Weihnacht!. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783746747477
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was mir als unumstößlicher Beweis dafür diente, daß es ihm völliger Ernst mit seinem Versprechen war. Ich will übrigens gleich jetzt und im voraus bemerken, daß, wie meine lieben Leser später auch selbst noch sehen werden, er dieses Versprechen stets gehalten hat.

      Ich nahm die mir dargereichte Hand, schüttelte sie ihm herzlich und sagte:

      »Es freut mich, daß du die Lehre, welche du erhalten hast, beherzigen willst. Die Virginias wachsen nicht für Knaben, sondern nur für erwachsene Männer auf den Tabaksbäumen Österreichs.«

      »Du nennst mich, deinen Busenfreund, einen Knaben?!«

      »Ja.«

      »Und denkst wohl aber, du selbst seist ein Mann?«

      »Ja.«

      »Wohl etwa nur darum, weil die Cigarren dich nicht elend gemacht haben wie mich?«

      »Ja, denn es war eine höchst männliche Selbstbeherrschung von mir, daß ich dieses Kraut des Teufels mäßig genossen habe, während du grad wie ein kölner Funke geräuchert und gestopfholzt hast.«

      »Dafür hast du aber mehr Wein getrunken als ich!«

      »Weil ich merkte, daß ich ihn vertragen konnte!«

      »Ja, leider bist du in dem glücklichen Besitze eines Magens, dem es ganz gleichgültig ist, ob er jetzt drei volle Tage hungern und gleich darauf einen ganzen Berg voll Kieselsteine, Beißzangen und Ofengabeln verdauen muß! Das ist aber gar kein Beweis der Männlichkeit, mit welcher du dich brüstest. Wer einen Knaben seinen Busenfreund nennt, ist selbst noch ein Knabe; das merke dir. Nicht du selbst bist mir über, sondern nur dein Magen ist besser als der meinige; das ist die ganze, bevorzugte Stellung, welche du in der heutigen Weltgeschichte einnimmst.«

      »Mein Sohn, ich habe dich vor den Folgen des Tabaks gewarnt, und wer einen andern Menschen warnt, der beweist damit, daß er ihm über ist. Ich habe sogar jetzt wieder eine Warnung, eine sehr ernste, eindringliche und berechtigte Warnung auf den Lippen.«

      »Welche?«

      »Bist du bereit, sie zu vernehmen?«

      »Ja.«

      »Und wird deine Moralität auch kräftig genug sein, sie zu beherzigen?«

      »Ich hoffe es.«

      »So sage mir: Wie lautet das siebente Gebot, mein lieber Sohn?«

      »Du sollst nicht stehlen,« antwortete er ernsthaft, als ob er ein Examen zu bestehen hätte. »Hältst du mich etwa für fähig, ein Dieb zu sein?«

      »Ja.«

      »Mensch, ich fordere dich!«

      »Das ändert nichts an der Sache. Wer moralisch so heruntergekommen ist, daß er bayrische Cigarren nach Böhmen schmuggelt, der ist jeder Schandthat fähig.«

      »Also du auch, mein ehrwürdiger Vater! Kannst du mir beweisen, daß ich schon einmal gestohlen habe?«

      »Ob ich das kann, ist hier gleichgültig; die Hauptsache ist, daß du höchst wahrscheinlich heut in der Nacht gestohlen haben wirst, ehe der Hahn zum drittenmal kräht.«

      »So sage mir doch endlich, was mich reizen soll, eine solche Sünde gegen dein bescheidenes Eigentum zu begehen!«

      »Ich spreche nicht von meinem, sondern von dem Eigentume unsers hochherzigen Gastgebers Franzl. Schau um dich, und schau über dich! Wende ganz besonders deinen Blick nach oben!«

      »Ach, jetzt verstehe ich!« lachte er.

