Beide denken mit runzelnder Stirn als Wonny laut ruft: „Da kommt einer raus, schaut doch hin!“
Der Mann fummelt an den Fendern. Er ist dicklich und wirklich nicht größer als 1,70 Meter. Plötzlich dreht er sich um.
„Und eine Brille trägt der auch“, ruft Steffen, der durch Fernglas schaut.
„Okay, das reicht, wir vergrößern wieder den Abstand zu dem Boot“, sagt Franzi, die das Steuer gerade festhält. Sie schiebt den Hebel weit zurück. Die Dieselmaschine wird leiser und die Nelly verliert an Fahrt. An der linken Seite liegen die ersten Gebäude Braunschweigs. Bald geht ein Stichkanal nach Salzgitter an backbord ab.
Franzi greift das kleine Telefon und ruft die Polizei an. Es dauert lange bis sie jemanden Kompetenten an der Strippe hat. Vorher muss sie mehrmals sagen, wer sie ist und was überhaupt los sei. Doch dann wird es spannend. Alle hören, was zwischen Franzi und dem Polizisten gesagt wird, das Ding ist auf laut gestellt.
„Bitte geben Sie Ihre Position an!“
„Wir befinden uns bei Kilometer 210 in westlicher Richtung. Das Schiff Birgit fährt etwa 100 Meter vor uns. Wir haben Sichtkontakt.“
„Halten Sie bitte den Abstand und verringern Sie ihn nicht, die mutmaßlichen Täter sind bewaffnet und sehr gefährlich. Sie sind uns eine große Hilfe, wenn Sie den Kontakt zur Birgit halten könnten.“
„Wir geben uns Mühe, danke“, antwortet Franzi.
Dann passiert eine gefühlte Ewigkeit nichts. An steuerbord liegt Peine. Hier wollte die Crew festmachen oder sogar übernachten. Doch nun sind sie auf Verbrecherjagd. Hasi und Pauly diskutieren, ob es wohl eine Belohnung geben wird, wenn die beiden festgenommen werden sollten.
Wonny will soweit gar nicht denken: „Es ist noch viel zu gefährlich. Wenn die was spitz kriegen, könnte es auch für uns gefährlich werden“, erklärt der Teddy. Wieder kommen Lastenkähne entgegen. Die haben gar keine Ahnung was sich hier abspielt.
Die Polizei ruft wieder an. „Bleiben Sie weiter in Sichtkontakt zum Täterschiff, bereiten Sie sich aber vor, die Maschinen aufzustoppen. Der Schifffahrtsverkehr wird demnächst auf dem Mittellandkanal eingestellt. In Kürze wird eine Maßnahme zur Täterergreifung eingeleitet.“
„Kuckt mal da oben, da fliegt ein Heli“, berichtet Pauly.
„Bald passiert was, wir haben lange kein entgegenkommendes Schiff mehr gesehen“, fügt Hasi hinzu.
Wieder die Polizei: „Bei Kilometer 195 aufstoppen und weitere Anweisungen abwarten!“, befiehlt die Stimme.
„Jawohl, wir stoppen“, sagt Franzi. Alle schauen zum Ufer wo die Kilometerschilder stehen.
„Da steht 195!“ sagt Steffen und bringt die Nelly zum Stehen. In diesem Moment saust ein Polizeiboot an der Nelly vorbei, wahnsinnig schnell und dann noch eins. Von ganz weit vorne scheinen auch welche zu kommen. Der Hubschrauber landet weit vorne. Überall Blaulicht, die Birgit will offensichtlich wenden, doch die beiden Polizeiboote, die die Nelly überholt hatten, drängen sie ab. An Land ist ebenfalls Polizei zu erkennen.
Die Nelly kann nirgends festgemacht werden, es war auch nicht geplant hier zu halten. „Wir lassen den Anker runter, dann kann nichts passieren“, erläutert Steffen seinen Plan. Prompt knattert die Kette los, der Anker klatscht ins Wasser und nach wenigen Sekunden hat er Grund gefunden.
Steffen setzt die Nelly kurz zurück, „damit wir richtig fest liegen“, sagt er. Dann das große Warten. Voraus ein Blaulichtgewitter.
„Hoffentlich haben sie die beiden Schurken festgenommen“, überlegt Pauly. Inzwischen ist es Nachmittag geworden, Franzi hat etwas Kuchen auf einen Teller gelegt. Die beiden studieren die Karte.
„Der nächste Hafen ist in Sehnde bei Kilometer 184. In einer guten Stunde wären wir da, wenn wir endlich weiter fahren dürften“, erläutert Steffen die Lage. Endlich passiert etwas. Ein Polizeiboot kommt. Steffen geht raus an Deck. Das Boot macht an der Seite fest.
