Da staunt der Chef - Teil 1. ZEIT ONLINE. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: ZEIT ONLINE
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844262582
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gibt der Jurist Ulf Weigelt in der Arbeitsrechtskolumne.

       VON ULF WEIGELT

      Ich habe bald ein Vorstellungsgespräch und Angst vor der Frage, ob ich mich parallel bei der Konkurrenz um einen Ausbildungsplatz beworben, und ob ich dort auch am Auswahlverfahren teilgenommen habe. Muss ich die Wahrheit sagen oder darf ich lügen? Und darf eine Firma überhaupt einem anderen Unternehmen Auskunft geben, wer sich beworben hat?, fragt Michael Meister. Sehr geehrter Herr Meister,

      Arbeitgeber stellen Bewerbern häufig bei Vorstellungsgesprächen unbequeme Fragen. Doch Sie müssen längst nicht alle auch beantworten. Das Arbeitsrecht unterstützt nämlich generell das Interesse der Bewerber, ihre Persönlichkeitsrechte zu wahren.

      Deshalb unterscheidet das Arbeitsrecht zwischen zulässigen und unzulässigen Fragen. Zulässige Fragen müssen Bewerber wahrheitsgemäß beantworten. Tun sie dies nicht, kann der Arbeitgeber später den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB anfechten. Bei unzulässigen Fragen sind Bewerber nicht zur Wahrheit verpflichtet.

      Zum Beispiel sind Fragen zu Ihrer Person und Ihrem beruflichen Werdegang zulässig, sofern ein berechtigtes Informationsinteresse besteht. Grundsätzlich unzulässig ist die Frage nach einer Schwangerschaft. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ist diese Frage nicht einmal mehr dann zulässig, wenn die Arbeitnehmerin auf bestimmte Zeit eingestellt werden soll und deshalb feststeht, dass sie während eines wesentlichen Teils der Vertragszeit nicht wird arbeiten können. Auch ist die Frage nach einer Behinderung zum Beispiel nur zulässig, wenn diese die vorgesehene Tätigkeit beeinträchtigt. Entsprechend sind auch Fragen nach einzelnen Erkrankungen nur beschränkt erlaubt. So ist die Frage nach einer ansteckenden Krankheit, die Kollegen und Dritte gefährden könnte, eine zulässige Frage. Nicht zulässig ist jedoch die Frage nach einer HIV-Infektion, wenn dadurch die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers nicht gemindert ist.

       Zu Ihrer Frage: Sie müssen die Frage nach einer parallelen Bewerbung bei einem Konkurrenzunternehmen nicht wahrheitsgemäß beantworten. Denn diese Frage fällt unter das verfassungsrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht und geht das Unternehmen schlichtweg nichts an. Die Frage ist daher nach diesseitiger Rechtsauffassung unzulässig. Die Unzulässigkeit einer Frage führt alsdann dazu, dass Ihnen zugebilligt wird, diese Frage falsch zu beantworten, um durch ein bloßes Schweigen den Vertragsabschluss nicht zu gefährden.

      Schließlich dürfen auch die Unternehmen aus Datenschutzgründen nicht Informationen über ihre Bewerber untereinander weitergeben.

      Ihr Ulf Weigelt

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      Arbeitsrecht

      Müssen sich Betriebsräte beim Chef abmelden?

      Der Betriebsrat tagt wöchentlich. Müssen die Betriebsratsmitglieder den Arbeitgeber über die Dauer ihrer Sitzung informieren? Antwort gibt die Arbeitsrechtskolumne.

       VON ULF WEIGELT

       Muss ich mich als Betriebsrat wirklich bei meinem Arbeitgeber abmelden, wenn ich während meiner Arbeitszeit Betriebsratsaufgaben erledige?, fragt Manfred Beck.

      Sehr geehrter Herr Beck,

      Sie sind generell verpflichtet, sich bei Ihrem Arbeitgeber abzumelden, wenn Sie Ihre Arbeit aufgrund von Betriebsratsaufgaben unterbrechen und der Arbeitgeber Ihre Arbeitsaufgaben umorganisieren muss. Zudem sind Sie auch verpflichtet, Ihrem Arbeitgeber die voraussichtliche Dauer dieser (Betriebsrats-)Tätigkeit mitzuteilen.

      Der Grund: Ihr Arbeitgeber muss die Möglichkeit erhalten, Ihren Arbeitsausfall überbrücken oder anders organisieren zu können. Die Pflicht, sich beim Arbeitgeber abzumelden, wenn während der Arbeitszeit die geschuldete Arbeitsleistung nicht erbracht wird, trifft alle Arbeitnehmer gleichermaßen. Wir Juristen bezeichnen sie als eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht.

