Es gibt kein Verzeihen. Ernst Meder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ernst Meder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844285703
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vor etwa einer viertel Stunde.

      Der Beamte zog die Augenbrauen hoch, weshalb hat es lange gedauert mit der Meldung.

      Na, weil ich zuerst gekotzt habe, dabei zeigte ich auf die noch sichtbaren Spuren meiner unfreiwilligen Ausgabe.

      Inzwischen hatte Waldemar mitbekommen, dass sich eine fremde Person an seine Beute heranwagte. Nun begann er zu zeigen, dass der Fund ausschließlich ihm gehörte, ein fremder Dritter nichts da zu suchen hatte. Die Lautstärke seines Protests hatte inzwischen so zugenommen, dass der Polizist meinte, wollen Sie nicht zuerst ihren Hund beruhigen.

      Waldemar aus, der Befehl musste mehrfach auf den Hund einprasseln bis dieser ihn beleidigt ansah, sich dann wieder hinlegte, wobei er ihm das Hinterteil zuwandte.

      Das Bellen des Hundes aber auch das sich immer noch drehende Blaulicht hatte die Neugierde einiger Anwohner geweckt, die sich das Schauspiel inzwischen vom Balkon oder versteckt hinter Vorhängen ansahen. Auf Fragen der Anwohner, was denn da los sei, reagierten die Beamten nicht, während Wolfgang dem Beamten in Kürze den gesamten Vorfall schilderte.

      Zwischenzeitlich hatte der zweite Beamte die Haltestelle erreicht, wo er die Tüte erblickte, die leicht geöffnet hinter der Bank lag. Genauso wie Wolfgang kniete er sich auf die Bank, beugte sich nach vorne um einen Blick in die Tüte werfen zu können. Kurz darauf kam er bleich aus dem Wartehäuschen, hielt kurz inne, um zu erfassen, was er soeben gesehen hatte. Dann kam er auf sie zu, wobei er sich die Hand an den Magen drückte.

      Gepresst sagte er zu seinem Kollegen, das ist etwas für die Mordkommission, ich werde anrufen und Bescheid sagen, damit die einen Wagen schicken. Also rebellierte nicht nur bei mir der Magen oder reagierte empfindlich, wenn er etwas Derartiges zu sehen bekam.

      Eigentlich kann ich doch nach Hause gehen, oder, meine Adresse haben Sie, wenn Sie noch Fragen haben, wissen Sie, wo ich zu erreichen bin.

      Ja, bleiben Sie aber zu Hause, es könnte sein, dass sich die Mordkommission noch heute bei Ihnen meldet.

      Bevor dieser es sich anders überlegen konnte, winkte ich noch schnell Gotthilf zu, der sich immer weiter in den Eingang zurückgezogen hatte. Umgehend holte ich Waldemar, der es sich inzwischen wieder überlegt hatte, jetzt war er gerade nicht mehr beleidigt.

      Zu Hause angekommen stürzte sich Elke natürlich zuerst auf Waldemar. Sie drückte und herzte ihn, küsste ihn ab, dazu rief sie mit ekstatischer Stimme, dass du wieder da bist, ich bin ja so froh. Ehe er noch überlegen konnte, ob er besser das Weite suchen sollte, wandte sie sich doch an ihn. Wo warst Du so lange, kannst Du dir nicht denken, dass ich mir Sorgen um Waldemar mache. Als sie sein entgeistertes Gesicht bemerkte, drückte sie ihm einen Kuss auf die Wange, komm mit und erzähle.

      2. Kapitel

      Seine miese Laune war in seinem Gesicht ablesbar, trotzdem stieg er langsam aus dem Auto. Mit einem Blick, dem man ansah, dass er in seinem beruflichen Leben schon einige schreckliche Dinge gesehen hatte, blickte er sich um. Es dauerte nur einen Augenblick der Orientierung, bis er wusste, wo sich das Fundstück befinden musste. Er trottete auf den uniformierten Beamten zu, dann blickte er zu dem Fahrzeug der KTU, welches allein und verlassen etwa zwanzig Meter von der Bushaltestelle am Straßenrand parkte. Bevor er noch seine Frage an den Beamten richten konnte, klang es in seinem Rücken, wenn Du das entlaufene Bein suchst, das befindet sich hier.

      Die Stimme kannte er, hätte sie aus tausend anderen herausgehört, sie gehörte zu einem der wenigen guten Bekannten, die er kannte, dem Aufschneider. Gerald knurrte er, während er sich umdrehte, hat man Dir auch einen Sonntagsdienst aufgebrummt. Er sah zu dem Pathologen Dr. Gerald Nagel, der seinen Kopf gerade aus dem Häuschen der Haltestelle herausstreckte, um ihm zu zeigen, wohin er kommen sollte.

      Als er dort ankam, sah er den Fotografen der KTU, der Bilder von allem machte, was sich nicht bewegte. Dabei wurde er von einer weiteren Beamtin unterstützt, die in ihrem weißen Einweganzug und den Handschuhen wie ein Marsmännchen aussah. Sie hielt gerade die Mülltüte so weit geöffnet, dass der Fotograf seine Bilder machen konnte, ohne die Stellung des Beins zu verändern.

