AUSSTEIGEN - LIGHT. Andreas N. Graf. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andreas N. Graf
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783738026665
Скачать книгу

       Akademiker? Und schaffst im Lager? Glaub ich nicht.

      Ich habe bewusst die Arbeit gewählt, die mit der geringst möglichen Verantwortung und psychischen Beanspruchung einhergeht. So muss ich mich nicht über meine Kollegen und Vorgesetzten ärgern. Ich habe auch keine Angst, meine Stellung zu verlieren – ich glaube, ich würde eine vergleichbare Arbeit recht schnell wiederfinden. Karriereaussichten locken mich nicht. Mein Job ist beim Mittagstisch kein Thema – außer um Witze zu reißen.

      Mein Vorarbeiter lässt mich in Ruhe – er weiß, wenn er mich anschnauzt, lache ich ihn aus oder gehe nach Hause. Soll er seine Kisten doch selbst schleppen! Ich such mir andere.

      

      

       Für wen dieses Buch nicht ist

      Ich möchte eine Erklärung darüber abgeben, warum ich dieses Buch nicht schreibe:

      Ich bin kein Aussteiger, kein Selbstversorger, kein Weltverbesserer. Ich glaube nicht an die nahende Apokalypse. Ich bin kein Prepper. Ich bin keiner Ideologie Kind, bin unpolitisch und schere mich auch nicht um die allgemeine Meinung oder Fragen der Moral. Ich bin niemandes Richter, niemandes Hüter. Ich bin in der griechischen Urbedeutung des Wortes ein Idiot, also einer, der sich exklusiv um seine eigenen Angelegenheiten kümmert, einer, der mit den Augen eines Kindes nur das Offensichtliche und das Begreifliche, das...Nächstliegende sieht.

      Ich bin kein Prophet. Ich habe keine Botschaft, die herauszuschreien, es mich drängt. Ich bin kein Lehrer. Frei bin ich und auf mich allein gestellt. Mein eigener Herr, da niemandes Knecht. Fragt man mich, so rate ich freimütig, wie ich mir selbst raten würde.

      Ich bin auch nicht unzufrieden oder rastlos. Ich strebe nicht danach, Großes zu vollbringen; das Kleine ist mir genug. Ich strecke mich nicht nach verbotenen Früchten; die Erlaubten machen mich reichlich satt. Der Horizont lockt mich nicht, die Erde unter meinen Füßen aber tut es. Ich fühle mich gut und sicher, wo ich stehe. Ich stehe fest. Ich bin, und ich sage das laut und deutlich, ein glücklicher Mann. Ich kämpfe um dieses Glück. Flüchtig ist es, anfechtbar. Sand, der einem durch die Finger rinnt...

      Das Bestehende muss stets erneuert werden; das Glück, das mir in die Hände gelegt wurde, will festgehalten sein.

      Ich halte es fest, so gut ich kann.

      Um es kurz zu fassen: Ich bin kein Idealist, strebe aber gewisse Ideale an – nein, ich strebe sie nicht an, ich verwirkliche sie jeden Tag aufs Neue, denn ich bin... schon lange da, wo ich sein möchte. Ich habe meinem Leben mein eigenes Bildnis aufgeprägt. Und dieses Bildnis habe ich nach den Umständen meines Lebens gestaltet.

      Dieses Buch, aus purer Lust und intellektuellem Ungestüm heraus geschrieben, ist ein Leitfaden, ein Ariadnefaden, der durch das uns einschließende Labyrinth dieser sonderbaren Welt führt, die wir die unsere nennen. Ein Leitfaden für ein einfaches, glückliches, zufriedenes und erfülltes Leben. Es ist ein Ratgeber voller persönlicher Einschätzungen, Vorurteile und Ungerechtigkeiten. Es ist kein Dogma.

      Es ist praktisch, voller Erfahrungen und Perspektiven, die zu teilen, ich wert erachte. Wer aber eine Handlungsanweisung sucht, wie man sich beispielsweise aus seinem Garten ernähren oder einen Ofen installieren kann, der wird enttäuscht sein.

      Ich habe nämlich zwei linke Hände, kann keinen geraden Strich ziehen, geschweige denn ein Werkzeug auch nur im Ansatz professionell bedienen. Natürlich habe ich Häuser renoviert, Elektrik und Wassersysteme verlegt, Wände verputzt und so weiter. Alles, was ich getan habe, hat funktioniert. War es – in einem wohlverstanden „modernen“ Sinn – schön, akkurat, bündig, gerade, rechtwinklig? Nein, gewiss nicht. War es günstig? Sehr. Hat es gehalten? Ja. Hat es seinen Zweck erfüllt? Immer. Bin ich deswegen befähigt, handwerkliche Tipps zu geben, bzw. würde ich mich selber fragen, wie man dies und jenes macht? Nun, lieber nicht.

