Zu nah am Abgrund. Karlheinz Seifried. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karlheinz Seifried
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847615880
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und hatte hier unten eine Hundezucht aufgebaut. Sie züchtete verschiedene Rassen, aber alle hatten eines gemeinsam, es waren Hunde, die für den Schutz- und Sicherheitsdienst eingesetzt wurden. Sie bildete sie selbst aus, aber alles ohne Gewalt. Blacky haben wir damals auch von ihr bekommen.

      Wir stiegen im Hof ab, banden die Pferde fest, lösten die Sattelgurte und sahen uns um, wo konnte sie stecken? Eva ging zu Haustür und betätigte die Klingel, ich schlenderte zur Scheune um zu sehen, ob sie sich dort aufhielt. Eva hatte Glück, Betti öffnete die Haustür und sagte erfreut:

      „Hallo, ihr beiden! Was führt euch zu mir? Kommt rein auf einen Wein oder lieber einen Grappa?“, fragte sie lachend.

      „Hallo Betti. Nein, nein lieber einen Wein. So früh trinken wir nichts Scharfes“, antwortete Eva und wir gingen durchs Haus auf die Terrasse und setzten uns in die bequemen Korbstühle. Betti schenkte uns aus einer Karaffe ein Glas Wein ein und sah uns fragend an.

      „Was führt euch denn so früh am Tage zu mir?“

      „Der Grund ist, wir hätten gern noch zwei Hunde bei dir gekauft. Hast du denn noch welche, so kurzfristig, für uns da?“

      „Oh ha, so schnell noch zwei Hunde? Ist was bei euch passiert und wie geht es Blacky? Ihr wisst, wie viel einer kostet?“, sagte sie und sah uns beide an.

      Natürlich war die Frage schon berechtigt, denn die Hunde von Betti waren bestimmt nicht kostengünstig zu nennen. Aber sie waren auch jeden Euro wert. Sie wurden zwar für den Wach-, und Sicherheitsdienst ausgebildet, aber sie waren Tiere mit Herz und Verstand.

      „Blacky geht es sehr gut, wir haben ihn nur zu Hause gelassen, damit er aufs Haus aufpasst. Bei uns haben sich heute zwei Männer herumgetrieben. Das machte uns klar, dass Blacky alleine für das Grundstück nicht ausreicht und es auch schön wäre, wenn er Spielkameraden hätte. Deshalb wollen wir noch zwei dazu kaufen.“

      „Ich habe gerade vier hier. Zwei davon sind schon mit der Ausbildung fertig, die habe ich aber eigentlich schon einem Kunden in der Schweiz versprochen. Für die anderen zwei würde ich noch vier Wochen für die Ausbildung benötigen. Er wollte ja sowieso erst in fünf Wochen kommen und sie abholen, das würde dann ja auch noch reichen. Dann kann er ja die zwei bekommen.“

      Bei Betti bestellte man die Tiere und man sagte ihr, wofür man sie einsetzen wollte. Dann wurden sie von ihr ausgebildet und dressiert. Waren sie fertig ausgebildet, musste man sie selbst abholen und etwas Zeit mitbringen. Sie hatte mehrere Zimmer zum Vermieten und da konnte man sich auch einquartieren. Dann begann die Gewöhnungsphase zwischen Hund und dem neuen Besitzer.

      „Gut“, sagte ich, „das wäre toll, dann könnten wir ja schon morgen mit der Eingewöhnung beginnen. Was sind es denn für Tiere?“

      „Ich kann euch nur Curly und Red geben. Curly ist ein Curly Coated Retriever, die sind robust und witterungsunempfindlich.

      Sie sind ausgezeichnete Schwimmer und vielseitig einsetzbar. Als Jagdhunde, Rettungshunde oder Schutzhunde. Haben einen eigensinnigen Charakter und benötigen eine konsequente Erziehung. Curly ist temperamentvoll und benötigt Familienanschluss und viel Platz zum Austoben, was ja bei euch gegeben ist. Er ist achtundsechzig Zentimeter groß und wiegt vierzig Kilo, seine Farbe ist schwarz. Dann ist da noch Red, ein Rhodesian Ridgeback. Sie werden auch Löwenhunde genannt, weil sie zur Löwenjagd genommen werden. Sie sind intelligent, lernfreudig, lebhaft, mutig und reaktionsschnell. Red ist ein ausgezeichneter Wach- und Schutzhund, aber er will die Befehle, die man ihm gibt, verstehen und denkt nach, bevor er sie ausführt. Er ist freundlich und benötigt sehr viel Einfühlungsvermögen. Seine Größe ist neunundsechzig Zentimeter und er wiegt fünfundvierzig Kilo. Die Fellfarbe ist rotweizenfarben, deshalb auch der Name Red“, zählte sie die Vorteile der beiden Hunde auf.

      „Kommt doch mit rüber zu den Stallungen, dann könnt ihr sie euch ja mal ansehen“, sagte sie und stand auch schon auf. Wir gingen über die Terrasse zum Hundezwinger und sahen uns die Tiere an. Eva war von den beiden sofort begeistert, vor allem von Red.

