JUSTITIAS BRUDER. Dietmar Kottisch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dietmar Kottisch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847671985
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sie es senden?“

      „Ja. Ich bin sicher, dass so etwas die Einschaltquoten erhöht, wenn die es mit genügend Publicity ankündigen.“

      „Und sie dürfen dafür zahlen.“

      Sie brauchten nicht lange, um der Aktion zuzustimmen. Und sie mussten sich nicht anstrengen, um den Gefühlslevel der kalten Wut aufrechtzuerhalten. Der war latent in ihren Köpfen vorhanden.

      „Ich muss sagen, dass wir im vorigen Jahr ganz gut zusammen gearbeitet haben, nicht wahr?“ bemerkte Oliver und goss Jana und sich Kaffee und Alex Tee ein.

      „Es gibt zu viele Ungerechtigkeiten,“ meinte Jana.

      „ Das, was wir voriges Jahr erlebt haben, ist typisch.“

      Nach einer Gedankenstille wiederholte Oliver: „Ich sehe keine andere Möglichkeit für unsere Aktion als das Gehöft.“

      „Die Mittel heiligen den Zweck. Sozusagen.“

      „Gibt es eine Alternative für unsere Zwecke? Die Deutsch-Äthiopische-Hilfsorganisation würde viel Wind machen, aber nicht allzu viel erreichen. Die Medien hatten kein besonders großes Interesse. Das ist fast dieselbe Ausgangsposition wie vor einem Jahr, als der Minister die Kleine überfuhr. Mit dem Gerichtsurteil schienen die Wogen geglättet,“ erinnerte Jana.

      „Und auf die Meldung, dass die Spendengelder noch immer nicht überwiesen wurden, reagierte auch niemand besonders.“

      „ Es ist wie mit dem jährlichen Schwarzbuch, das unglaubliche Skandale aufdeckt, aber es ändert sich gar nichts! Zumindest wissen wir nichts.“

      „Wie machen wir es?“ fragte Oliver nach einer kurzen Pause, in der sich die drei ein Szenario ausmalten. Alex drückte die Kippe im Aschenbecher aus. „ Chloroform.“

      „Wessen Vergehen machen wir uns eigentlich schuldig?“ fragte Jana.

      „Zwoneununddreißig Strafgesetzbuch, Freiheitsberaubung. Zwodreiundzwanzig Körperverletzung,“ addierte der Anwalt.

      „Willst du sie foltern?“

      „Nein, aber wenn sie flüchten wollen, müssen wir das verhindern.“

      „Wie?“

      „Elektroschocker.“

      „Nur so erreichen wir was.“

      *

      Alex erklärte Jana und Oliver am frühen Morgen die wichtigsten Handhabungen der drei Elektroschocker mit 75.000 Volt.

      „ Den Schocker nie auf den Kopf oder den Hals oder in der Nähe des Herzens drücken. Bei den Schultern, den Weichteilen, den Lenden und Schenkeln hat er die beste Wirkung.“

      „ Wie lange soll man ihn an den Körper halten?“ fragte Jana.

      „ Ein kurzer Schlag, dann erschreckt der Lump und die Muskeln verkrampfen sich. Original Betriebsanleitung.“

      „Wie kurz?“ fragte Oliver, „`ne halbe Stunde?“

      „ Eine halbe Sekunde. Bei ein bis drei Sekunden kippt er um, es wirkt aber nicht lange genug, er kann gleich wieder aufstehen. Dann kommt der volle Schlag bei drei bis fünf Sekunden. Der Lump verliert die Orientierung und kriegt einen kräftigen Schock für ein paar Minuten.“ Jana nickte, und Oliver meinte, den Rest würde er auf seine Art besorgen.

      Ohne Original Betriebsanleitung.

      Als Alex außer Reichweite war, flüsterte Oliver Jana ins Ohr: „ Je mehr Angstschweiß ein solcher Lump absondert, desto wirkungsvoller ist der Schocker.“

      Sie begannen, die tägliche Routine von Ebert und Blüsch auszukundschaften.

      Der eins fünfundsiebzig große Ebert trat jeden Morgen um acht Uhr fünfzehn aus seiner Bad Homburger Jugendstil-Villa und begab sich mit seinem Aktenkoffer zur Garage. Das Tor öffnete sich nach dem Knopfdruck. Er ging hinein, setzte sich in den silberfarbenen Mercedes 500 SE, fuhr heraus, und das Tor schloss sich wieder. Dann fuhr er langsam den langen Kiesweg auf seinem Grundstück zum schmiedeeisernen Haupttor, das automatisch aufging. Am Eingang des Areals stand ein Telefonhäuschen, und ein paar Meter entlang der Einfriedung entdeckte Oliver einen kleinen Durchgang, den Bauarbeiter hinterlassen hatten.

