Ray deutete auf seinen Koffer: „Den Steinen macht die Hitze nichts aus.“
Tony lachte kurz auf: „Recht haben Sie, Ray! Bleiben Sie bei Ihren Steinen, ich bleibe bei meiner Arbeit. Da kann heute nichts schief gehen.“ Kopfschüttelnd ging er in Richtung des Schuppens davon.
Den Blick auf die Red Hills gerichtet, rauchte Ray seine Zigarette zu Ende, dann betrat er das Haus. Die relative Kühle des Inneren ließ ihn aufatmen, als er das Arbeitszimmer betrat. Er stellte den Koffer auf dem leer geräumten Schreibtisch ab und ging hinüber in die Küche.
Das Mädchen war nicht da, aber im Kühlschrank stand ein Krug Limonade, aus dem er sich ein Glas einschenkte.
Vom Garten her wurde die Küchentür aufgestoßen und Tony kam herein. „Lassen Sie sich nicht stören, Ray. Wollte eigentlich ein bisschen Ungeziefer jagen, aber Gott weiß, wo dieses verdammte Rattengift hin ist. Ich könnte schwören, dass es im Schuppen stand, aber Fehlanzeige.“ Er begann damit, leise murmelnd die Speisekammer zu durchsuchen, dann den breiten Küchenschrank und schließlich die Fächer unter der Spüle.
„Schenken Sie mir doch auch ein Glas ein, Ray. Seien Sie so nett. Hier ist es also. Frage mich, wie es dorthin kommt.“ Er zog eine weiße Papiertüte unter dem Spülbecken hervor. „Als ob wir die verdammten Viecher in der Küche hätten. Wissen Sie, wo sich die aufhalten, Ray? Unter der Veranda. Manchmal kann man sie da nachts hören. Danke.“ Er leerte sein Glas in zwei Zügen und nickte dem anderen Mann zu. „Ich werde dann mal.“ Damit verließ er die Küche wieder.
Ray trank seine Limonade, noch immer auf die Küchentür starrend, als würde sie jeden Moment wieder aufgestoßen. Aber Tony blieb verschwunden.
Ray drehte den Stein noch einmal in den Händen, strich mit den Fingern über seine raue Oberfläche und legte ihn dann nachdenklich beiseite. Der Schreibtisch war zu einem geologischen Ausstellungsstand umfunktioniert worden. Gesteinsproben ruhten ordentlich aufgereiht und mit kurzen Notizen versehen nebeneinander. In Glasfläschchen gefüllte rotbraune Erde daneben, die Etiketten mit Rays hektischer Handschrift gekennzeichnet. Vier Reagenzgläser lagen, exakt aneinander ausgerichtet, vor ihm, die Erde darin schattiert und mit Kieseln durchsetzt.
Er nahm einen Block zur Hand, blätterte darin, strich Passagen mit einem Rotstift an und besah sich erneut einzelne Proben. Dann verstaute er die Papiere in der obersten Schublade, stand auf und dehnte sich müde. Die Luft im Arbeitszimmer war warm und roch nach Erde. Er ging zum Fenster hinüber und öffnete es. Zähe Hitze drang herein.
Sein Streichholz entzündete eine Zigarette und Ray lehnte sich auf die Fensterbank um zu rauchen. In einiger Entfernung sah er Tonys Gestalt, die um den hölzernen Schuppen ging und die einzelnen Latten begutachtete. Nach einiger Zeit bemerkte er Ray und schlenderte herüber, um sich ebenfalls eine Zigarette anzuzünden und in den Mundwinkel zu klemmen. Sein Blick wanderte hinauf zu einem Punkt über Ray und das Grinsen wurde breiter.
Ray wandte den Kopf und blickte nach oben. In einem Fenster sah er Cora, die ihn beobachtete. Ihr Gesicht war ernst und angespannt, aber als Tony sie entdeckte, verzerrte es sich vor Wut. Im nächsten Moment war sie verschwunden und das Fenster mit einem Knall verschlossen.
„Seien Sie bloß nett zu unserer Prinzessin, sie ist heute in einer ausgesprochen charmanten Laune.“
„Sie sah aus, als wünsche sie Ihnen die Pest an den Hals, Tony.“
Der Mann strich amüsiert über seinen schmalen Schnurrbart. „Das tut sie immer. Aber heute ist sie ungenießbar. Soviel ich weiß, hatte sie gestern Nacht einen saftigen Streit mit Donald.“ Er blies betont langsam den Rauch aus.