      „Oh ja! Die nehmen wir“, sagte sie schwärmerisch.

      „Gut, dann komme ich morgen früh mit den beiden rüber und wir fangen mit der Gewöhnung an.“

      Wir verabschiedeten uns von Betti und ritten zurück zum Haus. Wir mussten noch ein paar Vorbereitungen für die beiden Jungs aus Deutschland treffen.

      In Sichtweite unseres Hauses pfiff ich und schon kam ein schwarzer Blitz aus dem Stall gefegt und lief uns entgegen. Blacky freute sich, uns wiederzusehen.

      Am Küchenfenster tauchte ein Kopf mit schwarzen Haaren auf, das war Anna, unsere gute und fleißige Seele. Sie kam jeden Tag und half im Haus und wenn wir Gäste hatten, kochte sie auch gute sardische Küche.

      Wir winkten ihr zu und sie winkte freudestrahlend zurück. Im Stall sattelten wir die Pferde ab, striegelten sie und gaben ihnen noch ein paar Möhren. Dann gingen wir zum Haus.

      „Mein Lieber, jetzt machen wir Folgendes: du setzt dich jetzt auf die Terrasse und spannst ein wenig aus und ich informiere Anna, dass Besuch kommt und sie so gut sein soll, das Gästehaus herzurichten. Dann besorge ich uns noch ein kaltes Getränk, etwas zum Knabbern und du erzählst dann noch ein wenig aus deiner Vergangenheit, bis unsere beiden Männer ankommen.“

      „Du hast immer gute Ideen, mein Schatz“, sagte ich und ging zur Terrasse, um mich schon einmal in die Sitzgruppe zu setzen, die Beine hochzulegen und auf Eva zu warten. Sie brachte uns eine Karaffe mit schön gekühltem Wasser mit, eine Schale mit Dolci Sardi und setzte sich zu mir.

      „So, jetzt haben wir alles, was wir brauchen, jetzt kannst du anfangen zu erzählen. Ich bin schon ganz gespannt wie die Geschichte weitergeht.“

      Kapitel 9

      1967

      Wir hatten mittlerweile unsere Kontakte ausgebaut und so blieb es nicht aus, dass Wolfgang eines Tages zu mir sagte:

      „Organisator, du solltest mal nach Hongkong und Manila fahren, hier gibt es für uns noch viel zu tun. Wir machen es wie immer. Du zeigst den Chinesen, wie wir den Ablauf organisiert haben und wie es funktioniert. Wenn sie dann mitmachen und interessiert sind, setzen wir wieder unsere Jungs auf dieser Route ein.”

      Gesagt getan, ich heuerte auf einem Schiff für Ostasien an und fuhr die Route Mittelmeer, Rotes Meer, Aden und weiter ins ostasiatische Gebiet über Singapur bis Hongkong. Horst fuhr nicht mit, wir mussten uns trennen, um mehrere Gebiete abzudecken und neue Mitarbeiter einzuarbeiten.

      Horst fuhr mit einem neuen Mann noch einmal die Südamerikaroute. Der Albino war ja nicht mehr an Bord. Bei mir war es in jedem Hafen der normale Ablauf, Briefkasten aufsuchen, nachdem ich die Gegend erst gesichert hatte, dann die Nachricht holen, die Telefonnummer anrufen, Treffen ausmachen und dann die Ware übergeben oder übernehmen.

      Das ging so weit gut, bis Manila. Hier gab es auch eine Übernahme, nur mit dem Unterschied, dass ich das starke Gefühl hatte, nach der Übernahme und auf dem Weg zum Schiff beobachtet zu werden. Ich hatte selbst nach diversen Abschütteltricks immer noch das Gefühl, beobachtet zu werden, konnte aber niemanden entdecken. Es sollte sich aber später noch fürchterlich rächen, dass ich nicht noch mehr versucht hatte, um eventuelle Verfolger los zu werden.

      Ich ging an Bord und verstaute meine Päckchen in den Zwischenraum der Bordwand, indem ich die Abdeckplatten abschraubte und alles in den Hohlraum legte.

      Natürlich tat ich das nicht in meiner Kabine, denn falls die schwarze Gang, der Zoll, kam und das Versteck entdecken würde, wäre ich ja in den Verdacht gekommen, also tat ich das in der Toilette.

      In der Messe ging ich noch ein Bier trinken und meine Kollegen fragten, ob wir heute Abend gemeinsam in die Hafenkneipe gehen wollten, was freudig angenommen wurde. Na ja, Kneipe war vielleicht die falsche Bezeichnung, es war ein Amüsierlokal mit tollen, süßen Asiatinnen. Da ich alles erledigt hatte, sagte ich, wir sollten uns um zweiundzwanzig Uhr an der Gangway treffen. Dann ging ich in meine Kabine um zu duschen und machte mich für den Landgang fertig.