      Ich könnte wohl auf mich selbst gestellt überleben, habe aber keine große Lust dazu. Ich sehe auch keinen Sinn in exzessivem Eigenbrödlertum oder einer Rückkehr ins krude Mittelalter, wovon viele weltfremde Weltverbesserer (bezeichnenderweise) im Internet schwadronieren. Ich habe in kalten Häusern ohne fließend Wasser gelebt und manchen Winter bitterlich gefroren. Ich habe auch gehungert – nicht aus Not, sondern aus Faulheit. Solche Erfahrungen machen in vielerlei Hinsicht weise. Man erkennt sich selbst und merkt, worauf es im Leben ankommt.

      Ich bin, um es abzuschließen, kein Feind von Technologie. Allerdings setze ich sie nur in Maßen ein und nur dort, wo der Nutzen über dem Aufwand ihrer Beschaffung und ihres Unterhalts steht. Als mir einmal mein Handy abhanden gekommen ist, habe ich es aus purer Bequemlichkeit und Geiz nicht mehr ersetzt. Ich habe diesen Verlust indes verkraftet, ich... habe ihn überlebt.

      Alles, was ich vom Leben erwarte ist: Freiheit, Glück, Zufriedenheit, Gesundheit, Frieden und ein bisschen Spaß und Freude.

      Wenn der geneigte Leser sich in diesem Bekenntnis wiederfindet, wenn er aus tiefstem Herzen nichts anderes will, als sein kleines bisschen Leben glücklich und frei zu verbringen, dann ist er hier richtig.

      Denkfundamente – die Wirklichkeit als meine Perspektive (ein wenig Theorie muss dann doch sein)

       Das rechte Maß

      Die Alten lehren: Maß halten. Welches Maß? Das rechte Maß! Was ist das rechte Maß? Dasjenige, das man in einem Zustand naiver Glückseligkeit anlegt – das ist dein rechtes Maß, das ist mein rechtes Maß.

      Man kann nicht zu viel über sein Leben nachdenken, nur zu wenig. Ich denke viel nach. Ich opfere dieser Tätigkeit etliche Stunden. Ich denke über alles und jeden nach. Ich erforsche meine Gefühle, gehe bis an die Wurzeln jeder Empfindung, rationalisiere und verbalisiere Stimmungen und Eindrücke. Ich bringe mir mich selbst und mein Leben zu Bewusstsein. Ich erkenne mich selbst, wie der Türbalken zum delphischen Orakel es anmahnt. Nichts entgeht meinem argwöhnischen Blick. Ich belauere mich und was mich angeht. Vor allem aber, wenn mich etwas ärgert, wird es der strengsten Prüfung unterzogen.

      Als ich mein Handy verloren habe, war ich verstimmt. Und der erste Reflex war, dieses Werkzeug zu ersetzen. Doch das hätte Geld gekostet und eine Fahrt in die Stadt, bzw. eine Recherche im Internet nach dem passenden Produkt bedeutet. Ein-zwei gute Stunden, dazu der Stress. In Anbetracht der Kürze meines Lebens ein geradezu waghalsiges Unterfangen, eine vielleicht irrsinnige Verschwendung. Zeit mit Unerfreulichem vergeuden? Lieber nicht. Ich dachte also darüber nach. Wozu brauche ich dieses Werkzeug? Um unterwegs mit anderen reden zu können. Um im Notfall Hilfe zu rufen. Um erreichbar zu sein. Nun, unterwegs angerufen zu werden, empfinde ich meist als lästig – auch ist die Qualität der Telefonate meist nicht sehr erbaulich. Wo bist du gerade? Na hier, wo soll ich schon sein? Zu kurzatmig also der aus seiner Rastlosigkeit Aufgeschreckte und mit Anderem Befasste. Und um Hilfe zu rufen hatte ich gottlob noch nie nötig. Ich stelle mir aber vor, dass in einem dicht besiedeltem und hochtechnisierten Land wie Deutschland ein hilfreicher Mensch praktisch an jeder Ecke und hinter jeder Türe zu finden ist. Ja, so ist es ganz gewiss. Auch wenn einem medial suggeriert wird, man wäre eigentlich nur von mörderischen Bestien, Perversen, Betrügern und Terroristen umgeben – die Wahrheit ist, dass der bei weitem größte Teil aller Menschen ihren Mitmenschen gegenüber grundsätzlich wohlwollend und freundlich gesinnt sind. In der Not wird einem also auch ohne Handy schnell geholfen werden, wenn man nur um Hilfe bittet, gleich wie der geneigte Leser dieses Buches natürlich selbst jederzeit seinen Mitmenschen, gleich welcher Schicht sie angehören, gleich welcher Religion oder Hautfarbe sie sind, hilfreich zur Seite stehen wird – jedes andere Verhalten wäre tatsächlich bestialisch und unmenschlich.

      Ich folgerte also: Weder die Investition an Zeit noch an materiellen Ressourcen rechtfertigen die Wiederbeschaffung eines Mobiltelefons. So befreite ich mich von diesem für mich unnützen Werkzeug, indem ich seine Überflüssigkeit in meinem Lebenskonzept begriffen habe – ich habe das rechte