Weg, einfach weg. Ralf J. Schwarz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ralf J. Schwarz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738001839
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von dem Wohlstand der Besitzer.

       »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?” fragte Ute van Geerden leise und fuhr nach Mays Kopfschütteln weiter fort: »Um was geht es denn bitte?” »Frau van Geerden, wissen Sie, wo sich Ihr Mann zurzeit aufhält? Oder ist es möglich, dass Sie Ihn anrufen? Wir haben sein Auto gefunden und wir gehen momentan davon aus, dass es gestohlen wurde. Also kein Grund zur Aufregung.” Entsetzt starrte Ute van Geerden den Hauptkommissar an. Apathisch stand Sie auf und verließ den Raum. Kurze Zeit später kam sie mit einem, in blaues Leder gebunden Terminkalender zurück. Bedächtig schlug sie das aktuelle Datum auf und las laut vor: »Termin 18.08. um 9.30 Uhr, Michael Hellriegel, Trebsen/Mulde. Und die Telefonnummer steht hier natürlich auch. Er ist gestern Morgen auch pünktlich weggefahren. Ich hab die noch die Tür gehört als er sie geschlossen hat. Aber warten Sie, ich werde meinen Mann anrufen.”

       Sie griff nach dem Handy das auf dem Tisch lag und wählte mit schnellen Fingerbewegungen eine Nummer. Nach kurzer Zeit sprang die Mailbox van Geerdens an. »Bitte Schatz, melde Dich mal. Ich glaube Dein Auto wurde gestohlen. Ruf mal zurück!” »Frau van Geerden, hat sich Ihr Mann gemeldet seit er weggefahren ist? Und wann wollte er zurück sein?” »Nein, er meldet sich eigentlich nie wenn er unterwegs ist, wissen Sie, er ist selbständig und hat eine Menge um die Ohren.” »Mit was verdient Ihr Mann denn sein Geld? Wenn die Frage zu indiskret ist, brauchen Sie natürlich nicht zu antworten.” »Mein Mann hat Pharmazie studiert und dann eines der größten Pharmaunternehmen der Region aufgebaut. Er produziert und erforscht vor allem Mittel die man aus Pflanzen gewinnen kann, hat sich auf diese Nische spezialisiert und ist damit sehr erfolgreich. Er versucht das verlorene Wissen unserer Vorfahren wiederzubeleben und deren Kenntnisse über Heilpflanzen zurückzugewinnen.” »Frau van Geerden, bitte lassen Sie mir eine kurze Nachricht zukommen wenn sich Ihr Mann bei Ihnen meldet.« Volker hielt ihr seine Karte hin, zog sie aber im Moment als sie danach griff zurück. »Ich werde Ihnen meine Privatnummer aufschreiben. Sie können mich so jederzeit telefonisch erreichen!«

       Volker ließ sich die Telefonnummer des Terminpartners van Geerdens geben, verabschiedete sich und ging zurück zu seinem Auto. Nach einem kurzen Anruf in Grimma, in dem er die Telefonnummer und die Fakten weitergab, fuhr er erfreut in seinen wohlverdienten Feierabend.

      Kapitel 6

      Leise stand Andreas auf, hörte das gleichmäßige Atmen seiner Frau, die leisen Geräusche der gespenstisch anmutenden Stadt, die durchs geöffnete Fenster drangen. Leise hörte er die Regentropfen auf den Blättern der Bäume aufkommen. Nie hatte er verstehen können, wie eine Metropole wie Frankfurt, wenn er auch nur in einem Vorort wohnte, seine Geräuschkulisse so drastisch ändern konnte. Während tagsüber das Leben in Form von Autolärm, Menschenstimmen und anderen, vielfältigen und in gewissem Maße, sonoren Klängen sich so präsent aufdrängte, schien sich nachts eine andere, unheimliche Welt aufzutun. Noch nie hatte er die Dunkelheit der Stadt, die Finsternis der verwinkelten Straßen, gemocht. Die scheinbar so sichere Welt in der er lebte, hatte in der Nacht viele Fallstricke und Gruben. Möglicherweise war es aber auch eine Art Angst die ihn gefangen hielt, wenn er gezwungen war, durch Frankfurts dunkle Gassen zu gehen. Einen dieser nächtlichen Horrortrips hatte er in der vergangenen Nacht erlebt. Auf dem Weg vom Steakhouse zurück zu seiner Wohnung hatten die Geister der Finsternis ihre dunklen Finger nach ihm ausgestreckt.

      Er spürte die kalten Fliesen unter seinen nackten Füßen als er leise aus ihrem Schlafzimmer schlich und verschwand hinter der gleich angrenzenden Toilettentür. Er hatte den Atem angehalten, versucht kein Geräusch zu verursachen, Ute nicht zu wecken. Heute würde er seinen so lange geschmiedeten Plan in die Tat umsetzen. Am Vorabend hatte er diese Entscheidung bei Hartmut verlauten lassen. Nun, da es langsam Realität werden sollte, war er sich nicht mehr so wirklich sicher. Aber es war ja auch nicht so einfach. Das Unternehmen das er geplant hatte, glich einem Sprung ins eiskalte Wasser. Und das noch mit verbunden Augen. So viele unbekannte Faktoren konnten das Gelingen des Vorhabens noch gefährden. Er war sich seinen Gefühlen nicht mehr so sicher. Fühlen konnte er nur die Angst die langsam in ihm aufbrauste. Und er wusste, dass ein Gespräch mit Ute seine Unsicherheit bestätigen und den so lange gehegten Wunsch zum Kippen bringen könnte.

