Die französischen Ritter bilden mit zehn Soldaten das Prisenkommando. Euer Platz ist auf der Plattform am Hauptmast.
Die deutschen Brüder übernehmen das Bug, die Engländer das Heck, jede Gruppe ebenfalls mit zehn Soldaten.
Die anderen Marines verteilen sich an der Reling. Sobald das Kommando ertönt, nimmt jeder seine Stellung ein. Noch Fragen?“
Niemand meldete sich. Die Ordnung an Bord glich in diesem Moment einem Sauhaufen, weil alle durcheinander liefen, um sich zu Gruppen zu formieren, bis Soldaten und Ritter bunt durcheinander gewürfelt an Deck standen. Dann bekam der rhodische Segelmeister den Befehl, die Segel raffen zu lassen. Seine Männer funktionierten wie eine Maschine, und langsam verlor das Schiff an Fahrt.
„Rudern“, schrie der Kapitän.
Der Offizier wiederholte den Befehl mit der Silberpfeife, und die Unteroffiziere brüllten es den Sklaven zu. Sie ließen ihre Ruder zu Wasser und legten sich in die Riemen.
Die Lotsen maßen vier Knoten.
Im nächsten Moment bliesen die Trompeter, und aus dem scheinbar unordentlichen Haufen bildete sich in wenigen Augenblicken eine geordnete Truppe.
Ruckartig, als müsse sie sich von einem Gumnmiband lösen, erreichte die Galeere schon bald Reisegeschwindigkeit. Der Bug mit dem Löwenkopf als Galionsfigur durchpflügte die Wellen. Jeder stand still an seinem Platz und rührte sich nicht.
„Doppelte Schlagzahl“, befahl der Kapitän.
Die ruckelnde Kraft von dreihundert Männern, die an den Rudern zerrte, war in den Beinen zu spüren. Peitschen knallten unter Deck.
„Fünf Knoten“, rief ein Lotse.
„Rammgeschwindigkeit“, brüllte der Kapitän.
Der ruckelnde Rhythmus beschleunigte noch einmal.
„Fünfeinhalb Knoten. Sechs Knoten. Sechseinhalb!“
Sie rammten ein unsichtbares Geisterschiff, und auf den Befehl 'Entern' zogen die Sklaven die Ruder ein. Die Bögen des Prisenkommandos spuckten Pfeile in die Luft. Die Soldaten rannten mit gezogenen Schwertern zum Bug und brüllten, als wollten sie tatsächlich ein feindliches Schiff entern, doch dann stoppten die Trompeter ihren Schwung.
„Zurück auf eure Plätze“, schrie der Offizier. Die Sklaven konnten sich einen Moment lang ausruhen, doch dann begann das gleiche Spiel von neuem. Rudern, doppelte Schlagzahl, Rammen, Entern, Kampf. Diesen Ablauf wiederholten sie so lange, bis die Ruderer keuchend über ihrem verhassten Werkzeug hingen. Dann endlich kam das Signal zum Abbruch.
Der Kapitän war mit dem Manöver zufrieden. „Gut, Brüder“, lobte er. „Ruder einziehen und Segel heißen. Alle Ritter versammeln sich um den Hauptmast. Als nächstes folgen Waffenübungen. Möchte jemand freiwillig den ersten Kampf bestreiten?“
Robert de Lastic trat vor. „Ich!“
„Das habe ich mir gedacht“, flüsterte Tomas in Williams Ohr. „Der Knabe braucht eine Abreibung. Willst du es übernehmen?“
„Ich glaube, das wäre keine gute Idee, Tomas. Er würde es in den falschen Hals kriegen. Aber wie wär's mit dir?“
Tomas kam nicht dazu, zu antworten, denn Francis trat vor und sagte: „Lasst mich gegen ihn kämpfen, Sir.“
„Wie ist dein Name?“ fragte der Padrone den Herausforderer.
„Robert de Lastic, Ritter der Französischen Zunge.“
„Und ich bin Francis Townsend.“
„Du bist Reisender“, sagte der Padrone. „Die Waffenübungen sind aber nur für die Johanniter bestimmt. Also, wer tritt vor?“
Als sich niemand meldete, ließ der Padrone seine Augen über das Schiff kreisen und suchte einen Mann aus. Er deutete auf Karl Berenger. „Du, Bruder, wirst gegen ihn kämpfen.“
Karl trat vor, verbeugte sich vor de Lastic und ergriff eines der beiden Übungsschwerter, die am Mast lehnten, und einen Schild.
