Sieben Tage bis zur Hochzeit. Bettina Reiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Bettina Reiter
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738087420
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„Hach, Puschelchen, wie ich die Zeit mit dir genieße.“

      All das sagte sie in fünf Metern Entfernung!

      Elisha hetzte zum freien Stuhl. „Bitte, sprich nicht so laut.“ Sie stellte ihre Tüten neben sich auf den Boden.

      Ihre Mutter überblickte die besetzten Tische. „Bringe ich dich wieder in Verlegenheit?“, fragte sie kaum gedämpfter. Niemand konnte erwarten, dass sie sich von einer Sekunde auf die andere änderte. Aber hoffen durfte man wenigstens.

      „Wie war der Gottesdienst gestern?“, wechselte Elisha das Thema. Nichts war harmloser als ein Gespräch über die Kirche.

      „Wie immer. Nach der Messe habe ich allerdings den Pater aufgesucht und ihm erzählt, dass du ständig Pech mit Männern hast.“

      Die belustigten Blicke fühlten sich wie Nadelstiche an. Elisha fuhr sich mit dem Zeigefinger an den Mund. „Schschsch, Mom.“

      „Schon gut, schon gut.“ Sie beugte sich verschwörerisch zu Elisha. „Auch der Pater meinte, der Richtige muss dich finden, nicht umgekehrt.“

      „Sicher, unser Pater hat ja enorm viel Erfahrung in solchen Sachen.“

      „Ein neutraler Mensch sieht oft mehr als unsereins. Außerdem ist er ein Diener Gottes.“

      „Sag bloß, die beiden haben sich über mich unterhalten?“

      „Du klingst anmaßend.“

      Elisha sandte einen entschuldigenden Blick nach oben. „Verzeih, Herr.“

      „Statt zu freveln, solltest du glauben. Vielleicht ist deine saloppe Einstellung zur Kirche schuld daran, dass du noch alleine bist.“

      „Ich bin erst seit kurzem geschieden und glücklich mit meinem Leben. Wer braucht Männer?“

      Ein zweifelnder Blick ruhte auf ihr. „Jeder braucht einen Menschen, den er lieben kann.“

      „Ich habe euch.“

      „Wir werden nicht ewig leben“, rief ihre Mutter aus. „Und was ist mit Sex?“

      „Mom!“ Elisha sank tiefer in den Stuhl. „Das ist kein Thema, das ich ausgerechnet mit dir besprechen will.“

      „Schade. Ich könnte dir viel erzählen. Gut, dein Vater mag nicht mehr der Hengst von früher sein, aber er ist alles andere als ein Ackergaul. Gestern Nacht …“

      „Heidi würde gern das Rezept deines Käsekuchens haben“, übertönte sie ihre Mutter und wünschte sich, dass sich die Erde auftun und ihre Mom für einige Wochen verschlucken würde.

      „Es wäre besser, wenn das Moppelchen auf Zucker verzichten würde.“

      Zwei Kaffee und unzählige Backrezepte später, parkten sie vor dem Elternhaus. Ein fröhliches Lied pfeifend schnappte ihre Mom nach den Tüten und eilte in das Haus. Elisha erholte sich am Auto gelehnt von der Strapaze. Einerseits hatte sie sich ihrer Mom heute zum ersten Mal seit langem wieder nahe gefühlt, andererseits war kaum damit zu rechnen, dass sie sich um 180 Grad ändern würde. Wie hatte ihr Dad gesagt? Man sollte sich mit dem zufrieden geben, was man hatte. Im Grunde durfte sie sich nicht beklagen. An Liebe hatte es nie gemangelt. Es gab sicherlich einige, die lieber Überfürsorge hätten statt ignoriert zu werden. Allen voran Heidi, die nach dem Abendessen endlich anrief.

      Um acht Uhr trafen sie sich mit Trin und Josie im Black Knight Pub. Das Lokal versprühte schottisches Flair. Am Wochenende spielte manchmal eine Live-Band. Es war wie immer nett, zu viert die Nacht zum Tag zu machen. Meistens machten sie sich einen Spaß daraus, mit Cocktails in ´Sex and the City-Manierˋ zu feiern, auch wenn sie äußerlich keiner der Schauspielerinnen glichen. Nur Heidis Charakter kam der Rolle Samanthas ziemlich nahe. Doch heute flirtete sie weder noch verschwand sie mit einem Mann auf die Toilette, sondern blieb sitzen und ziemlich einsilbig. Ob es am bevorstehenden Geburtstag lag? Man sagte ja, dass die magische Dreißig nicht immer einfach sei für das weibliche Geschlecht. Für Heidi war es vermutlich doppelt schwierig, weil sie sich in diesem Alter bereits als verheiratete Frau gesehen hatte. Umso mehr versuchte Elisha alles, um Heidis Laune steigen zu lassen, aber die hatte ihre Laune erst gar nicht mitgenommen - und fuhr bereits vor Mitternacht brummig nach Hause. Damit war auch für Elisha der Abend gelaufen und nur eine halbe Stunde später brach sie ebenfalls auf.