      Langsam und bedächtig, um keine Geräusche zu verursachen, setzte sich Andreas auf den Rand der Badewanne. Gedanken zogen wie Wolken durch seinen Kopf, teils helle, die ihm sagten »He Mann, heute ist Dein Tag, verschwinde endlich und werde glücklich!« Die dunklen jedoch rieten zur Vorsicht, mahnten ihn, die Entscheidung sei noch nicht endgültig, noch wäre nichts passiert und sein altes Leben noch zu retten. Ein beherzter Schritt vor die Tür und er könne Hartmut noch aufhalten. Nichts wäre geschehen, niemand würde etwas ahnen. Feige nannten die hellen Wolken diese Hirngespinste, taten sie als Unsinn ab und siegten schließlich.

       Um seine möglicherweise doch erwachten Frau zu beruhigen, zog er die Klospülung und öffnete erneut die Badezimmertür. Kein Ton war zu vernehmen. Leise, auf nackten Füßen schlich er sich in sein Arbeitszimmer im Untergeschoss des Hauses. Ein erster Blick auf die Uhr befahl ihm, nun sein Vorhaben, seinen nun schon monatelang vorbereiteten Plan schnellstmöglich umzusetzen. In nur wenigen Minuten würde sein Freund den Wagen wegfahren. Im den zeitlichen Vorgaben durfte es keine Abweichungen geben. Dafür hatte er sich zu viel Mühe gegeben und aus seiner Sicht alles vorbereitet.

       Leise ging er in die Toilette die an sein Büro angrenzte und wusch sich die Haare. Anschließend trug er die Haartönung die er besorgt hatte, auf sein von Natur rotblondes Haar auf. Zwanzig Minuten sollten reichen versprach die Gebrauchsanleitung auf der Packung. Zurück im Arbeitszimmer zog er den Schrank in dem er seine Akten die er gelegentlich mit nach Hause nahm, aufzubewahren pflegte, auf und nahm seine speziell für diesen Zweck besorgte Kleidung heraus. Einfache, dunkelblaue Jeans, ein dunkelgrünes T-Shirt mit einem Aufdruck einer Universität, und natürlich dunkelbraune, handgenähte und für ihn persönlich gefertigten Lederschuhe. Diese Schuhe sollten der einzige Komfort sein, den er sich in seinem neuen Leben leisten, ein Luxus auf den er nie verzichten wollte. Lange hatten die Vorbereitungen gedauert, hatte er Bücher gelesen, Anleitungen von den verschiedensten Geheimdienstmitarbeiter, wie man in der Masse der Menschen untertaucht und seinem Gegenüber wenig Möglichkeiten gab, an denen sich jemand erinnern konnte. Und am wenigsten auffällig war schließlich ein mittelblonder, schlicht gekleideter Mann mit etwas Bauchansatz. Natürlich waren auch verschiedene Verhaltensmuster nötig um nicht aufzufallen. Den Kopf leicht nach vorne gebeugt erzeugte einen unauffälligeren Gang, grundsätzlich keinen Augenkontakt mit jemand aufnehmen und vermeiden von direkten Gesprächen waren nur einige der Dinge, die er sich in mühevoller Kleinarbeit vor seinem Spiegel erarbeitet hatte. Und eben den Fat-Suit den er sich im Trubel des Karnevalsgeschäftes gekauft hatte.

       Mithilfe dieses rucksackähnlichen, am Oberkörper getragenen und mit Watte ausgestopften Teiles, welches natürlich vor dem Bauch getragen wurde, wollte er den Bauchansatz an seinem sonst gut trainierten Körper erscheinen lassen. Es war nur ein kleiner Bauchansatz der aber reichen sollte, auch von der Frauenwelt nicht als sonderlich attraktiv empfunden und somit auch nicht gedanklich abgespeichert zu werden.

       Nachdem er sich angezogen und die Haare von der Tönung befreit hatte, blickte er erstaunt in den Spiegel. Im flüchtigen Hinsehen hätte er sich nicht erkannt. Lediglich seine hellblauen Augen störten noch das Gesamtbild. Aber er wäre nicht so ein brillanter Kopf, so jedenfalls war sein Selbstbild, wenn er nicht auch daran gedacht hätte. Einfache, graue Kontaktlinsen ohne Sehfehlerkorrektur gaben ihm endlich das perfekte Aussehen.

       Er warf seinen Schlafanzug in die Wäschetonne im Bad und nahm seinen Rucksack und seinen Aktenkoffer. Auch den gepackten Koffer, den er für seine fingierte Reise brauchte, nahm er mit. Noch einmal drehte er sich um, stand in der Tür des Arbeitszimmers und betrachtete den Raum. Würde es so aussehen wenn jemand auf eine Geschäftsreise ging? Nie hatte er sich damit beschäftigt und aufgepasst wie ein verlassenes Büro auszusehen hatte. Aber es erschien gut so.

       Und nun meldeten sich auch die Stimmen in seinem Kopf wieder. Sprachen von Hierbleiben, von sicherem Leben, Reichtum und alle dem. Gespräche die verstummten als er vor die Eingangstür des Hauses trat und schließlich den rot gepflasterten Weg zur Tür nach draußen ging. Ute hatte er gesagt, dass er so früh weg müsse und deshalb den Wagen vor dem Grundstück