wie Hulle. Peter Baldinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Peter Baldinger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738040531
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Vorband spielte. Blödes Rock’n‘Roll Zeugs. Die Halle war jetzt gerammelt voll und erste Spinner wollten auf die Treppe steigen, um auf die Bühne zu gelangen.

      „Hey lasst das!“ pfiff Paffy sie an. Der Lockenkopf, der uns aufgelesen hatte, kam an und half uns die Leute zurechtzuweisen.

      „Bring mal Getränke zum Mischpult“, sagte er dann zu mir.

      Ich dackelte los und holte Getränke aus einem Raum hinter der Bühne. Es gab weder einen Korb noch eine Tüte. Also balancierte ich die Wasser-, Cola- und O-Saftflaschen, auf meinem Armen durch die auf dem Boden hockenden Menschen.

      Erleichtert lieferte ich sie beim Mischpult ab. Aber die Techniker da wollten mehr. Also musste ich noch mal gehen. Inzwischen hatte ‚Wishbone Ash‘ angefangen zu spielen. Sie spielten einige gute Songs, aber ich war zu beschäftigt, um richtig zuzuhören.

      Wie beim ersten Mal, eierte ich die Flaschen auf den Armen durch die Leute. Diesmal fiel mir eine O-Saftflasche hin, weil ich jemandem auf die Hand getreten war. Die Flasche platzte und der Saft spritze über die Decken und Jacken auf denen die Leute saßen. Sie blökten mich an und ich blökte zurück.

      „Mehr Alter, mehr. Bring mal ordentlich was rum Alter“, rief ein deutscher Prahlhans, der den englischen Technikern half und verteilte die Getränke an umstehende Kumpels.

      Ich machte mich auf den Rückweg. Für mich war klar, dass die sich ihren Kram von nun an selbst holen konnten.

      Ich war von rechts gekommen, also drängelte ich mich wegen der zerbrochenen Flasche lieber durch die linke Seite zurück. Ich hielt mich noch für besonders schlau, als mich jemand am Fußgelenk packte. Schon kickte mir ein anderer das andere Bein weg und ich fiel zwischen die Wichser. Sie waren in Rage und einer setzte sich auf mich und schlug mir immer ins Gesicht, während andere meine Beine und Arme festhielten. Ich fühlte nichts, außer, dass es, wo ich lag, nass vom Blut wurde. Eine Frau, die daneben saß, rief:

      „Hey, was macht ihr denn da! Lasst den doch in Ruhe!“ Sie schlugen noch ein paar Mal zu, dann drängelten sie sich weiter nach vorne.

      „Alles klar? Du siehst ja schlimm aus! Du brauchst einen Arzt!“ sagte die Frau.

      „Ja, ja, schon gut“, hustete ich.

      Ich stemmte mich hoch und schleppte mich zur Bühne. Die Leute vor mir versaute ich mit Blut. Ließ sich nicht vermeiden. Endlich war ich an der Absperrung, wo der englische Oberroadie mich sah und mir über die Barrikade half.

      „What’s happened?“ fragte er. Mit meiner dicken Lippe konnte ich nur grunzen. Er wollte, dass ich ihm zeigte, wer das gemacht hatte. Wir kletterten also wieder über die Barrikade und drängelten uns den ganzen Weg zurück, den ich gekommen war. Wir fanden auch die Blutlache, aber sonst war da nur eine freiere Stelle. Selbst die Frau war verschwunden.

      Also wackelten wir wieder zurück und der Roadie sagte, dass er mich zum Arzt brächte. Wurde aber auch Zeit. Er hakte mich unter und zerrte mich durch einen Ausgang raus in den Stadthallenpark. Den durchquerten wir. Auf der anderen Seite gab es einen Hintereingang in das Stadthallenhotel. In dem wohnten, wie es schien, die Mucker. Der Rezeptionist beachtete uns gar nicht, weil er Fernsehen glotzte. Der Roadie drückte mich in den Winz-Fahrstuhl und ließ sich seinen Schlüssel geben.

      Wir fuhren nach oben. Leise dudelte Musik aus einem Deckenlautsprecher. Ich besah mich in den braunen Schönheitsspiegeln. Hatte ich mir alles noch schlimmer vorgestellt: Ein blaues Auge und eine wüste Platzwunde über der linken Augenbraue, die vielleicht genäht werden musste werden. Die Nase wirkte geschwollen. Alles war blutig.

      „Take a shower. I call the hotel doc“, sagte der Roadie im Zimmer.

      Ich ging ins Bad und duschte vorsichtig.