       7

      Nachdem Elisha am nächsten Tag fast bis Mittag geschlafen hatte, machte sie mit ihren Eltern einen Ausflug zum Großen Sklavensee. Ihre Mutter bemühte sich um Zurückhaltung, was ihr nur mäßig gelang, aber immerhin. Doch die Freude ihres Dads würde Elisha so schnell nicht vergessen. Üblicherweise wurde er bei solchen Gelegenheiten von ihrer Mutter ständig von A nach Z geschickt. Diesmal besorgte sie die Getränke, fragte ihn, ob er eine Jacke bräuchte und holte das filzige Ding sogar aus dem Auto. Man sah ihrem Dad förmlich an, wie er diese Zuwendung genoss. Es sah ganz danach aus, als hätte ihre Mom über einiges nachgedacht.

      Umso beschwingter brach Elisha am Abend zu einem Kinobesuch auf, den Heidi jedoch absagte, als sie die Karten bereits gekauft hatte. Enttäuscht gab sie eine Karte zurück, saß allein vor der großen Leinwand und kaute am Popcorn herum.

      An ihrer Einsamkeit änderte sich auch am nächsten Abend nichts, und Heidis Absagen häuften sich mit jedem Tag. Darum ging Elisha alleine schwimmen, fuhr mit dem Bike alleine zu den Lakes, bummelte alleine durch die Stadt, besuchte alleine einige Vernissagen und sah sich alleine romantische Filme an. Selbstredend, dass sie ebenso alleine weinte.

      Irgendwann wurde Elisha stinkwütend. Heidi hatte auf diesen Urlaub bestanden und nun musste sie ihn vereinsamt hinter sich bringen. Zur gleichen Zeit würde Heidis Vater jemand Neues zu Mathews Nachfolger machen!

      Am siebten Juli war Elisha knapp davor, es Heidi heimzuzahlen und von ihrer Geburtstagsparty fernzubleiben. Doch das schaffte sie nicht. Es wäre gemein gewesen. Davon abgesehen machte sie sich trotz ihres Zorns allmählich Sorgen. Heidis Zurückgezogenheit musste irgendeinen Grund haben.

      Die Villa im Palladio-Stil war wie immer beeindruckend, als Elisha um sieben Uhr vorfuhr. Es war ein lauer Sommerabend, wie geschaffen für eine Party. Doch der Parkplatz war gähnend leer. Schnell schnappte sie nach den Geschenken, stieg aus und horchte, als sie die Tür zuwarf. Kein Stimmengewirr. Keine laute Musik. Weder Lachen noch Gläserklirren. Unzählige Male hatte Heidi eine Feier in ihrem Elternhaus gegeben. Nicht selten hatte die Polizei dem Tumult ein Ende gesetzt, der sogar mit Schlägereien oder einem Massenbad im Pool geendet hatte. Heute hingegen herrschte Grabesstille.

      „Miss McBryan, wie schön Sie zu sehen.“ Die alte Berta lächelte und bat sie herein. Sie war die Perle des Hauses und wie eine Mutter für Heidi, deren Eltern sich bei der Scheidung einen regelrechten Rosenkrieg geliefert hatten. Mit dem unschönen Ende, dass die Mutter freiwillig auf Heidi verzichtet hatte. Nur um das Geld hatte sie wie eine Löwin gekämpft.

      „Ist Heidi zuhause?“

      Berta schloss die Tür. „Sie ist im Garten. Möchten Sie etwas trinken?“

      „Später. Erst will ich nach ihr schauen.“

      „Sie kennen ja den Weg. Rufen Sie, wenn Sie etwas brauchen.“

      Elisha nickte, und trat kurz danach auf die Terrasse. Überall standen italienische Vasen und griechische Figuren. Kunstpalmen holten ein Stück Italien hierher. Der beheizte Pool dampfte, Heidi saß am verschnörkelten Gartentisch. Mit dem weißen Laptop vor sich. Wie einsam sie wirkte. Elishas Herz zog sich zusammen, als sie zum Tisch trat.

      „Oh, Heidi, es tut mir so leid.“

      Ihre Freundin hob abrupt den Kopf, und griff sich gleichzeitig an die Brust. „Du liebe Zeit, hast du mich erschreckt. Was machst du hier?“

      „Die Party, du hast mich eingeladen.“ Litt sie an einer Krankheit? „Es tut mir leid, dass niemand gekommen ist, außer mir.“

      „Ach so. Deswegen die Mitleidsnummer. Ich habe allen abgesagt“, kam es trocken zurück. „Dich habe ich vergessen anzurufen. Sorry.“