Still wie der See. Silke May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Silke May
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738048193
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Ausschau.

      »Wenn wir hier entlang gehen, kommen wir sicher zur Lichtung«, schlug Decker vor. Von dort kommen wir auch zu Fuß zum Moorlehrpfad und somit auch zum Knüppeldamm.«

      »Okay, probieren wir es einfach«, stimmte Hans zu und sie gingen den sumpfigen Weg weiter. Günter setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Ein kurzer Aufschrei von Günter und plötzlich versank er erneut bis zu den Hüften im Moor. Hans befreite mühselig seinen Freund aus der misslichen Lage.

      »Jetzt reicht‘s mir aber! Diesen Weg können wir vergessen, hier ist das Moor zu tückisch«, stellte Günter fest, während er seine Hose vom gröbsten Schlamm befreite.

      »Es bleibt uns keine andere Wahl, wir müssen zurück zum Wald und zurück zu unseren Autos. Wir fahren zum Steg, dort können wir bis in die Nachtstunden nach dem Kind Ausschau halten.«

      »Okay, lass uns keine Zeit verlieren«, stimmte Hans zu.

      Der Rückweg von Günter und Hans gestaltete sich jedoch schwieriger als erwartet. Sie mussten aus Versehen ein paar Meter im Moor abgewichen sein. Immer wieder mussten sie ihren Weg korrigieren, um eine bessere Möglichkeit zu suchen, damit sie vorwärtskamen.

      »Himmelherrschaftszeiten noch a mal – wo sind wir vorhin entlang gegangen«, schimpfte Günter laut.

      »Das Moor ist so tückisch, gehn ma etwas mehr links weiter«, gab Hans von sich. Sie gingen weiter und hatten damit Erfolg. Günter schlug mit der flachen Hand auf seinen Hals und tötete dabei eine Mücke.

      »Was fuchtelst du die ganze Zeit mit den Händen umeinander?«, fragte Hans.

      »Weil mich scho wieder so ein Mistvieh erwischt hat! Eine Mückencreme hast du ned dabei, oder?« Hans schüttelte den Kopf.

      »Nein aber ein Spray hätt ich dabei«, antwortete er und griff in seine Jackentasche. Günter blieb schlagartig stehen. Entgeistert sah er seinen Freund an.

      »Des is jetzt aber ned dein Ernst? Du lässt mich von den Blutsaugern zerstechen und hast ein Spray gegen die Biester in deiner Jackentasche? Hans zuckte mit den Schultern.

      »Hättest halt was gsagt!«

      »Ein schöner Freund bist du mir!«, brummte Günter vorwurfsvoll. Hans holte das Spray aus der Jackentasche und hielt es Günter hin.

      »Die paar Meter brauch ich es jetzt auch nimmer«, murrte Günter. Hans steckte das Spray wieder in die Jacke.

      »Sag aber hernach ned, dass ich dir kein Spray geben wollte.«

      »Blödmann«, murrte Günter vor sich hin und folgte Hans, der ihm den Weg vorgab. Das Ende des Moores hatten sie erreicht. An ihren Gummistiefeln hingen dicke Moorreste.

      »Des is aber ein elender Dreck, der da dran hängt«, stellte Hans fest und versuchte mit einem Stecken den größten Teil vom Moor zu entfernen. Günter wischte sich am hohen Gras auf der Lichtung die Moorreste von den Stiefeln.

      »Mich wundert‘s, dass es uns im Sumpf ned die Stiefel ausgezogen hat«, stellte Hans fest.

      »Wahrscheinlich, weil der Schlamm in den Stiefeln wie Zement reagiert«, erklärte Günter.

      Das Handy von Hans klingelte. Sie blieben stehen und Hans nahm das Gespräch entgegen. Während sein Freund telefonierte, ließ Günter seinen Blick über die Lichtung schweifen.

      »Also der Klaus hat gsagt, dass der Sepp Müller sich an der Suche beteiligt, denn die Kleine sei von seiner Frau die Nichte und er geht über den Moorlehrpfad. Den Weg können wir uns dann also sparen.«

      Günter warf einen Blick in zum Himmel und sah neue dunkle Wolken drohend näher kommen.

      »Stimmt, dann lass uns am Seeufer entlang gehen, vielleicht ist sie ja da irgendwo. Schließlich kann sie sich nicht in Luft auflösen.«

      Sie gingen zwischen Schilfgürtel und Wiese entlang, aber von Eva war nichts zu sehen.

