Das kalte Herz von Concarneau. Jean-Pierre Kermanchec. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jean-Pierre Kermanchec
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750235144
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Sie wusste es nicht mehr. Es war ein herrlicher Weg am Meer entlang, vorbei an mächtigen alten Pinien und einer herrlichen Dünenlandschaft. Ein einziges Mal hatte sie auf dem Weg eine unliebsame Begegnung, ein Mann hatte sie mit einem Messer attackiert.

      Anaïk atmete die frische Meeresluft ein, hörte dem gleichmäßigen Auftreffen der Wellen zu, dem Gekreische der Möwen und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Seitdem sie und ihre Kollegin, Monique Dupont, die Morde in Douarnenez aufgeklärt hatten, war es wieder deutlich ruhiger im Kommissariat geworden.

      Die ersten Häuser von Île Tudy tauchten in der Ferne auf. Anaïk hatte das Gefühl, als ob der Weg in den letzten Monaten kürzer geworden sei, oder ihre Kondition hatte sich erheblich verbessert. Sie fügte einen kleinen Umweg hinzu und verlängerte den heutigen Morgenlauf. Sie durchquerte den kleinen Ort, folgte dem GR 34, passierte den Étang de Kermor, lief an der kleinen Austernzucht vorbei bis zur Kreuzung der D 144. Dann folgte sie der kleinen Straße zum Naturschutzgebiet. Anaïk hatte auch diesen idyllischen Weg schon mehrmals eingeschlagen. Über den schnurgeraden Weg, der westlich von Kermor Bihan hinunter an den Strand von Kermor führte, kam Anaïk wieder auf ihren üblichen Küstenweg zurück.

      Verschwitzt und zufrieden erreichte sie ihre Wohnung. Sie stellte sich unter die Dusche und genoss das warme Wasser auf der Haut. Sie zog sich an, sah auf die Uhr und stellte fest, dass es schon kurz vor acht war. Es würde noch für eine Tasse Milchkaffee und ein Stück aufgebackene Baguette reichen. Dann setzte sie sich ins Auto und fuhr ins Kommissariat.

      Kapitel 3

      Marc Solliec verblieben noch zwei Wochen an Land, um seine weitere Lebensplanung mit Loana Fournel zu besprechen. Die Aussage seiner Mutter, dass nur wenige Frauen ein Leben ständiger mehrmonatiger Abwesenheit auf Dauer akzeptierten, ging ihm immer wieder durch den Kopf. Das Leben, wie er es jetzt lebte, erschien ihm so richtig. Wenn Loana das nicht mit ihm teilen wollte, wäre sie eben nicht die Richtige für ihn, Bombarde hin, Bombarde her.

      Am späteren Nachmittag hatte er sich mit ihr verabredet. Um viertel vor 12 setzte er sich in seinen Mercedes und fuhr zu seiner Mutter zum Mittagessen. Simone hatte ihm ihre Spezialität zugesagt, das beliebte Grillhähnchen mit Pommes.

      Marc strahlte wie ein kleines Kind, als das Hähnchen auf den Tisch kam.

      „Du hättest deine Freundin mitbringen sollen, Marc“, meinte die Mutter, die neugierig war, die junge Frau kennenzulernen.

      „Das nächste Mal, Mutter, ich sehe sie heute Nachmittag, dann lade ich sie ein.“

      „Du kannst sie ja fürs nächste Wochenende einladen, ich brate dann nochmal ein Hähnchen. Ich möchte deine zukünftige Frau gerne kennenlernen“, meinte Simone lächelnd.

      „Ich werde sie fragen, maman“, erwiderte Marc und bediente sich. Er ließ sich das Essen schmecken. Seine Mutter, die selbst selten Wein trank, hatte stets einen gut gefüllten Weinkeller, um den sich ihr Sohn kümmerte, damit er immer einen erstklassigen Tropfen zum Essen hatte. Marc füllte sein Glas wiederholt auf. Der Pomerol, den seine Mutter heute auf den Tisch gestellt hatte, war ausgezeichnet.

      Marc verließ seine Mutter gegen halb zwei und fuhr zurück nach Melgven. Für das Treffen mit Loana wollte er sich noch umziehen. Sollte er einen kleinen Blumenstrauß kaufen? Es kam selten vor, dass Marc sich in den kleinen Blumenladen von Melgven verirrte. Die Besitzerin des Ladens war erstaunt, den Kapitän zu sehen, wie er im ganzen Ort genannt wurde.

      „Bonjour, Monsieur Solliec, was kann ich für Sie tun?“, begrüßte sie Marc.

      „Ich hätte gerne einen Blumenstrauß, oder verkaufen Sie auch andere Dinge?“, scherzte Marc.

