Richard Kuntze
Ricki und Gerti
Wahre Geschichten von zwei Jungen aus den 1960er Jahren
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Inhaltsverzeichnis
Bonanza und ein Baumhaus in den Rheinwiesen
Reise zu einem fernen Planeten
Nächtliches Abenteuer am Baggersee
Fakultätsratssitzung in den Baugruben
Ricki und Gerti
Ricki und Gerti
Wahre Geschichten von zwei Jungen in den 60er Jahren des 20ten Jahrhunderts in Süddeutschland
Richard Kuntze
mit Bildern von Richard, Svenja, Jakob und Lotte Laing
Für Svenja, Jakob, Lotte und alle Kinder dieser Erde
© Ritsch Heart: Text, Art & Music Production, Stuttgart - Karlsruhe- Langensoultzbach 1999/2001/2015.
Der Neue im Dorf
Ricki war der Neue im Dorf. Es war ein sehr kleines Dorf. Es hatte nur eine Kirche und kaum tausend Einwohner. „Kanschd du scho Schtafforderisch?“, hatte diese nette alte Frau aus dem Bäckerladen gefragt. Was für eine Frage, nachdem sie erst seit drei Tagen hier wohnten. Aber der Bäckerladen war prima. Hier gab es fast alles. Bei weitem nicht nur Backwaren, wie Brezeln und so. Es gab Süßigkeiten natürlich und Eier, Milch, Nudeln und Schulhefte, Buntstifte und lustige Bleistiftspitzer, Heftklammern und Spielzeugautos und noch tausend Sachen mehr. Ricki war sieben Jahre alt. Er war mit seiner Schwester Susi und ihren Eltern neu hierher gezogen. Susi war erst 2 Jahre alt. Sie war noch zu klein für all die Abenteuer, die man hier erleben konnte.
Rickis Familie wohnte in dem Neubaugebiet am Rand des alten, kleinen Dorfes, dort wo es zur Wiese und zum Wald ging. Das Neubaugebiet war noch unfertig, genauer gesagt, war es eine dauernde Baustelle. Die Straßen waren ohne Belag, blanke Erde mit schönen runden Schlaglöchern, die nach Regentagen voller Wasser waren. Die Häuser hatten zwar Klos, aber alles wurde in einer großen Grube unter der Erde gesammelt. Einmal im Jahr kam Hugo mit seinem Jauche-Lastauto. Das hatte einen langen Schlauch, damit pumpte Hugo die Grube leer und verteilte alles auf die umliegenden Felder und Wiesen oder so.
Immer wieder wurden neue Häuser gebaut. Das war schön, so kamen neue Kinder ins Dorf. Das alles gefiel Ricki sehr. Überall konnte man prima spielen. Erst hatte er keine Freunde hier und kannte niemanden, aber das sollte sich bald ändern. Heute begann für Ricki die Schule. Zweite und dritte Klasse wurde gemeinsam unterrichtet. Das Klassenzimmer war im Rathaus des Dorfes, gleich hinter der Kirche. Und hier geschah der Glücksfall für Ricki. Schon am ersten Tag hier in dieser Schule wurde er von einem Jungen angesprochen: „Hallo, ich heiße Gerti. Hast du heute Nachmittag Zeit? Dann spielen wir zusammen. Ich hole dich zu Hause ab. Wo wohnst du denn?“
Und wirklich, mit diesem Tag begannen die wunderbaren gemeinsamen Abenteuer von Ricki und Gerti, die fast fünf Jahre lang dauerten. Ricki und Gerti eroberten auf ihren Fahrrädern die Gegend im Umkreis von vielen Kilometern. Von den Seen am großen Fluss im Westen bis zu den Bergen mit den Kirchlein und den alten Burgen im Osten. Und von der kleinen Stadt im Norden bis zum altem Schloss im Süden, das inzwischen ein Kinderheim war. Richtig weit erstreckte sich ihr Reich. Das alles gehörte unseren beiden Freunden. Am Ende zeigte ihnen das Schlagen der Kirchturmuhren immer den glücklichen Heimweg am Abend. Sie radelten auf den kleinen Straßen zwischen den Dörfern. Der Autoverkehr war damals noch nicht ganz so gefährlich wie heute. Dann trennten sich ihre Wege bis zum nächsten Morgen in der Schule. Außer, wenn Ricki manchmal bei Gerti schlafen durfte, dann hörten sie wilde Musik und spielten bis spät in die Nacht, bevor sie endlich einschliefen.
Freundschaft im Kuhstall
Gertis Familie wohnte schon seit Urzeiten in dem kleinen Dorf. Gerti kannte jeden Winkel, jede Hausecke, jedes kleine Wegchen und natürlich auch alle Kinder im Dorf. Er kannte auch viele Tricks. Gerti konnte eigentlich alles, so schien es. Manche im Dorf sagten, Gerti wäre ein wenig verrückt und viel zu leichtsinnig. Gerti war ein kleiner quirliger Junge, immer zu Streichen aufgelegt. Und er wollte nie erwachsen werden.