      »Lache nicht, oh du mein armes Schmerzenskind! Wer bei dem Gedanken an die Sünde so leichten und fröhlichen Herzens sein kann, wie du bist, der ist ihr bereits verfallen. Du hast weder am Mittag noch am Abend etwas gegessen; es wird die Pein des Hungers über dich kommen und dich aus dem Schlafe wecken. Wenn du dann den erquickenden Duft der Fleischer-, Schlächter-, Selcher- und Wurstler-Gilde verspürst und dein geistiger Blick sogar zu gleicher Zeit nach jenen lieblichen Kuchenschragen gerichtet wird, so steht dir die schwerste Versuchung nahe, da in jeder Wurst ein Satan wohnt und der oberste der Teufel die Gewohnheit hat, grad die frömmsten Herzen mit geräuchertem Schinken zu bombardieren. Es ist meine Pflicht, dich zu warnen; nun sorge du dafür, daß meine wohlgemeinten Worte nicht auf den Felsen oder unter die Dornen fallen, wo sie nicht aufgehen und Früchte tragen können! Halte fest an deiner Pflicht, und bleibe ein ehrlicher Mensch! Und nun Gutenacht, mein teurer Sohn!«

      »Gute Nacht, lieber Urgroßvater! Willst du dich wirklich schon schlafen legen?«

      »Ja, denn es ist für die Gesundheit stets besser, der Nachtwächter zu sein, der die Nachtwacht in der Vormitternacht gewacht gehabt hat, als der Nachtwächter, der die Nachtwache in der Nachmitternacht gewacht gehabt hat. Auch das kannst du dir merken!«

      »Ich wollte dich nur fragen, ob ich unsers Geldes wegen die Thür verriegeln soll?«

      »Thue es, oder thue es nicht; das ist ganz egal, da wir nicht wissen, ob sich hier im Zimmer oder außerhalb desselben die gefürchteten diebischen Gelüste regen werden.«

      »Hast du Zündhölzer bei dir?«

      »Ja, ein ganzes Päckchen und das Fläschchen dazu.«

      »So lege sie dir zu Hand! Ich werde zwar zuschließen, aber man weiß nicht, ob es fest genug ist. Schläfst du rechts oder links?«

      »Auf beiden Seiten, denn ich pflege mich öfters umzudrehen.«

      »Ich meine, in welchem Bette du schlafen willst!«

      »Jedenfalls nicht in dem, in welches du dich legen wirst.«

      »Schrecklicher Mensch! Ich nehme das hier rechts.«

      »Wo grad die schönsten Würste darüber hängen? Nein, mein Sohn, das nehme ich. Leg du dich in das andere; da ist der Himmel leer!«

      »Höre, Sappho, ich glaube, daß du mich vor dem Diebstahle gewarnt hast, nur um ihn selbst zu begehen!«

      »Das beweist, daß du mit Muhammed, der auch einen falschen Glauben gepredigt hat, auf der gleichen Stufe stehst. Nun aber laß mich ruhen! Nochmals Gutenacht!«

      »Gute Nacht, edler Meergreis; Schlaf wohl!«

      Ich löschte das Licht aus, setzte es auf meinen Stuhl und legte mich nieder. Als ich grad am Einschlafen war, hörte ich Carpios Stimme:

      »Höre, ob sie es wohl abgeben wird?«

      »Was?«

      »Nun, mein Empfehlungsschreiben.«

      »Ach so! Ja, wo lebt denn dein Verwandter?«

      »Das weiß ich nicht.«

      »Was ist er?«

      »Das weiß ich nicht.«

      »Wie heißt er?«

      »Das weiß ich nicht.«

      »Höre, lieber Freund, wenn dein Verwandter etwa nur in deiner Phantasie zu suchen ist, so war es eine Schlechtigkeit von dir, dieser armen Frau weiszumachen, daß – –«

      »Schweig!« unterbrach er mich. »So ein Halunke bin ich natürlich nicht. Mein Verwandter existirt wirklich, aber nur für solche Leute, für welche ich ihn existiren lassen will.«

      »Also für mich nicht?«

      »Nein.«

      »Für andere Mitschüler, wie ich erfahren habe, auch nicht?« »Nein.«

      »Danke!«

      »Bitte! Fühlst du dich etwa beleidigt?«

      »Natürlich! Das nennt sich Busenfreund!«

      »Hm! Sappho, ich will dir etwas sagen: Ich habe einen guten Grund, gewisse Menschen nicht über diesen meinen Verwandten aufzuklären.«

      »Wer sind diese gewissen Leute?«

      »Alle Personen männlichen Geschlechtes, welche ungefähr