Satirische Sketche. Paul Lammers. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Paul Lammers
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844262698
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fährt. Und obwohl es in Osselröde ein Krankenhaus gibt, muss der Krankenwagen wegen einer Umleitung einen längeren Weg über eine Bundesstraße nehmen.

      Mit extrem hoher Geschwindigkeit fährt der Krankenwagen über die Bundesstraße, als aus entgegengesetzter Richtung ein Reisebus kommt.

      Aus unerklärlichen Gründen schleudert der Reisebus hin und her. Der Fahrer des Krankenwagens tritt auf die Bremse, doch der Reisebus ist schon so nahe, dass sich beide Fahrzeuge streifen. Die Funken sprühen und der Krankenwagen dreht sich wie ein Kreisel. Dabei springen die Hintertüren auf und der Kommissar schießt auf seiner Tragbahre wie ein Fernlenkgeschoss in einen Graben voller Froschlaich. Das Kreischen von Blech ist in der ganzen Umgebung zu hören.

      Zur gleichen Zeit rutscht der Reisebus mit brachialer Gewalt in den Grünstreifen. Im Reisebus brennen alle Lichter und im hellen Schein erkennt man eine Travestie-Gesellschaft, die unterwegs ist zu einem Treffen. Durch das plötzliche Manöver und den darauffolgenden Schrecken, sind bei den meisten Männern die künstlichen Brüste auf den Rücken gerutscht und auch ihre Perücken haben sich von hinten nach vorne gedreht.

      Der Krankenwagen-Besatzung ist noch ein wenig schwindlig, doch schon sind sie dabei, den Kommissar aus seiner misslichen Lage zu befreien. Ganz grün von all dem Froschlaich fängt der Kommissar an zu fluchen wie ein Pferdekutscher, als sich auch einige Travestiedarsteller die Sache mal ansehen. Andere Verkehrsteilnehmer versuchen mit Lichtsignalen, näherkommende Fahrzeuge zu warnen. Mittlerweile ist auch schon die lokale Presse vor Ort und macht Bilder von dem ganzen Geschehen.

      "So ein grünes Kleid hatte ich auch mal, weißt du noch?", sagt eine der Drag Queens.

      "Deins war glaub ich ein wenig heller", antwortet ein anderer.

      "Verdammt noch mal, so ein Scheißdreck … da wäre ich doch beinahe ertrunken", schreit der Kommissar, als die beiden Sanitäter ihn auf seiner auch ganz grünen Tragbahre über die Straße ziehen, wo auch schon ein anderer Krankenwagen angefahren kommt.

      Natürlich wird auch die Polizei verständigt. Und die kommt auch, aber nicht mit heulenden Sirenen, sondern auf einem Fahrrad in der Gestalt des Polizeimeisters Funke.

      Funke auf seinem Fahrrad aber, erschrocken von dem Anblick der verschiedenen Drag Queens mit auf dem Rücken hängenden Brüsten, fährt direkt in den Graben voller Froschlaich.

      Alles in allem ist es ein Schauspiel, wovon die Presse sonst nur träumt — besonders, als dann die Drag Queens versuchen, Polizeimeister Funke aus dem Graben zu ziehen.

      Albträume sind es aber nur für Kommissar Meyer und den Polizeimeister Funke, als die beiden am nächsten Tag nebeneinander im Krankenzimmer liegen und auch beide dieselbe Zeitung lesen. Der Kommissar trägt eine übergroße Windel und Polizeimeister Funke hat beide Beine im Gipsverband.

      Wir sehen auf der Titelseite der lokalen Zeitung die Schlagzeilen eines humorvollen Redakteurs: DER KOMMISSAR UND DAS TRAVESTIE-TREFFEN. Darunter ein Foto mit einem äußerst grünen Kommissar Meyer auf seiner Tragbahre und dahinter mehrere Herren in Damenkleidung, mit Brüsten auf dem Rücken und derangierten Haaren im Gesicht.

      Die heutige Aufdringlichkeit

      Ein Mann trifft sich auf ein gemütliches Beisammensein. Der Mann wirkt irgendwie nervös, aber die gute Gastgeberin versucht ihn ein wenig zu beruhigen. Überall im Wohnzimmer stehen Leute und plaudern miteinander.

      "Gestern habe ich einen herrlichen Spaziergang im Wald gemacht und die Blumen und Pflanzen genossen", sagt die Gastgeberin zu dem Mann.

      "Letzte Woche waren beim Supermarkt die Blumen auf niedrigstem Preisniveau", unterbricht er die Gastgeberin.

