„Nicht schon wieder.“
„Oh! Du hast Recht. Entschuldigung. Du liebe Güte, – es fällt mir ganz schön schwer, mir die gräuliche Ausdrucksweise abzugewöhnen. Ich finde das wirklich schwierig, weil so viele Menschen sehr oft so sprechen. So viele und so oft!“ seufzte sie wütend. „Ich mag es nicht, wenn Menschen auf so eine Art und Weise sprechen. Miteinander oder übereinander oder überhaupt. Wieso und warum, kann ich gar nicht so genau beschreiben. Das ist auch egal. Ich mag es einfach nicht. Und dann muss ich feststellen, dass ich selber auch viel zu oft so spreche. Dabei will ich das gar nicht. Ich möchte anders mit meinen Mitmenschen reden. Oder auch über sie. Ich finde das schöner. Und irgendwie… wichtig. Kann man das so sagen? Ich weiß nicht, wie ich es sonst erklären soll. Jedenfalls möchte ich mich anders ausdrücken können. Ich will das selber!“
„Dann schaffst du das auch.“
„Ja“, entschied Finella. „Ich weiß nur noch nicht genau, wie ich das anstellen soll. Hast du vielleicht einen Tipp, wie ich mir eine weniger gräuliche Ausdrucksweise angewöhnen kann?“
„Na klar! Fange in deinen Gedanken damit an. Überlege dir einfach, welche Bezeichnungen es für welche Gegenstände, Situationen oder Verhaltensweisen gibt. Erfreue dich an der Vielfältigkeit der Begriffe. Sammele sie in deinen Gedanken. So, wie man Muscheln von einem Sandstrand aufliest und sammelt.“
„Geht denn das?“
„Ja.“
„Hmmmm. Und das kann Freude bereiten?“
„Und wie!“ lachte der Wurbelschnurps ihr aufmunternd zu. „Als Nächstes überlegst du dir einfach, was du sagst, wenn du mit oder über jemanden sprichst. Oder über etwas. Über eine Situation zum Beispiel.“
„Das möchte ich schon. Es kommt mir nur so schwer vor. Vielleicht auch umständlich.“
„Hinterher fluppt das wie von selbst.“
„Aber im Moment ist es ganz oft so, dass mir die Worte einfach aus dem Mund herausgeschossen kommen. Hinterher, also fast direkt im Anschluss daran, bemerke ich es dann selber. Aber da ist es schon zu spät, weil ich den ganzen Müll schon gesagt habe. Bevor ich gemerkt habe, dass es Müll ist. Und dann ärgere ich mich. Über mich selber. Weil ich es doch anders machen möchte. Und ich möchte das schaffen, weil ich das wichtig finde. Und viel schöner.“
„Immerhin merkst du es, wenn du Müll geredet hast. Das ist doch schon mal ein Anfang.“
„Ach Wurbelschnurps. Meinst du wirklich, ich kriege das hin? Bezeichnungen und Begriffe sammeln, weniger Müll quatschen und das alles?“
„Das wird. Du wirst es schon sehen. Lass den Kopf nicht hängen. Bald schon wirst du dich daran gewöhnt haben und dann ist es ganz selbstverständlich. Ohne, dass du großartig darüber nachdenken musst.“
„Das klingt toll.“
„Es ist toll, Finella.“
„Du, Wurbelschnurps?“
„Ja?“
„Ich möchte aber nicht wie diese Kotzbrocken werden, die über diejenigen lachen, die mit dem Bus fahren.“
„Finella.“
„Ach Mist! Scheiße!“
„Finella!“
„Oha! Herrje, herrje! Ja, ich weiß! Ich habe mich wieder furchtbar ausgedrückt. Ich achte darauf! Ich übe das! Ich schaffe das!“
Der Wurbelschnurps schmunzelte. Finella kaute auf ihrer Unterlippe herum. Angestrengt überlegte sie, in welche Worte sie ihre nächste Äußerung fassen konnte.