      Ist die Arbeitsunterbrechung nicht absehbar (weil beispielsweise ein Kollege unangemeldet Ihren Rat unaufschiebbar benötigt) oder nur von kurzer Dauer (z.B. ein Gespräch von einigen, wenigen Minuten), müssen Sie sich nicht bei Ihrem Arbeitgeber abmelden. In solchen Fällen muss Ihr Arbeitgeber Ihre Arbeit nicht umverteilen, da Sie nach einer kurzen Unterbrechung diese wieder aufnehmen werden. Ihr Arbeitgeber kann in solchen Fällen allerdings nachträglich von Ihnen verlangen, dass Sie die Dauer der Arbeitsunterbrechung mitteilen.

      Allerdings gibt es immer wieder zwischen Arbeitgebern und Betriebsratsmitgliedern rechtliche Auseinandersetzungen bezüglich der Abmeldepflicht. Deshalb ist die Meldepflicht generell nicht zu verneinen oder zu bejahen. Vielmehr hängt sie von den Umständen des Einzelfalls ab.

      Warum aber Streit mit dem Arbeitgeber provozieren, wenn ein Betriebsratsmitglied absehen kann, wie lange seine Arbeitsunterbrechung dauert? Was spricht dagegen, den Arbeitgeber kurz in einer Mail oder mündlich mitzuteilen, dass man sich aufgrund einer Betriebsratsaufgabe vom Arbeitsplatz entfernt? Sie riskieren ansonsten unnötig eine Abmahnung, wenn nachweislich arbeitsvertragliche Pflichten verletzt werden.

      Ihr Ulf Weigelt

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      Arbeitsrecht

      Wann endet die Ausbildung?

      Kann eine Lehre enden – obwohl der Termin für die Abschlussprüfung noch gar nicht stattgefunden hat? Antwort gibt Ulf Weigelt in unserer Arbeitsrechtskolumne.

       VON ULF WEIGELT

       Stimmt es, dass die Lehre eines Auszubildenden enden kann, obwohl die Ausbildung tatsächlich noch nicht abgeschlossen ist?, fragt Gerd Reihser.

      Sehr geehrter Herr Reihser,

      ich vermute, Sie spielen auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes an ( 9 AZR 494/06 vom 13.3.2007). In diesem Fall wurde ein Ausbildungsvertrag mit der Laufzeit vom 15. Oktober 2001 bis 14. Oktober 2004 vereinbart. Obwohl die zuständige Industrie- und Handelskammer (IHK) diesen Vertrag durch den Eintrag in das Verzeichnis der Ausbildungsverträge bestätigte, setzte sie den Termin für die Abschlussprüfung "erst" auf den Winter 2004 an.

      Da die Prüfung erst am 29. Januar 2005 abgeschlossen wurde, der letzte Ausbildungstag laut Vertrag aber der 14. Oktober 2004 war, zahlte das Unternehmen die Ausbildungsvergütung nicht über den 14. Oktober 2004 hinaus. Die Auszubildende allerdings wollte bis zum Prüfungsende ihre Ausbildungsvergütung erhalten. Sie reichte Klage beim Arbeitsgericht ein und erhielt zunächst erstinstanzlich Recht. Das Bundesarbeitsgericht hob dieses Urteil jedoch zugunsten des Ausbildungsbetriebes auf. Das Ausbildungsverhältnis endete tatsächlich am 14. Oktober 2004 und eine Weiterzahlung der Vergütung war nicht nötig.

      Grund: Auch wenn noch keine Abschlussprüfung absolviert wurde, enden mit dem im Arbeitsvertrag angegebenen Ausbildungsende auch die Pflichten des Unternehmens – und dazu gehört auch die Zahlung der Ausbildungsvergütung.

      Wichtig: Der Auszubildende sollte nach dem Vertragsende und vor der Abschlussprüfung nicht mehr im Unternehmen tätig sein. Ist dies doch der Fall, kann daraus unter Umständen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Lohnzahlung entstehen. Das Problem wird also dann nur "rechtlich verlagert".

      Mein Rat: Ich würde in solch einem Fall sowohl dem Unternehmen als auch dem Auszubildenden raten, den Ausbildungsvertrag nachträglich schriftlich anzupassen und die Ausbildung mit der Abschlussprüfung enden zu lassen,