Still wie der See. Silke May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Silke May
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738048193
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      Während sich Sepp die Hände wusch, hantierte seine Frau in der Wohnküche an der Kaffeemaschine und schnitt ein Stück vom Marmorkuchen ab. Ihr Mann betrat die Küche und sog den frischen Kaffeeduft in sich.

      »Hmm fein, da riecht‘s aber gut und einen Marmorkuchen hast auch gemacht, du bist ein Schatz.«

      »Du bringst das grad so rüber, als würdest du selten einen Kaffee und Kuchen kriegen. Du weißt genau, dass wir immer, wenn du am Nachmittag daheim bist, einen Kaffee trinken und Kuchen dazu essen.«

      »Geh Elke …, ich hab dir doch bloß ein Kompliment wegen deiner Bäckerei machen wollen.«

      Elke füllte seine Tasse mit Kaffee und zwickte ihren Mann mit ihrer freien Hand ins Ohr.

      Sie setzte sich zu ihm an den Tisch und sie aßen genüsslich den Marmorkuchen.

      »Sag mal Schatz, kann es sein, dass dein Bruder drei Kinder hat?«

      »Wie kommst du jetzt auf den Hannes?« Sepp zuckte die Schultern.

      »Ich glaub, dass ich ihn am Vormittag in der Nähe von der Kirche beim Weiher, mit drei Kindern gsehn hab.«

      »Stimmt es sind drei Kinder. Peter ist das erste Kind, das Zweite ist Isabella, dann kommt noch die kleine Eva sie ist vor fünf Jahren auf die Welt gekommen. Die Hanna Bauer hat mir das einmal in der Kirche erzählt.«

      »Hat dich der Hannes gesehn?« Sepp schüttelte den Kopf.

      »Nein, die waren so mit sich selbst beschäftigt.«

      Genüsslich aß er zwei Stück Kuchen und trank schluckweise seinen Kaffee dazu. Ich muss jetzt noch tanken fahren, der Tank ist fast leer«, sagte er und trank den restlichen Kaffee in einem Schluck aus. Sepp stand auf und verließ das Haus. Er fuhr mit dem Wagen ins Dorf. Unmittelbar auf der Höhe des Feuerwehrhauses sah er ein Einsatzfahrzeug näher kommen. Einer der ersten Männer war Klaus vom Stammtisch, der aus dem Feuerwehrwagen stieg. Sepp hielt an und öffnete sein Fenster.

      »Servus Klaus, habt‘s einen Einsatz gehabt?«

      »Ja, einen großen Einsatz«, antwortete er und wollte weiter gehen. »Wieso fahrt ihr dann nur mit einem Löschzug und wo hat‘s denn gebrannt?«

      »Bei den Jansen‘s hat‘s brennt! Wir sind die Ersten, die hergefahren sind, die andern müssen wegen eventueller Glutnester länger bleiben.«

      Sepp, der inzwischen aus dem Wagen gestiegen und auf Klaus zugegangen war, hielt ihn jetzt am Ärmel fest.

      »Und … gibt‘s Verletzte?«, fragte er.

      »Da darf ich nicht‘s dazu sagen.«

      »Spinnst du, mit den Jansens bin ich verschwägert!«

      »Das wusste ich nicht. Wenn das so ist …, sie sind alle tot, bis auf die Kleine … die ist verschwunden.«

      »Wo ist die Eva?«, fragte er aufgebracht.

      »Die Kleine suchen wir hernach, aber jetzt muss ich heim, mich umziehen, die andern warten auf mich.«

      »Ich suche mit, wann und wo trefft ihr euch?«

      »Oben bei der Brandruine in einer halben Stunde, wir können jeden brauchen, der uns hilft. Du musst dich aber beeilen, denn wir können nicht auf dich warten. Wir müssen das Tageslicht ausnützen, denn im Dunkeln wird es sehr schwierig, verstehst du mich?«

      »Logisch …, falls ihr schon weg seit, dann such ich halt allein und fang beim Moorlehrpfad an. Ich muss nur noch Elke Bescheid sagen und mich natürlich umziehen, dann komm ich, also bis hernach!«

      »Okay, also dann bis hernach!«

      Sepp fuhr heim, um seiner Frau Bescheid zu geben. Er betrat das Haus, als Elke ihm bereits entgegen kam.