      »Also langsam mach ich mir Sorgen um die Kleine«, sagte Günter.

      Hans nickte. »Ich auch«

      Eine Windböe leitete den nächsten Sturm ein und die suchenden Männer gaben erfolglos auf. Die letzten Meter zu ihren Autos peitschte ihnen bereits zusätzlich Regen ins Gesicht.

      »Sauwetter!«, schimpften sie gleichzeitig.

      Am Feuerwehrhaus trafen nacheinander die suchenden Männer ein, nur Sepp Müller kam nicht.

      »Hat sich der Sepp Müller überhaupt an der Suche beteiligt?«, fragte Günter.

      »Freilich, gsagt hat er es auf jeden Fall, schließlich geht‘s um eine Verwandte«, sagte Klaus.

      »Was ist sie denn zu ihm, wenn der Sepp der Schwager von Elkes Bruder ist?«, fragte Klaus.

      »Dann ist sie auch seine Nichte … denke ich«, sagte Hans.

      »Das heißt also, dass sie jetzt die einzigen Verwandten sind und somit verantwortlich für das Madl und dessen ganzes Vermögen«, stellte Klaus fest. »Da hast du recht Klaus«, antwortete Günter und wurde nachdenklich.

      »Klaus du redest von einem Vermögen, haben sie denn eins?«

      »Weißt du das denn ned Günter, dass sie außer dem Haus und Grund noch ganz schön viel Geld auf dem Konto haben?«

      »Nein …, woher weißt du es?«

      »Dem Klaus sein Gspusi arbeitet in der Bank, wo die Jansens ihr Konto haben«, antwortete Hans.

      »Soviel zum Bankgeheimnis?«, spottete Günter.

      »Wieso ich sag‘s ned weiter«, gab Klaus schmunzelnd von sich.

      »Okay, dann müssen wir für heute aufgeben«, gab Günter etwas niedergeschlagen von sich.

      »Hans du fährst ja auch heim, oder?«

      »Klar, wir fahrn jetzt gleich alle heim.«

      »Gut, vielleicht ist ja schon der Bericht vom Rechtsmediziner da. Ansonsten ruf ich bei ihm an, vielleicht kann er mir ja schon was Neues sagen.«

      »Decker du informierst uns schon wenn‘s was Neues gibt, gell?«, fragte einer der Feuerwehrleute.

      »Klar, sobald ich was weiß erfahrt‘s ihr es.« Decker bedankte sich bei den Männern und sie fuhren heim. Beim Abendessen erzählte er seiner Familie, was passiert war. Während Günter erzählte, entschloss er sich nach dem Essen nochmals loszugehen. Der Gedanke, dass Eva die ganze Nacht allein irgendwo umherirrte, machte ihn nervös.

      6

      Ihre Finger waren mittlerweile gefühllos, so fest klammerte sich Eva an das kahle Bäumchen im Moor. Bis auf die Haut durchnässt und frierend drückte sie sich an das kahle Baumgerippe. Die Nacht war bereits hereingebrochen, ihr war unheimlich zumute. Eva hatte fürchterliche Angst, ihre Augen blickten ängstlich über das dunkle Moor.

      Hin und wieder flatterte ein Vogel in die Luft und es blubberte und gurgelte neben ihr und unter ihren Füßen. Die Gewitterwolken hatten sich verzogen. Es war eine sternenklare Nacht und der Mond stand als schmale Sichel am Himmel. Nur schemenhaft beleuchtete er das Moorgebiet. Ihren Blick immerzu in die Richtung zum Knüppelsteg gerichtet verharrte sie zitternd. Ihre Zuversicht, dass noch jemand vorbeikäme, schwand immer mehr.

      Erschöpft und müde stand sie am Bäumchen und umklammerte es krampfhaft.

      Immer wieder fielen ihr vor Müdigkeit die Augen zu. Sie versuchte sich wach zu halten. Ein Sturz im Schlaf hätte für sie fatale Folgen, das wusste sie. Von der Ferne hörte sie die Abendglocken der Dorfkirche, die sie jeden Sonntag mit ihren Eltern und den Geschwistern besuchte. Eva dachte an ihre Mutter und ihre Geschwister, dessen fürchterliches Bild sie nicht mehr aus ihren Gedanken brachte. Immer wieder sah sie ihre Körper auf dem Boden liegen und wie sich ihr Blut langsam auf dem Boden ausbreitete.

      Das Jucken