»Mag sein. Ist noch was?«
»Nein vorerst nicht. Wir sehen uns dann um 16 Uhr in der Cafeteria. Dallinger lässt sie für eine Pressekonferenz provisorisch herrichten. Wir haben es zwar geschafft einen Papst aus Freising zu bekommen, aber eine eigene Staatsanwaltschaft, das kann dauern. Also bis später, Herr Kreithmeier.«
Der Kommissar murmelte etwas Unverständliches und zog die Türe zu. Er blieb hinter der Tür stehen und lauschte. Sie telefonierte wieder. Er hörte nur abgehackt einige Worte wie »mein Schatz, ja ich freue mich, heute wird es nicht so spät, bin ja in Freising, was kochen, ich kaufe noch ein, und dann machen wir es uns gemütlich.«
Kreithmeier langte sich mit dem Zeigefinger an die Schläfe und murmelte: »Ab 40 drehen die Weiber durch. Stellen fest, da war doch noch etwas, schmeißen einfach ihren Alten raus, oder ziehen selbst aus. Und suchen sich einen Jüngeren, der es ihnen mal wieder richtig besorgt. Meine mit einem Fliesenleger und Frau Staatsanwältin mit einem Tennislehrer. Und die Schütz versuchte es immer übers Internet. Vielleicht sollte ich das auch mal probieren? Zu alt bin ich ja noch nicht. Die Welt ist einfach bekloppt.«
Der Tag fing gut an. Und jetzt sollten sie auf jeden Fall zu Frau Löbinger fahren, bevor sie von Reportern oder Ähnlichem belästigt wird. Bis jetzt war über die Identität des Toten nichts durchgesickert. Und das war auch gut so. So blieb kein Platz für Spekulationen. Und der Baufirma des Toten sollten sie auch einen Besuch abstatten. Noch so viel zu tun; und der Tag hatte gerade erst angefangen.
Frau Löbinger öffnete die Tür. Sie war dezent geschminkt, hatte ihr Haar hochgesteckt und trug einen dunkelblauen Hausanzug.
»Sie schon wieder? Verdächtigen Sie uns immer noch, unseren eigenen Hund umgebracht zu haben?«
»Das haben wir niemals getan. Wir müssen Fragen stellen, auch wenn sie für den oder die Befragten unangenehm sein könnten. Aber deswegen sind wir nicht da. Dürfen wir hereinkommen?«
Sara Löbinger antwortete nicht, aber öffnete weit die Türe und trat zur Seite, damit die beiden Polizisten eintreten konnten. Sie schritt voran ins Wohnzimmer und bat die beiden sich zu setzen. Sie selbst ließ sich in einen bequemen Sessel fallen.
»Was wollen Sie noch von mir?«, fragte sie reserviert.
»Haben Sie von Ihrem Mann etwas gehört?«
»Nein. Sein Handy ist ausgeschaltet. Er wird in seiner Besprechung in Wien sein.«
Kreithmeier zog einen Notizblock aus der Tasche und notierte Handy.
»Sie sagten gestern, er hätte einen Mietwagen genommen. Welche Firma nimmt er gewöhnlich?«
Frau Löbinger überlegte kurz: »Sixt. Sixt am Flughafen. Er wird seinen Wagen dort abgestellt haben. Auf dem Rückflug kommt er dann mit ihm nach Hause. Den Mietwagen wird er am Flughafen in Wien abgeben.«
Kreithmeier notierte Sixt.
»Was für einen Wagen fährt Ihr Mann?«
»Einen Fünfer BMW, Kombi. Einen weißen. Kennzeichen FS-TL 254.«
»Haben Sie noch einen Zweitschlüssel?«
»Ja! Warum fragen Sie?«
»Später. Könnten Sie uns den Schlüssel geben.«
»Ja, natürlich!« Frau Löbinger stand auf und verließ den Raum.
»Haben Sie denn den Arzt informiert?« flüsterte Kreithmeier zu seiner Kollegin.
»Ja, er müsste gleich da sein.«
»Wir können es nicht länger geheim halten. Sie merkt, dass etwas nicht stimmt. Wo bleibt der bloß?«
Frau Löbinger kehrte kurze Zeit später mit einem Autoschlüssel zurück, den sie vor Kreithmeier auf den Couchtisch legte.