Ein Polizist ruft: „Bitte um Erlaubnis an Bord kommen zu dürfen.“
„Ja bitte!“, ruft Steffen.
„Polizeidirektor Söhrens, guten Tag. Ich hatte schon die Ehre mit Ihrer Frau am Telefon sprechen zu können.“ Söhrens kommt aufs Schiff und blickt sich in der Kajüte um. Dann sieht er die Stofftiere. Aber er sagt nichts dazu.
„Die Polizei Wolfsburg, die Staatsanwaltschaft in Hannover, die Bundespolizei, die Wasserschutzpolizei und viele andere Behörden möchten Ihnen unseren Dank aussprechen. Ohne Ihre perfekte Kooperation hätten wir die Täter nicht fassen können.“
„Viel konnten wir für Sie ja nicht tun“, erwidert Franzi.
„Doch ohne weiteres. Durch Ihre diskrete Verfolgung konnten wir die Position der Gangster und deren Bewegungsrichtung sowie die Geschwindigkeit sehr gut einschätzen. Über diese Informationen würde sich jeder Polizist sehr freuen. Somit konnten wir die Ergreifung der Täter präzise planen und vorbereiten. Wir waren immer auf dem aktuellsten Stand der Dinge.“
„Haben Sie denn die Täter nun fassen können?“ Alle sind neugierig als Steffen diese Frage stellt.
Söhrens grinst: „Es klappte alles wie am Schnürchen, die beiden hatten keine Fluchtmöglichkeit. Einer zog zwar noch eine Waffe, aber als er unsere geballte Macht an Polizeikräften sah, gab er sofort auf.“
„Und wie geht es dem Juwelier?“, will Franzi wissen.
„Er hatte Glück und ist nur leicht verletzt. Das hätte aber auch böse ausgehen können. Bald können wir ihm die Beute zurückgeben.“
Söhrens schaut auf sein blinkendes Handy. „Wir werden uns noch mit Ihnen in Verbindung setzen wegen der Zeugenaussage und einer Anerkennung und Sie müssen uns bei Gelegenheit verraten, wie Sie die beiden nur anhand der Radiomeldung erkannt haben. Ich muss jetzt los, es gibt noch Arbeit für mich. Der Ministerpräsident will alles genauestens wissen.“
Steffen begleitet den Polizeidirektor raus und sagt: „Wir sind Ihnen gerne behilflich gewesen. Apropos Anerkennung, Zungen munkeln hier an Bord, es könnte eine Belohnung in Betracht gezogen werden, stimmt das?“
Söhrens steht schon wieder fest auf dem Polizeischiff. „Eine Belohnung wurde nicht ausdrücklich ausgeschrieben, was ja an der Kürze der polizeilichen Reaktionszeit lag, aber in Fällen wie gefährlichem Raub ist immer von einer Belohnung auszugehen, wenn die polizeilichen Ermittlungen unterstützt worden sind. Sie haben viel mehr als das geleistet. Erwarten Sie eine angemessene Belohnung. Ich empfehle mich und wünsche Ihnen immer eine Hand breit Wasser unterm Kiel.“ Und schon fährt das Polizeiboot los.
Kaum ist Steffen wieder unten in der Kajüte, geht die Party los. Alle jubeln.
„Wären wir nicht gewesen, würden die immer noch frei rumlaufen“, erklärt Pauly.
„Quatsch Pauly, die würden immer noch Boot fahren, aber nicht laufen“, korrigiert Schlau-Mausi.
„Wenn es da eine Belohnung gibt, müsste uns doch ein dicker Brocken davon zustehen, oder?“ fragt Wonny etwas schelmisch.
„Na klar“, sagt Franzi, „wir werden uns schon was Tolles einfallen lassen. Doch jetzt müssen wir erstmal einen Hafen für die Nelly finden. Erstens wird es bald dunkel, da macht das Fahren überhaupt keinen Spaß und zweitens wird die Polizei bald den Mittellandkanal wieder freigeben. Dann kommen wieder die großen Pötte. Und so, wie wir hier provisorisch liegen, wird es dann ungemütlich.“
„Alles klar machen für die Fahrt, Anker einholen wir fahren nach Sehnde und übernachten im Sportboothafen“, ruft Steffen.
Die letzten neun Kilometer gehen entspannt. Die Nelly passiert noch ein paar Polizeiboote und auch die Birgit, dann erreicht sie Sehnde. Der Hafen ist recht klein. Für