Robert tat das gleiche, und auf Kommando prügelten sie aufeinander ein. Im Gesicht des Franzosen war Hass und Wut zu erkennen. Er kämpfte verbissen wie ein Gladiator und schonte seinen Gegner nicht. Es waren weniger Kraft und Geschicklichkeit, die Robert das Duell gewinnen ließen, als der pure Zorn auf einen Deutschen. So dauerte es auch nicht lange, bis Karl unter der Wucht des Angriffs in die Knie ging und das Schwert an der Kehle spürte.
„Gut“, lobte Padrone di Giovanni. „Wer möchte es jetzt versuchen?“
Niemand rührte sich.
In den Männern wirkten verschiedene Kräfte. Francis wäre am liebsten vorgesprungen, um dem jungen Sporn das Gift abzumelken, aber ihm waren die Hände gebunden. Federico würde es nicht zulassen. William dagegen wurde von unsichtbaren Stricken zurückgehalten. Diese Stricke hießen 'Angst'. Auch wenn es nur eine Waffenübung war, so konnte keiner bestreiten, dass dies ein ernster Kampf sein würde. De Lastic hasste alle Ausländer, und deshalb würde er auch auf William einprügeln. Die Übungen im Kloster waren da ganz anderer Natur gewesen. Gegen de Lastic kämpfen? Nein danke. Nicht unbedingt.
„Du, Bruder, trete vor.“
William schaute zu Boden und sah nicht den ausgestreckten Finger, der auf seine Brust zeigte. Aber er wusste, dass er gemeint war. Ein Zittern nistete sich in seine Knie ein, und sein Herz klopfte von innen gegen das Kettenhemd. 'Sieh auf, William', sagte seine innere Stimme, 'stürze dich auf diesen französischen Angeber und prügele ihn um, dann hast du deine Ruhe. Es wird dir die Angst nehmen.'
„He du, Bruder mit dem roten Umhang, sieh mich an.“
William blickte auf.
„Wie heißt du?“
„William Tudor, Ritter der Englischen Zunge, Sir.“
„Tritt vor, Junge, und kämpfe.“
Williams Beine glichen denen eines Pferdes, das von seinem Reiter gelenkt wurde. Sein Reiter hieß Gehorsam, und er trieb ihn zum Hauptmast, wo er einen Schild und ein Schwert ergriff. Kaum hatten sich seine Fäuste um die Griffe der Waffen geklammert, da klang auch schon das Schwert seines Gegners hell auf seinem Schutzschild. William wich erschrocken zurück. Grimmig schaute er den Franzosen an, dessen Augen Hass versprühten. Der Knabe war schmal und fast einen Schwertknauf kleiner als der lange, blonde Engländer, und trotzdem vertrat er so viel Kampfgeist wie ein zorniger Bulle, dessen Lieblingskuh zum Schlachter soll. 'Es ist nur eine Übung', murmelte seine innere Stimme, doch bevor er ihr antworten konnte, stürmte der Franzose wieder auf ihn ein. William parierte die Schläge, stieß den jungen Ritter mit dem Schild von sich und wollte das Schwert gegen ihn erheben, aber seine Angst hielt ihn zurück. So dauerte es nicht lange, bis William zu Fall kam und auf dem Boden lag.
Robert de Lastic baute sich vor William auf. Im Siegesrausch stellte er ein Bein auf die Brust des Gefallenen und winkte seinen Kameraden zu.
„Das reicht“, sagte der Padrone. Dann wandte er sich an William. „Was war denn das für eine Vorstellung, Bruder? Hast du im Kloster an keinen Duellen teilgenommen?“
William rappelte sich hoch. Er schämte sich wie ein Hund. „Es tut mir leid, Sir“, stammelte er.
„Zurück in deine Gruppe“, zischte der Kapitän.
William gehorchte.
Tomas nahm William beiseite und raunte ihm ins Ohr: „Das darf doch wohl nicht wahr sein. Was ist denn in dich gefahren? Er hat dich die peinlichste Demütigung erfahren lassen, die man sich vorstellen kann. Wie einen erlegten Hirschen hat er dich behandelt. Hast du Angst vor dieser kleinen Ratte?“
William schüttelte den Kopf. „Nein, nein. Doch, ja, ich habe Angst. Aber nicht vor ihm, sondern