»Sagen Sie mir bitte jetzt, was los ist?«
»Sofort. Nur noch eine letzte Frage. Wissen Sie, wie es momentan um die Geschäfte Ihres Mannes steht?«
»Er erzählt nicht sehr viel. Da ist er sehr verschlossen. Ich weiß nur, dass wir sehr stark auf den Auftrag für die Dritte Startbahn hoffen.«
»Aber Sie wissen schon, dass sich das noch Jahre hinausschieben kann. Es laufen einige Klagen gegen die FMG. Der Ausbau ist zwar politisch abgesegnet aber die ganze Flughafenregion läuft dagegen an.«
»Ja, das weiß ich, deswegen versuchen wir die Aufträge in Österreich und in Dortmund zu bekommen. Trotzdem fängt die FMG im Frühjahr an, das Vorfeld am Terminal 2 auszubauen und bei der General Aviation neue Parkpositionen zu schaffen.«
»Was würde passieren, wenn Ihr Mann die Aufträge nicht bekommen würde?«
»Das weiß ich nicht. Auf jeden Fall wäre das nicht gut. Es wird zwar im Moment viel gebaut, aber die kleineren Aufträge bringen nicht viel, sie beschäftigen zwar unsere Mitarbeiter, aber die Fixkosten werden nicht gedeckt.«
»Sie kennen sich relativ gut aus.«
»Manchmal schüttet mir mein Mann sein Herz aus. Aber mit Details verschont er mich.«
Es klingelte an der Haustür. Frau Löbinger erhob sich erneut und mit »einen Moment bitte«, verschwand sie im Hausflur.
In Begleitung eines Herrn, in Lodenmantel und mit einer Ledertasche in der Hand, kam sie zurück ins Wohnzimmer. »Es ist für Sie, ein Herr Weinmeister. Er sucht Sie.«
»Doktor Weinmeister? Endlich!«, sagte Melanie Schütz.
»Doktor?«, fragte Frau Löbinger neugierig.
»Ja, nehmen Sie bitte wieder Platz. Wir müssen Ihnen leider etwas mitteilen.«
Frau Löbinger sackte mit weit aufgerissenen Augen in den Sessel.
»Ist etwas mit meinem Mann?«
»Ja, leider. Wir müssen Ihnen mitteilen, dass Ihr Mann nicht mehr am Leben ist.«
Doktor Weinmeister stellte sich neben die Frau, die die letzten Sätze nicht hundertprozentig mitbekommen hatte.
»Bitte was?«
»Ihr Mann ist gestern Nacht verstorben. Es tut mir leid, Ihnen das mitteilen zu müssen.«
»Ein Unfall? Ein Autounfall?«
»Nein. So wie es den Anschein hat, wurde Ihr Mann Opfer eines Kapitalverbrechens.«
»Das kann nicht sein, was wollen Sie von mir, das ist nicht wahr.«
Frau Löbinger schob alles von sich, ihre Stimme wurde lauter und sie fing an zu weinen.
»Das glaube ich nicht, Sie müssen sich irren. Mein Mann ist in Wien.«
»Nein, so schlimm es auch ist, Ihr Mann ist tot. Der Doktor wird sich um Sie kümmern, wir lassen Sie jetzt erst einmal allein. Doktor Weinmeister, wenn Sie wieder aufnahmefähig ist, bräuchten wir Sie für eine Identifizierung in der Pathologie im Freisinger Krankenhaus. Ist das möglich?«
»Ich bleibe erst mal hier, gebe ihr ein Beruhigungsmittel und dann kann ich sie begleiten. Es wäre nicht so gut, wenn sie allein Auto fahren würde.«
»Gut! Rufen Sie mich an, wir treffen uns dann im Krankenhaus. Und wir bräuchten die Genehmigung von ihr, uns ein bisschen in ihrem Haus umzusehen. Am besten ohne Hausdurchsuchungsbefehl. Ist eleganter.«
»Bis später.«
Melanie Schütz und Alois Kreithmeier verließen die Villa.
»Glaubst du, dass sie was mit dem Tod ihres Mannes zu tun hat?«, fragte Melanie auf dem Weg zum Fahrzeug.
»Schwierige Frage. Nach dieser Reaktion eher nicht. Es sei denn, sie ist eine großartige Schauspielerin. Und wenn, dann hat sie es nie selbst getan. Sie hat es in Auftrag gegeben. Und ihr toter Hund, der mögliche Einbruch? Nirgends ein Hauch von Spuren. Das waren absolute Profis und es waren mindestens Zwei. Und woher sollte eine unbescholtene