Argots Schwert. Johanna Danneberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johanna Danneberg
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742745835
Скачать книгу
im September 2007 in ihr verfallenes Elternhaus zu begeben, mit einem Schwert, vermutlich einem Familienerbstück, und einem Brief an einen gewissen ‚Mark’.“

      „Ach ja?“, fragte Caro.

      Ja. Und das ist doch das, worum es hier geht. Tobi hat dazu ja nun nicht wirklich etwas beitragen können. Seine Vermutung war: sie wollte es verkaufen. Er hat aber nicht die Information, die wir haben! Marie könnte nämlich erpresst worden sein. Von einem Lobdeburger, namens ‚Mark’, der sie aus irgendeinem Grund dazu bringen wollte, ihm das Schwert mitzubringen. Vielleicht sollten wir mal im Telefonbuch gucken, ob es ein einen ‚Mark von Lobdeburg’ gibt!“

      Schweigend sah Caro ihn an.

      „Gar nicht übel.“, meinte sie dann, bevor sie grinste: „Enorm helfen würde es aber sicherlich auch, wenn wir einfach mal nachsehen würden, was in dem Brief steht!“

      Und als würde beiden gleichzeitig bewusst werden, dass sie sich immer nur im Kreis drehten, mussten sie plötzlich so laut lachen, dass die wenigen verbliebenen Gäste im Café sich verwundert nach ihnen umdrehten.

       *

      Falk wischte sich die Lachtränen aus den Augen und auch Caro, ihm gegenüber, kicherte immer noch und schüttelte dabei den Kopf, als könne sie selber kaum glauben, über was für Dinge sie sich hier Gedanken machten.

      Falk sah aus dem Fenster. Es war mittlerweile dunkel geworden. Gerade eilte eine junge Frau mit einem dicken grünen Schal vorbei. Im Gehen schaute sie kurz hoch und streifte dabei Falks Blick, wendete sich aber gleich wieder ab, wie so oft bei zufälligen Augenkontakten mit Fremden auf der Straße. Sie war schon an ihnen vorbei gegangen, als Falk bemerkte, wie sie innehielt, zurückkam und zu ihnen hineinlugte. Dann klopfte sie direkt neben Caro an die Scheibe. Die zuckte erschrocken zusammen, doch als sie hinaussah hellte sich ihre Miene auf.

      „Na so ein Zufall!“, rief sie. „Das ist ja Melanie.“

      Sie winkte und deutete der draußen Stehenden dann mit Gesten an, hereinzukommen.

      „Eine gute Freundin von mir. Eigentlich meine beste. Und übrigens die, von der ich vorhin erzählt habe, die sich so gut mit Schwertern auskennt...“

      Caro fing Falks warnenden Blick auf.

      „Kein Wort davon, ich weiß.“, sagte sie lächelnd, und drehte sich zu Melanie um, die, ihren Schal abwickelnd, an den Tisch trat.

      Die beiden Freundinnen umarmten sich zur Begrüßung, dann wurden Falk und Melanie miteinander bekannt gemacht. Caro stellte ihn erneut als einen Freund vor, der ihr bei der nächsten Radiosendung helfen würde.

      Melanie schüttelte ihm mit kräftigem Händedruck die Hand, bevor sie sich auf einen Stuhl fallen ließ. Sie hatte dunkelblonde Locken, die zu einem Pferdeschwanz nach hinten gebunden waren, wobei fein gekräuseltes Haar ihr rundes Gesicht umrahmte. Außerdem besaß sie braune, leicht schräg stehende Augen und eine kleine breite Nase.

      „Feierabend?“, fragte Caro.

      „Ja. Und jetzt wollte ich eigentlich zum Poi-jonglieren. Hab aber gar keine Lust. Bleibt ihr noch einen Moment? Ich könnte nämlich gut einen Kaffee vertragen.“

      Während Caro zustimmend nickte, fragte Falk verdutzt:

      „Pois? Ich kenne nur Kois, aber die kann man wohl eher schwer jonglieren.“

      Melanie erklärte, dass es sich um eine neuseeländische Sportart handele, bei der mit Reis gefüllte Säckchen, sogenannte Pois, in langen elastischen Schlaufen ruhend, herumgeschleudert werden, was hohe Konzentration und ein gewisses akrobatisches Geschick erfordere.

      „Hab ich leider beides nicht!“, lachte Melanie.