      Während der Fotograf ihn ignorierte, wahrscheinlich fühlte er sich als Künstler, nickte sie ihm stumm zu. Angestrengt versuchte sie, gerade so weit zurückzuweichen, damit sie nicht aus Versehen mit auf dem Bild verewigt wurde. Während er seine Kameraausrüstung einpackte, sprach sie, mehr ins Leere als zu ihm, die Fingerabdrücke können wir uns sparen, hier sind vielleicht mehrere Hundert Abdrücke, die sowieso keinen interessieren.

      In der Zwischenzeit begrüßten sich Dr. Gerald Nagel, der sein bisheriges Leben in der Gerichtsmedizin verbracht hatte und Gerhard Melzer, Hauptkommissar der Mordkommission, in die er nach dem Fall der Mauer gewechselt war. Es war seine persönliche Wende, die er vollzogen hatte, nachdem die Mauer gefallen war. Seine bisherige Tätigkeit in der Mordkommission im ehemaligen Ostberlin hatte ihn nicht mehr befriedigt. Noch fühlte er sich jung genug um den Wechsel zu wagen, jung genug um sich auf die Veränderung zu freuen.

      In der Hauptsache beruhte sein Wunsch nach Versetzung auf persönlichen Gründen die ihn bewogen hatten sich in die Dienststelle der LKA1 in die Keithstraße versetzen zu lassen. Inzwischen war sie für beide Teile der Stadt zuständig, obwohl das Zusammenwachsen in vielen Bereichen weniger reibungslos verlief. Als er damals seinen Entschluss seinem Vorgesetzten mitteilte, sorgte dies für Unruhe nicht nur in der damaligen Dienststelle, sondern auch in der künftigen.

      Das Gejammer der alten Sturköpfe, die den alten Zeiten nachweinten, wo ausschließlich der Parteisekretär über Beförderung und Karriere bestimmte, während die persönliche Qualifikation bereits im Vorraum des Parteibüros verkümmerte. Aber auch in der neuen Dienststelle, wo man ihn mit Skepsis empfing, wurde er als Ossi nur bedingt als Ermittler wahrgenommen. Meist betrachtete man ihn offen als Anfänger, dem die Grundlagen der Polizeiarbeit erst noch vermittelt werden mussten.

      Seinem damaligen Vorgesetzten hatte er es zu verdanken, dass seine Arbeit endlich so wahrgenommen wurde, wie sie tatsächlich ablief. Während er als Mitläufer von unfähigen Plattfüßen der Lösung des Falls oft sehr nahe war, begannen diese endlich, die entscheidenden Fragen zu stellen.

      Diesem Vorgesetzten hatte er es auch zu verdanken, dass er endlich als leitender Ermittler arbeiten konnte. Die Bestätigung seiner mutigen Entscheidung, gegen Widerstände lang gedienter Beamter, sollte sich in den nächsten Jahren an der außergewöhnlich hohen Aufklärungsquote ablesen lassen.

      Trotzdem hatte er, unabhängig seiner nachweisbaren Erfolge, mit den Vorurteilen der alten Wessis zu kämpfen, die nicht verstehen konnten, dass auch andere Polizisten strukturiert arbeiten konnten. Seine Erfolge brachten seine Kritiker zwar zum Verstummen, erhöhte jedoch die Zahl der Personen, die mussmutig jeden seiner gelösten Fälle sezierten, um ihm Fehler nachzuweisen.

      Viele Freunde hatte er im Laufe der Jahre nicht gewonnen, den Respekt von neuen Kollegen jedoch mühsam erkämpft. Der Wechsel der Kollegen, die Alten verabschiedeten sich nach und nach in den Ruhestand, während neue Kollegen aus den unterschiedlichsten Abteilungen in das LKA1 wechselten. Mit weniger Vorurteilen belastet, waren diese vorurteilsfreier bei der Zusammenarbeit und sich das Verhalten untereinander änderte sich.

      Trotzdem war es ihm in all den Jahren nicht gelungen Freundschaften zu schließen außer mit ihm, dem Aufschneider, mit dem er sich irgendwie zusammengerauft hatte. Seit ein paar Jahren trafen sie sich sporadisch in seiner Stammkneipe, um, wie seine Frau immer behauptete, sich volllaufen zu lassen.

      Eigentlich ist es völlig unsinnig dass ich hierher kommen musste, meinte dieser gerade mürrisch, eigentlich hätte es doch gereicht, wenn man mir den Müllsack gebracht hätte. Zynisch fuhr er fort, oder soll ich jetzt schon an Gliedmaßen eine Obduktion vornehmen.

      Beruhigend fragte Melzer, einer muss mir doch sagen ob dieses Teil von einem Mann oder von einer Frau.

      Hier unterbrach Nagel ihn, als er trocken ergänzte, das hättest Du selbst sehen können, so behaart kann das Bein nur zu einem Mann oder zu einem Reh gehören.

      Sieh es Dir trotzdem an, was mich stört, ist, dass nirgends ein Blutfleck zu sehen ist, zudem wäre das Alter des Beins