      Der eins vierundsechzig große oder kleine Blüsch verließ fünfzehn Minuten später seine Landhaus-Villa in Königstein und ging auch zur Garage, in der der taubenblaue 7er BMW stand. Er warf seinen Aktenkoffer auf den Rücksitz und stieg ein. Er fuhr, nachdem sich das Garagentor automatisch wieder geschlossen hatte, vom Grundstück.

      Am Abend saßen Jana und ihr Mann Lars nach dem Essen im Wohnzimmer. Lars war ein großer, schlanker Mann mit einer Halbglatze, grauen Augen und einem schmalen Oberlippenbart. Der Fernseher lief, und Jana stellte den Ton ab. Er spürte, dass ihm seine Frau etwas sagen wollte, und drehte sich zu ihr um.

      Draußen ging gerade die Sonne unter und verwandelte den Himmel in eine farbenprächtige Leinwand.

      Sie setzte vorsichtig an. „Du hast sicher von diesen Bankern gehört, die das Geld noch nicht überwiesen haben…!“

      „Ja, zufällig, und?“ Er ahnte etwas, auf seiner Stirn erschienen Querfalten.

      „Du weißt ja, dass wir uns voriges Jahr für die kleine Annabell eingesetzt haben, weil die Eltern sich nicht wehren konnten.“

      „Ja.“

      „Wir kümmern uns jetzt um die beiden Banker, weil sie sich diese Ungeheuerlichkeit geleistet haben, das Geld immer noch einzubehalten. Und wenn keiner was dagegen unternimmt,…“

      „…dann macht ihr es, fuhr er ihr barsch ins Wort und stand auf. „Erst im vorigen Jahr habt ihr dafür gesorgt, dass es einen Toten gab.“

      Sie erschrak, obwohl sie geahnt hatte, dass Widerstand kommen musste; aber mit so einem Argument hatte sie nicht gerechnet.

      „Das meinst du doch nicht im Ernst, Lars.“.

      „Wenn ihr euch nicht eingemischt hättet, wäre das nicht passiert, Jana. Und dann der Ärger mit den Behörden, die Strafanzeige.“

      „Die im Sand verlaufen ist dank Oliver.“

      „Egal.“

      „ Egal? Der Typ hat Fahrerflucht begangen. Der Typ hat Meineidszeugen auffahren lassen, der Typ hat versucht, Zeugen zu bestechen, ja sogar Zeugen zu verschleppen versucht. Soll ich dich daran erinnern, welche Leichen er und seine Freunde im Keller hatten? Wir wollten nur relative Gerechtigkeit für die Eltern.“

      Er verschränkte die Arme und blieb stehen. „Das ist Sache der Behörden, des Staates. Ich kann ja noch verstehen, dass ihr damals was unternommen habt, weil du darin verwickelt warst, aber dieses Mal habt ihr nichts damit zu tun. Ihr könnt nicht Weltpolizei spielen.“

      „ Alex war vor ein paar Jahren in Äthiopien und kennt das Drama; deswegen hat er die Benefiz-Veranstaltung initiiert.“

      Sie schaute ihn an, als wäre er ein Fremder. „Und wenn diejenigen, die den Staat vertreten, korrupt sind? Wenn der Staatsanwalt und der Angeklagte in ein und derselben Partei sind und sich gegenseitig nicht wehtun möchten? Und wenn die beiden Zeugen nur deswegen einen Meineid geschworen haben, weil sie ihre Karriere nicht aufs Spiel setzen wollten.“

      Sie war auch aufgestanden und ging im Zimmer hin und her. Sie war zornig über seine Einstellung, nur keinem auf die Füße zu treten. Lars setzte sich wieder.

      „ Lassen wir das. Und warum kümmert sich diese Deutsche…Hilfsorganisation

      nicht darum?“

      Sie blieb vor ihm stehen.

      „Alex sagt, dass sie tun, was sie können, dass sie hervorragende Arbeit leisten, aber jetzt muss mal eine Bombe platzen.“

      Dann setzte sie sich wieder an den Tisch.

      „ Eine Bombe? Was habt ihr vor?“ Er wurde