      "Hm, wie gesagt … ich war im Wald und die Vögel, die fröhlich zwitscherten … ", sprach die Gastgeberin weiter.

      "Für 50 Euro gibt's im Tierladen einen Kanarienvogel", sagt der Mann.

      "Schön … aber die Gemütlichkeit im Wald … man riecht es, man möchte sich im Gras hinlegen … "

      "Beim Bettenlager gibt's Rabatt auf die Betten."

      Die Gastgeberin tut, als ob Sie ihn nicht hört, und plaudert einfach weiter. "Keine rasenden Autos, nur erhabene Ruhe, weit weg vom Alltag … "

      "Die Autopreise sind im letzten Jahr gestiegen, das sah ich im Fernsehen."

      "Die Rinder grasten auf der Wiese … "

      "Rinderbraten gibt's gerade im Angebot."

      "Die Blätter an den Bäumen, die mit dem Sonnenlicht spielten … "

      "Unter meiner Nase … noch heuten Morgen … in einer Anzeige: Sonnenbanken zum halben Preis."

      "Die Zweige, die sich im Winde wiegten, und die Menschen, die das schöne Wetter genossen … "

      "Im Internet gab es ein Angebot für die Karibik — Mann, das war billig."

      "Bächlein, die sich schlängelnd durch den Wald bewegten, und in denen sich eine Anzahl von verschiedenen Fischen befanden … "

      "In einem Prospekt sah ich Fischfilet im Angebot."

      "Selbst der Regen im Wald hat etwas Besinnliches, als ob man gereinigt wird."

      "Regenschirme sind überall erhältlich."

      "Die Mutter mit ihrem Kind auf den markierten Wanderwegen … "

      "Wenn Kinder sich mal verlaufen, ist ein Handy sehr wichtig."

      "Die absolute Ruhe, die die Hast und die Aufdringlichkeit der heutigen Zeit mal zu mäßigen weiß … ", erwähnt die Gastgeberin.

      "Beruhigungsmittel gibt's in letzter Zeit beim Apotheker zum halben Preis", ruft der Mann.

      "Genau … schlucken Sie davon mal ein paar, machen Sie einen richtigen Spaziergang durch den Wald und lassen Sie diese verrückte Welt mal sein, wie sie ist … denn ihnen ist kaum noch zu helfen", antwortet die Gastgeberin.

      Darauf schließt Sie sich den anderen Gästen an und er steht da und macht große Augen.

      Kommissar Meyer und das Geschenk

      Es ist Abend und ein verliebtes Paar sucht sich einen stillen Platz, an dem sie die Liebe praktizieren können. Durch ein halb offenstehendes Fenster eines Autos öffnen sie einfach die Tür und legen sich auf den Rücksitz.

      Kommissar Meyer aus Osselröde ist in letzter Zeit ziemlich angespannt und schluckt deswegen jeden Tag Pillen zur Muskel-Entspannung, als sei es Brausepulver. Mehr oder weniger geht er seitdem wie ein nasser Lappen durch das Leben. Wobei angemerkt sei, dass ihm bei vielem mehr und mehr das Kotzen kommt.

      Seine Frau, die sich Sorgen um ihren Mann macht, ist gerade am Telefon und spricht mit einer Freundin. "Hmm, ich habe zu ihm gesagt, du solltest mal zum Doktor gehen", sagt sie, während sie ihren Mann beobachtet, der im Stuhl schläft. "Nein, bei der Untersuchung kam nichts heraus … nur, dass das mit dem Kotzen immer abends passiert … worauf er zum Doktor gesagt haben soll: Das kommt bestimmt von dem kommerziellen Fernsehen abends, denn das wäre ja zum Kotzen, ständig Arsch- und Titten-Beiträge in der Bildröhre." Sie hört auf zu telefonieren und weckt ihren Mann. "Nun, wie steht‘s? Du sollst doch heute Abend deiner Schwester ihr Geschenk bringen", sagt sie zu ihm.

      Er wird langsam wach: "Geschenk? … Geschenk … ach, natürlich … na klar. Er kratzt sich am Kopf. "Aber hoffentlich finde ich ihre neue Adresse?"

      "Ja hoffentlich, übrigens — wie steht es mit dem Gestank im Auto, nachdem sich der Geruch deiner Matjes da verbreitet hat?"

      "Ich habe die Fenster geöffnet, sodass da frische Luft hereinkommt."

      "Und du denkst, dass das vernünftig ist mit all den Kriminellen in der Gegend?"

      Er zuckt nur die Achseln, während das Telefon läutet.

      Er geht ran: