„War schon nicht schlecht“, sagte Albrecht, „aber du darfst die Luft nicht anhalten. Atme langsam aus, wenn du das Gewicht herablässt. Los, noch mal.“
William wuchtete den Balken wieder hoch und ließ ihn erneut langsam herab. Sein Herz begann am Kettenhemd zu rütteln. Er wollte hecheln, aber Albrecht sprach ruhig auf ihn ein: „Langsam ausatmen! Gut so. Noch mal.“
William begann zu keuchen. Wieder drückte er das Stück Mast hoch, wieder ließ er es herab. Diesmal ging es schneller, als er es gewollt hätte, und schon beim fünften Mal verließen ihn seine Kräfte. Es war, als lägen elastische Bänder unter seiner Haut, die dem Gewicht nachgaben wie Spinnweben. Er fühlte die Muskeln unter seiner Kleidung schwellen und glaubte, Arme zu haben wie ein Gladiator. Er war zufrieden mit seiner Leistung und grinste erschöpft.
„Du bist ein Weichling“, sagte Albrecht. „Fünf Durchgänge hätte sogar meine Zofe geschafft. Nimm die beiden Säcke da. Was ist da drin?“
William schluckte. Sein Grinsen verrann wie der Schweiß auf seinem Gesicht. Er holte tief Luft und antwortete: „Nägel, Sir.“
„Die Beutel können nicht mehr wiegen als eine Schweineblase voll Sand. Nimm einen Beutel in jede Hand, und dann bewegst du sie auf und ab, diesmal aber schnell, denn Ausdauer brauchst du auch. Außerdem verhindert diese Übung, dass das Blut aus deinen Armen weicht. Dadurch wachsen die Muskeln. Auf geht's.“
William nahm die Beutel auf und fing an, die Beutel auf und ab zu bewegen. Sein Enthusiasmus war geschmolzen und bei weitem nicht mehr so ausgeprägt, wie zum Zeitpunkt seiner Zielsetzung auf Deck. Aber Albrecht scheuchte ihn. Immer und immer wieder pumpte William die Beutel hoch, bis seine Arme lahm wurden und zu schmerzen begannen. Die Bewegungen wurden langsamer. Ihm wurde schwarz vor Augen. Wasser sammelte sich im Mund. Übelkeit plumpste ihm in den Magen. Dann sank er in die Knie. Mit metallischem Platsch klatschten die Beutel auf die Planken.
„Los, weiter“, zischte Albrecht energisch. „Streck die Arme aus. Wir machen Kniebeugen.“
„Ich kann nicht“, hechelte William.
„Wird's bald?“
„Mir ist speiübel. Ich muss kotzen.“
„Kotzen kann er“, sagte eine raue Stimme. „Da kannst du meine Rüstung fragen.“ Aus Francis' Stimme tropfte beißender Hohn. Er bückte sich, packte den Balken an den Schlaufen und hob ihn hoch. Dann warf er ihn quer durch den Schlafsaal, bis er krachend auf eine Koje schlug. Francis streckte seine Hand aus. „Schlag dagegen, los.“ William schaute den Schwarzen Ritter an. Er stand über ihm wie einst der Kolossos von Rhodos über der Hafeneinfahrt. Der Junge hustete und drückte sich hoch. Er schaute in Francis' Augen wie in einen magischen Spiegel, der ihm zeigte, was für ein schwacher Mensch er war.
„Überwinde den Schwächepunkt, William.“
William schlug zu, immer und immer wieder, bis er glaubte, seine Lunge ausspucken zu müssen, doch je mehr er sich verausgabte, umso wilder wurde er. Francis sollte nie wieder über ihn lästern können. Irgendwann war er nicht mehr er selbst. Seine Fäuste schlugen ungesteuert auf Francis' Hand ein. Und dann hörte er dessen Stimme wie aus einer fremden Welt: „Das reicht.“
William sank in die Knie. Er stützte sich auf dem Boden ab und hustete und spuckte das Wasser auf den Boden, das sich in seinem Mund gesammelt hatte. Irgendwann wurde die Brühe weniger und er kam wieder zu sich. Er schaute zu Albrecht auf, der ihm anerkennend zunickte.
„Ich bin ein Würmchen, nicht wahr?“ keuchte William leise.
„Wir werden sehen“, sagte Albrecht. „Ich würde aber nicht so tief sinken. Sagen wir, du bist ein Lind-Würmchen. Ob daraus ein Drache wird, liegt an dir.“
„Ich werde es schaffen“, schwor William.
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