      „Welche Blumen hätten Sie gerne?“

      Marc war mit dieser Frage überfordert. Was für Blumen? Darüber hatte er nicht nachgedacht, er sah sich um. Er las die Preisschilder. Marc war nicht kleinlich, er entschied sich schließlich für die dunkelroten Rosen. Es waren die teuersten Schnittblumen im Laden. Damit würde er nichts falsch machen.

      „Geben sie mir ein Dutzend von diesen hier“, sagte Marc und zeigte auf die prächtigen dunkelroten Rosen.

      Marie Trion lächelte Marc freundlich an und ging zur Vase mit den Rosen. Sie waren erst vor wenigen Stunden geliefert worden, und wegen des hohen Preises hatte sie nicht viele davon verkauft. Die Hälfte ihres Bestandes würde Marc jetzt mitnehmen. Marie war erfreut.

      „Eine wunderschöne Rose! Eine Liebeserklärung an die Beschenkte!“, meinte Marie und band die Blumen zu einem Strauß.

      Marc ging nicht auf die Äußerung ein. Er blieb ruhig vor der Verkaufstheke stehen und sah Marie Trion zu, wie sie die Dornen entfernte, die Rosen abschnitt und den Strauß anschließend mit grünen Blättern dekorierte.

      „Gefällt er Ihnen so?“, fragte sie und zeigte Marc den fertigen Strauß. Marc nickte und griff in seine Jackentasche. Er holte sein Portemonnaie heraus und entnahm ihm 50 Euro. Marie packte den Strauß ein und klebte noch ein Geschenkband und einen -aufkleber darauf.

      „Damit werden Sie bestimmt einen guten Eindruck machen“, meinte Marie und überreichte ihm den Strauß.

      „Das macht 48 Euro“, sagte Marie und griff nach dem 50 Euroschein. Er steckte das Wechselgeld ein und verließ mit einem knappen au revoir den Laden.

      Er fuhr nach Quimperlé. Die voie express war an diesem Nachmittag stark befahren. Eine lange Schlange Wohnwagen fuhr in Richtung Lorient. Vor Loanas Haus nahm er den Blumenstrauß vom Rücksitz und ging zur Eingangstür. Loana musste ihn kommen gesehen haben, denn sie öffnete die Tür bereits.

      „Bonjour Marc“, begrüßte Loana den Kapitän herzlich.

      „Bonjour Loana“, erwiderte Marc den Gruß und überreichte ihr die Rosen.

      „Ich habe dir ein paar Blumen mitgebracht“, fügte er hinzu.

      „Herrliche Rosen! Marc du verwöhnst mich!“ Loana ließ Marc eintreten.

      Marc war ein Mensch von schnellen Entschlüssen, er fiel gleich, nachdem sie sich aufs Sofa im Wohnzimmer gesetzt hatten, mit der Tür ins Haus.

      „Loana, wir müssen uns über unsere Zukunft unterhalten.“

      Loana schien überrumpelt vom abrupten Beginn des Gesprächs.

      „Was meinst du, Marc? Wir haben doch noch nicht einmal an ein gemeinsames Leben gedacht?“, fragte Loana und sah Marc mit großen Augen an.

      „Nun, ich will mit dir darüber sprechen, ob du dir vorstellen kannst, mit mir zusammenzuleben, auch wenn ich als Kapitän arbeite.“

      „Soll das ein Heiratsantrag sein, Marc?“ Loana hatte sich noch keinerlei Gedanken über eine gemeinsame Zukunft gemacht.

      Sie hatten sich bisher einige Male getroffen und gemeinsame Stunden verbracht. Für Loana kam die Frage sehr überraschend. Sie mochte Marc durchaus, aber was sollte sie ihm jetzt antworten? Könnte sie sich ein Leben an der Seite dieses Mannes vorstellen? Bestimmt war Marc ein großzügiger Mann, der sich ihren Wünschen vielleicht nicht verschließen würde. Er war bisher immer sehr entgegenkommend und zärtlich gewesen. Sie könnte alles ertragen, nur keinen brutalen oder respektlosen Menschen. Als einen solchen hatte sie ihn noch nicht kennengelernt. Die Gedanken und Überlegungen schwirrten nur so durch ihren Kopf. Sie saß dem Mann gegenüber und suchte nach einer Antwort auf seine Frage.

      „Loana, ich kann mir ein Leben mit dir vorstellen. Warum also nicht heiraten? Ja, betrachte es als einen Antrag. Würdest du mich heiraten?“

      Loana hielt immer noch den Rosenstrauß in der Hand. Sie musste die Blumen unbedingt ins Wasser stellen. Es schien ihr eine gute Gelegenheit zu sein, ihre Gedanken zu ordnen.

      „Marc, ich stelle deinen herrlichen Rosenstrauß in eine Vase. Ich bin gleich wieder zurück.“ Sie stand vom Sofa auf und ging in die Küche.

      Sie legte die Blumen auf