      Als ich wieder rauskam, griff mich der Roadie und schmiss mich aufs Bett. Dort riss er mir die Jeans wieder runter und fing an, an meinem Schwanz herumzulutschen.

      „Haben jetzt alle ne Macke?“ schrie ich ihn auf Deutsch an. Aber er hielt mir einfach den Mund zu und machte weiter.

      ‚Wozu sollte das gut sein?‘ fragte ich mich, da ich nicht das Gefühl hatte, dass sich bei mir etwas regen könnte.

      Aber er war geschickt und schaffte es tatsächlich, dass es mir kam - ohne jede Erregung. Ich war platt.

      Irgendwann stellte er mich auf, zog mich wieder an und schleifte mich in den Lift. In der Hotelhalle hielt er mir den Mund zu. Es war eh niemand da.

      Im Konzertsaal, brachte er mich an meinen Platz auf der Treppe. Paffy kriegte sich gar nicht wieder ein.

      „Im Publikum haben mich welche verdroschen“, erklärte ich ihm. Er hielt mir ein Bier hin. Trinken tat weh, aber ich trank es - ganz.

      „Hier versuchen dauernd Leute auf die Bühne durchzubrechen“, sagte er dann und deutete sorgenvoll nach oben. Er hatte die Feuerlöscher aus der Umgebung geholt und auf die Treppe gestellt. Mit ihnen drohte er den Leuten, die über die Absperrung springen wollten.

      Noch während er mir das erklärte, stürmten tatsächlich welche die Treppe runter. Wir nahmen die Feuerlöscher und sprühten ihnen das Pulver ins Gesicht. Sie verzogen sich wieder und das Pulver vermischte sich mit dem Trockeisnebel der Show. So hielten wir die Leute in Schach, bis das Konzert zu Ende war. Ging gar nicht anders.

      Hinterher leerte sich die Halle schnell. Wir blieben auf unserer Treppe sitzen und warteten ab. Dann schlenderten wir rüber zu dem Macker, der uns aufgelesen hatte, und fragten ihn nach unserem Schotter. Aber der Lockenheini rastete total aus. Er und andere Ordner zerrten uns auf ein Klo und fingen an, uns zu schlagen. Sie waren total sauer wegen der Feuerlöschersache. Irgendwer hatte sich beschwert.

      Der englische Oberroadie kam mit einigen Kerlen von der englischen Crew auch aufs Klo.

      „Something wrong?“ fragte er mich orientierungslos.

      „They won‘ t give us our money“, sagte Paffy.

      Als der Lockenkopf das hörte, verpuhlte er Paffy wieder eine. Doch da griff der Roadie ihn von hinten und hielt ihn fest umklammert. Nun konnte er sich nicht mehr bewegen und seine Beine strampelten in der Luft.

      Die anderen Engländer bauten sich vor den anderen deutschen Ordnern auf.

      „Give them their money!“ schrie er den Lockenkopf an. Der schaffte es irgendwie Geld aus seiner Hosentasche hervorzuziehen. Paffy griff das Geld.

      „Give them more!“ Und zu uns: „I try to hold him for a minute. But you have to leave! As fast as you can!“

      Paffy schnappte sich wieder die Kohle und wir rannten raus.

      Wir rannten, bis wir nicht mehr konnten. Wir hechelten, nach Luft japsend, kleine Seitenstraßen entlang, uns ständig umdrehend, aus Angst, dass uns jemand folgte.

      „Für jeden 100“, sagte Paffy, als wir uns sicherer fühlten.

      Er reichte mir einen der Scheine. Die Nacht war klar und die frische Luft kühlte wohltuend. Ich pisste gegen einen ollen Baum.

      „Was ist eigentlich genau passiert?“ löcherte mich Paffy, weil er nicht verstand, warum der Engländer uns geholfen hatte. Aber ich zuckte nur mit den Schultern. Wir latschten den ganzen Weg bis zur Südstadt durch kleine Seitenstraßen.

      Am nächsten Morgen hatte ich Fieber. Muttern erzählte ich, ich wäre vom Fahrrad gefallen. Sie war skeptisch, stellte aber keine weiteren Fragen.

      Der Arzt sagte, an der gebrochenen Nase könne man nicht viel machen, die würde etwas schief bleiben. Er klammerte die Augenbraue und desinfizierte an mir rum.

      Auf dem Weg zur Waldheimfete pöbelte Shorty im Bus die Leute an. Er war bereits reichlich angeschickert. Seine Augen hatte er mit einem Kayalstift schwarz angemalt - echt mutig.

      „Hast’de gerad ne Schnalle?“ fragte er.

      „Klar“, log ich.

      „Wie