„Weißt du…“, begann sie vorsichtig. „Ich finde dieses Lachen von denen nämlich gemein. Und ich glaube, die haben komische verquere Gedanken in ihren Köpfen. Ansonsten würden sie sich doch nicht so verhalten. Sondern anders.“
„Das ist richtig. Es ist ja auch kein schönes Lachen.“
„Es ist ein Auslachen.“
„So ist es.“
„Ja. Aber, Wurbelschnurps: Mein Papa hat mal seine Kaffeetasse zerdeppert, als er verschmierte Hände hatte. Sie ist ihm einfach aus der Hand geflutscht, als er danach greifen wollte. Klirr! Da mussten Mama und ich lachen. Das war doch auch ein Auslachen? Dann war das doch auch gemein? Haben Mama und ich dann auch verquere Gedanken?“
„Versuche einmal, dir diese Fragen selber zu beantworten. Sei aber ehrlich zu dir.“
„In Ordnung. Übrigens bin ich zu dir auch ehrlich.“
„Weiß ich“, antwortete der Wurbelschnurps verlegen, während etwas Frohes sich über sein gesamtes kleines Gesicht erstreckte.
Finella überlegte.
„Und du bist auch ehrlich zu mir, Wurbelschnurps. Das weiß ich“, sagte sie nach einer Weile. Ein wenig zu sich selbst und ein wenig in seine Richtung.
Der Wurbelschnurps wartete.
Finella legte ihre Stirn in Falten und verstärkte ihre Grübelei.
„Na super“, sagte sie schließlich resigniert. „Menno, Wurbelschnurps. Ich hätte dich wohl kaum gefragt, wenn ich die Antworten wüsste.“
„Überlege in Ruhe: Worüber genau habt ihr gelacht?“
„Hm. Vielleicht über sein Missgeschick. Oder darüber, wie die Situation gewesen ist.“
„Worüber genau?“
„Über beides.“
„Und welcher Teil hat überwogen?“
„Überwogen? Uff, Wurbelschnurps. Du fragst Sachen! Hmmm. Gute Frage. Also… Der Situationsteil hat überwogen. Glaube ich. Weil es so komisch aussah, als die Tasse durch die Küche segelte. Und dieser Schwung, mit dem ihm die Tasse aus seiner Hand flutschte. Huuuuuiii! Erst hat er ganz schön verdutzt geguckt.“
„Und was hat dein Papa dann gemacht?“
„Hm. Er hat auch gelacht. Und er hat Witze darüber gemacht, dass der Kaffee ihm seine Hose eingefärbt hat. Er sagte, er habe nun ein echtes Unikat, ohne dass ihn dieses Design einen großen Batzen Geld gekostet hätte.“
„Dein Vater hat also mit euch gemeinsam gelacht?“
„Ja.“
„Habt ihr ihn also auf eine herabwürdigende Art ausgelacht?“
„Nein! Sonst hätte er doch nicht mitlachen können!“ antwortete Finella ohne nachdenken zu müssen.
„Aha.“
Stille. Finella guckte ihren Wurbelschnurps an, als wäre sie mit einem riesigen ‚Boing‘ gegen eine enorme Metallscheibe gerannt.
„Du hast einen guten Spürsinn, Finella“, ermutigte der Wurbelschnurps sie aufrichtig. „Es ist ein sehr feiner Unterschied, wie und worüber man lacht. Möchtest du jetzt mit mir nach Amarythien aufbrechen?“
„Ich möchte jedenfalls auch dann kein herabwürdigendes Auslachen in meinen Gedanken haben, wenn ich eine weniger gräuliche Ausdrucksweise gebrauche.“
„Das wirst du auch nicht, Finella. Nicht, solange du dir über so etwas Gedanken machst. Sei unbesorgt.“
„Dann ist ja gut.“
„Eben darum.“
„Na, dann wollen wir mal“, sagte Finella und schaute sich, noch immer in ihrem Bett sitzend, im Zimmer um.
„Na