      Die Kellnerin brachte gerade Caros Kaffee und das Stück Schokokuchen. Melanie bestellte einen Milchkaffee und sagte, auf den Kuchen deutend, mit einem Augenzwinkern zu Falk:

      „Ist das Caros Kuchen? Dann brauch ich ja selber keinen mehr bestellen.“

      Caro überging die Bemerkung mit würdevoller Miene, nahm einen Bissen von ihrem Kuchen und schob ihn dann wortlos zu Melanie herüber, die erfreut zugriff.

      „Wie geht es denn voran mit der Sendung, Caro?“, fragte sie schmatzend. „Hast du ein paar alte Handwerksfamilien in Jena auftreiben können?“

      „Naja, ich habe schon mit einem Steinmetz gesprochen. Am Samstag hab ich ein Interview mit dem Goldschmied Argot. Und eben haben Falk und ich uns mit Tobi getroffen, der uns allerhand erzählen konnte über die Leuchtenburger. Die haben ja angeblich seit Jahrhunderten geschäftlichen Beziehungen mit den Argots.“

      „Glückwunsch, dass du ein Interview mit Argot bekommen hast.“, meinte Melanie und häufte mehrere Löffel Zucker in ihren Milchkaffee. „Der soll ja ein ziemlich harter Brocken sein.“

      Sie schlürfte einen Schluck Kaffee und bemerkte dann grinsend:

      „Und sag mal, Tobi, der hat es doch mit Sicherheit geschafft, den Bogen zu den Wettinern zu schlagen.“

      „Na was denkst denn du. Nach zehn Minuten war es soweit.“

      Melanie verdrehte die Augen.

      „Das erklärt jedenfalls, warum Tobi vorhin ohne den obligatorischen Absacker in seinem Büro aufgebrochen ist. Er genehmigt sich ja fast jeden Abend noch ein oder zwei Gläschen Wein, bevor er nach Hause geht. Oder auch ne ganze Flasche, manchmal mit Professor Friedmann zusammen. Dann diskutieren sie die ganz großen Themen.“

      Sie ließ sich lässig in ihrem Stuhl zurücksinken, legte einen Arm besitzergreifend auf Caros Lehne und amte Tobis näselnde Stimme nach:

      „Das Demokratieverständnis in Sachsen-Weimar war im Gegensatz zu Sachsen-Eisenach bereits vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges im Rahmen der Fruchtbringenden Gesellschaft ein vieldiskutiertes Phänomen, meinen Sie nicht auch, Professor Friedmann?“

      Falk musste lachen – sie traf den Ton genau. Auch Caro lächelte, allerdings etwas gequält.

      „Wie auch immer. Jedenfalls hab ich langsam schon einiges an Material zusammen für die Sendung. Falk hatte mir auch noch einen Hinweis gegeben, auf den Friseursalon, da gegenüber. Es gibt da einen Bottich.“

      Sie deutete durch den Fenster zur anderen Seite des Marktes, wo im Salon Amadeus gerade zusammengekehrt wurde. Falk konnte die dicke Silhouette seiner Mutter nicht erkennen und vermutete, dass sie heute früher Feierabend gemacht hatte.

      „Einen Bottich?“

      Caro erzählte Melanie, die reichlich verwundert von einem zum anderen geblickt hatte, von dem hölzernen Gefäß und dass sie hoffe, die Geschichte zum Anlass nehmen, um über das Fassbinderhandwerk zu erzählen. Falk, dem es am liebsten gewesen wäre, wenn Caro die ganze Sache mit dem Bottich einfach vergessen würde, wollte etwas einwerfen, als Melanie auch schon rief:

      „Super Idee! Ich könnte dir helfen! Wenn das ein Badezuber war, könntest du auch über die Jenaer Badehäuser berichten. Da wurde nämlich nicht nur gebadet. Da liefen noch ganz andere Dinge, die eben so passieren, wenn nackte Männer und Frauen aufeinandertreffen.“

      Sie vielsagende Blicke zwischen Falk und Caro hin und herwandern. Falk musste grinsen.

      „Das wäre super.“, antwortete ungerührt Caro und fügte, zu Falk gewandt hinzu: „Melanie arbeitet nämlich nicht nur am Historischen Institut, sondern hilft auch ein paar Stunden die Woche im Stadtmuseum aus.“

      „Weswegen ich aber mit meiner Magisterarbeit nicht wirklich vorankomme.“

      „Womit wir schon zu zweit wären.“

      Die Freundinnen lachten sich an. Dann sah Melanie zu Falk und erklärte:

      „Ich muss mir halt meinen Lebensunterhalt selbst verdienen. Caro, die ja alles von ihrem Papa in den Hintern geschoben bekommt, könnte sich ganz auf ihre Abschlussarbeit konzentrieren, verschwendet aber lieber ihre Zeit mit dieser Radiosache…“

      Caro