      »Das ging aber schnell, bist du geflogen?«

      »Das nicht gerade aber ich hab es eilig. Stell dir vor bei deinem Bruder hat‘s gebrannt. Alle hat‘s erwischt, außer die kleine Eva.«

      »Was heißt erwischt?«, fragte seine Frau entsetzt.

      »Alle sind in den Flammen ums Leben gekommen, außer die Kleine und die suchen wir jetzt.«

      »Warum sind sie denn nicht raus gelaufen? Es ist doch helllichter Tag, da wurden sie doch nicht im Schlaf überrascht? Wer ist – wir?«, fragte sie neugierig.

      »Klaus und weitere Kumpel von der Feuerwehr und ich. Da muss irgendetwas vorgefallen sein, vielleicht eine Explosion, die ihnen den Weg aus dem Haus versperrt hat. Ich ziehe mir nur etwas anderes an, dann muss ich los. Sei so gut richte mir schon mal was her, was ich brauchen könnt, falls wir in die Dunkelheit kommen.«

      Während sich ihr Mann im Schlafzimmer umzog, überlegte Elke schnell, was sie für ihn herrichten musste.

      Sepp kam aus dem Schlafzimmer und nahm den auf dem Garderobenschrank abgelegten Umhängebeutel.

      »Also ich geh dann los, du brauchst nicht mit dem Essen auf mich warten«, rief er in die Küche zu Elke, die gerade mit einer Thermoskanne hantierte.

      »Warte, nimm den heißen Tee mit, der Kleinen wird kalt sein, sicher ist sie patschnass, der wird sie von innen etwas wärmen.«

      Sepp steckte die Thermoskanne in den Umhängebeutel.

      »Also, ich geh dann«, sagte er und gab seiner Frau einen flüchtigen Kuss auf die Wange.

      »Halt … nimm die Taschenlampe mit, falls ihr in die Dunkelheit kommt‘s«.

      »Ich dachte du hast sie schon in den Beutel getan.«

      »Woher denn, glaubst du ich kann Hexen?«

      Sie holte aus dem Garderobenschränkchen eine Taschenlampe und leuchtete ihm kurz ins Gesicht.

      »Spinnst du …, du blendest mich«. Elke zuckte kurz mit der Schulter.

      »Ich wollte nur schaun, ob sie überhaupt noch geht.«

      »Ja, aber deshalb musst du mir nicht direkt in die Augen leuchten.«

      »Ist ja gut, entschuldige. Pass auf dich auf und wenn ihr die Kleine gefunden habt, dann bring sie mit. Schließlich sind wir ihre einzigen Verwandten und für sie verantwortlich.«

      »Natürlich bring ich sie mit. Du kannst ja schon mal ein Federbett für sie, auf dem Sofa im Nähzimmer herrichten.«

      »Mach ich, jetzt geh sonst müssen die Andern warten!«

      Sepp fuhr los. Während er so fuhr, kam ihm der Gedanke, dass er gleich zum Moor fahren könnte, um noch vor der Dunkelheit dort zu suchen.

      5

      In der Zwischenzeit waren die fünf Männer der freiwilligen Feuerwehr und Decker am Brandherd, um Eva zu suchen. Frisch war es geworden, das Gewitter hatte die Luft stark abgekühlt.

      »Hoffentlich finden wir die Kleine schnell …, vor allem bevor es dunkel wird «, gab Decker von sich.

      »In der Dunkelheit brauchen wir sie nicht suchen, da könnten wir gleich eine Stecknadel im Heuhaufen suchen«, sagte Hans. Seine Kameraden nickten zustimmend und gaben automatisch ein schnelleres Schritttempo vor. Sie hatten den Waldrand erreicht und teilten sich in drei Gruppen. Hans hatte das Kommando übernommen.

      »Ihr zwei haltet euch in östlicher Richtung und ihr beide südlich. Decker und ich gehen nach Westen zum See. Wir verständigen uns untereinander mit dem Handy«, sagte Hans. Die Männer trennten sich und machten sich auf ihre vorgegebenen Wege. Günter hielt Hans kurz am Arm fest und unterbrach sein Gehen.

      »Warum hast du ausgerechnet uns zum See eingeteilt?«

      »Weil wir uns dort gut auskennen.«

      »Du meinst wohl, dass du dich gut auskennst!«

      »Das reicht ja, oder? Jetzt komm, lass uns keine Zeit verlieren.«