lastwagenfahrer an den Raststätten stellten den Motor ebenfalls nicht ab. Unbesorgt gingen sie pinkeln. In der Zeit des Waldsterbens war das für uns eine Ignoranz gegenüber der Natur und des Menschen.

      Unseren Heimflug erlebten wir reibungslos und angenehm.

      Wieder zu Hause, erschraken wir über den nicht kleinen Schuldenberg auf unserer Visakarte, an dem wir noch lange zu knabbern hatten. Eigen war auch der Drang nach diesen Ferien, immer wieder in Restaurants einkehren zu wollen.

      Vorbereitung auf die zweite Geburt

      Nun war ich schon im achten Monat schwanger. In einer Brockenstube in St.Gallen, fand ich vor Monaten ein Vorbereitungsbuch für die Geburt, zum „Gratis mitnehmen“. Ich beschäftigte mich nun intensiv mit diesem Taschenbuch und übte fleissig die vorgeschlagenen Entspannungsübungen und Atemtechniken. Ich besuchte auch diesmal keinen offiziellen Kurs. Aber ich brachte mir selbst bei, was in diesem schlauen Buch stand. Es stand alles darin, was ich wissen musste, was mit dem Körper während einer Geburt im Detail passierte und Übungen, die mich lehrten trotz Schmerz, mich zu entspannen. Leider schaffte ich es nicht Dieter zu motivieren, auch mal in dem Buch zu lesen. Im achten Monat stellte der Arzt während einer Ultraschalluntersuchung fest, dass das Baby verkehrt herum lag. Um ein Risiko auszuschliessen, wurde mein Becken ausgemessen um einen allfälligen Kaiserschnitt vorzubestimmen. Nach dieser Messung ging ich dann nach Hause und dachte mir, dass eine Geburt durch Kaiserschnitt viel angenehmer wäre. Doch als ich mich ernsthafter damit beschäftigte, stellte ich für mich fest, dass mir eine Narbe am Bauch nicht gefallen würde und ich doch lieber, wenn auch unter Anstrengung normal gebären mochte. Eines Abends, ich strickte vor dem Fernseher, rumpelte es in meinem Bauch und ich konnte fühlen, dass das Baby nun quer lag. Ich war höchst erfreut, getraute mich aber nicht das Baby in irgendeine Richtung zu drängen. ich überliess es dem Kind und hoffte auf Mutter Natur. Beim nächsten Ultraschall stellte man fest, dass sich das Kind nun um 180 Grad gedreht hatte und nun mit Kopf nach unten, richtig im Becken lag. Ich glaube in den letzten sechs Schwangerschaftswochen ging ich nicht mehr arbeiten und genoss das Leben zu Hause. Morgens, nach dem Aufstehen um neun Uhr, schaute ich die Sendung „Dallas“ und schämte mich insgeheim dafür, darum stellte ich die Anfangsmusik immer leise, damit es keiner mitbekommt. Unsere Nachbarin, die über uns wohnte, war eine alte, frustrierte Frau. Warum? Weil sie häufig motzte. Sie geriet sogar in Wallung, als ich an einem Samstagabend einen Wandbehang, den ich übrigens selber knüpfte, aufhängen wollte und einen Nagel einschlagen musste. Da riss die Hexe ihre Wohnungstür auf und schrie: „Seid ihr eigentlich wahnsinnig?!“ Ich öffnete ebenfalls die Wohnungstür und schrie: “ Ja!“ Ich würde es ja verstehen, wenn es sonderlich spät gewesen wäre oder unter der Woche aber nicht an einem Samstagabend um 21 Uhr. Ich schrieb dieser unbeliebten Nachbarin einen anonymen Brief, in dem ich sie beschimpfte. Später fand ich heraus, dass die Frau in der gesamten Nachbarschaft verhasst war. Nicht lange danach zog sie aus, ob das die Wirkung meines Briefes war, kann ich nicht beurteilen. Dieter und ich fanden ein neues Hobby. Vergnügt spielten wir fast jeden Abend miteinander Schach. Der Geburtstermin rückte immer näher und ich wurde so langsam nervös, weil ich doch wusste, was mich erwartete. Am 31. Juli, einem wunderschönen Sommertag, sonnten wir uns zusammen mit Walter und Silvia an Thur. Dort verabredeten wir uns auf den nächsten Tag. Wir wollten die Augustfeier zusammen verbringen und auf Silvia`s und Walter`s Balkon feines Fleisch grillieren. Mitten der Nacht erwachte ich im Bett wegen eines komischen Gefühls. Ich stieg schnell aus den Federn und setzte mich schleunigst aufs nahe gelegene WC. Ich stellte schnell fest, dass ich nicht normal Wasser löste, sondern mir das Fruchtwasser auslief. Ich weckte Dieter und meldete mich telefonisch im Spital Münsterlingen. Sie rieten mir, dass ich in den nächsten Stunden kommen solle, mich aber nicht beeilen müsse. Ich stand in der Küche und war so aufgeregt. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, denn ich wusste nur zu gut, was in den nächsten Stunden auf mich zukam. Ich spürte noch keinerlei Wehen, aber ich wusste, dass wenn zu viel Fruchtwasser auslief, es für das Ungeborene gefährlich werden konnte in Sachen Nabelschnur. Darum beschloss ich, dass wir uns auf den Weg machten. Als wir ankamen, empfing uns eine sehr nette Hebamme und gegrüsste mich mit einen Einlauf, in einem der Vorzimmer. Mittlerweile registrierte ich gut verträgliche Wehen. Als sie fast die ganze Flüssigkeit eingelassen hatte, würgte es mich plötzlich und schnell nahm sie ihren Schlauch aus meinem Allerwertesten. Ich stürzte mich ins gleich daneben befindende WC. Nur gut, dass ich nichts im Magen hatte, sonst hätte ich oben und unten flüssiges von mir gegeben. Als Belohnung kam ich in ein schönes Gebärzimmer. Kein Vergleich mit dem Zimmer in Herisau. Ich lag nun dort auf dem Bett und mir wurde der Gurt für die Wehenkurven und Herzüberwachung des Babys angelegt. Ich beobachtete die Kurven auf dem Papierstreifen und stellte fest, dass mein Empfindungen mit der Höhe der Kurven nicht immer übereinstimmte. Dieter massierte mir mit Können meinen schmerzenden Rücken. Er konnte den Schmerz regelrecht wegdrücken. Ich übte schon bei den weniger starken Kontraktionen meine einstudierte Atemtechnik. Nach Stunden, als es schrittchenweise vorwärts ging, fragte mich die Hebamme, ob ich eine Entspannungsspritze wolle und ich dachte, naja, wieso