„Vielleicht sollten Sie sie dann einfach in Ruhe lassen.“
Tony verzog entrüstet den Mund: „Ich tue ihr doch gar nichts.“
„War nur ein Vorschlag, regen Sie sich nicht auf.“
„Sie schätzen die Kleine falsch ein, Ray.“
„Vielleicht.“
„Manchmal werde ich aus Frauen einfach nicht klug. Man glaubt, sie verstanden zu haben, und im nächsten Moment überraschen sie einen mit dem genauen Gegenteil.“
„Das macht doch den Reiz aus, oder nicht?“
„Meinen Sie, Ray? Ich weiß nicht ...“
Sie ließen ihre Gedanken zwischen den zerfurchten Hügeln weilen. „Gott, dieses Land ist so verdammt öde. Keine Bäume oder Blumen, nicht mal das Meer oder so etwas.“ Tony stieß resigniert die Luft aus.
„Sind wohl nicht von hier?“
Tony grinste: „Halten Sie mich für einen Provinzler? Bestimmt nicht. Meine Heimat ist Südflorida. Waren Sie schon mal in Miami, Ray?“
„Nein.“ Er zündete sich eine neue Zigarette an.
„Müssen Sie unbedingt mal hin. Nicht so ein vereinsamtes Loch wie Ashland.“
„Mir gefällt es.“
„Vielleicht, wenn man auf der Flucht vor etwas ist. Oder auf irgendetwas ganz Großes hofft.“
„Was hält Sie hier, Tony?“
Der andere zuckte die Schultern: „Geschäfte, eine Frau wie Ira.“ Er sah Ray an. „Die Hoffnung auf etwas ganz Großes.“
Ray nickte und deutete mit der brennenden Zigarette auf die rotbraunen Hügel. „Hoffnungen.“
„Sie sagen es.“
Iras Stimme drang von oben zu ihnen herab. Sie hoben die Köpfe und sahen die Frau in einem der Fenster. Ihr Gesicht war blass, das blonde Haar sah zerzaust und stumpf aus. „Entschuldigen Sie, Ray. Tony, würdest du mal bitte zu mir hochkommen?“
„Klar doch.“ Er drückte seine Zigarette aus, nickte Ray zu und ging zur Haustür.
Rays Blick begegnete dem von Ira. Sie sah ihn mit einem seltsamen Ausdruck an, halb voller Furcht, halb voller Sehnsucht. Keiner sagte ein Wort. Als Tony an ihre Zimmertür klopfte, schenkte sie ihm ein schnelles Lächeln und schloss das Fenster.
Seine Hand strich abwesend durch sein Haar, als er sich wieder auf die Fensterbank lehnte und in die Ferne schaute.
„Ich hoffe, Sie mögen das. Kochen ist nicht unbedingt meine Stärke.“ Tony hatte sich eine karierte Schürze umgebunden und stand am Herd.
„Ich esse auch Schuhsohlen“, bemerkte Ray trocken, der im Durchgang zum Esszimmer lehnte.
„Klar, Soldatenmentalität. Na, so schlimm wie an der Front sollte es aber nicht werden. Nehmen Sie mal die Teller, ja?“
Der Geruch nach gebratenem Speck durchdrang die Luft. „Geht doch nichts über Iras Kochkünste. Müsste ich mich selbst ernähren, dann gute Nacht.“ Tony kam mit der Pfanne in der Hand an den Esstisch und schaufelte Spiegelei und Speck auf drei Teller. „Sein Sie so gut und rufen Sie noch mal nach Cora, tun Sie das, Ray?“
Die Tür öffnete sich und das Mädchen trat ein.
„Hat sich erledigt“, witzelte Tony, aber Cora sah ihn nur unfreundlich an. Sie setzte sich Ray gegenüber und starrte mit hängenden Mundwinkeln auf ihren Teller. Ihr rotblondes Haar hatte sie über das linke Ohr gekämmt.
„Es ist genießbar“, sagte Tony, der ihren Blick bemerkt hatte.
„Ich habe ohnehin keinen Hunger“, antwortete sie eisig.
„Mir egal. Lassen Sie es sich schmecken, Ray.“ Tony begann zu essen.
Ray sah das Mädchen einige Augenblicke an, dann zerkleinerte er seine Streifen gebratenen Specks.
Das Essen verlief schweigsam. Schließlich seufzte Tony, legte sein Besteck zur Seite und erhob sich. „Ich werde Ira eine Kleinigkeit nach