22. Die heiße Zone
Aha, dachte er, dieses Mal kein Empfangskomitee, dafür ein Hinweisschild oberhalb der Tür. Er las folgendes: „Wanderer, kommst du zum Lachen, dann sollst du erst weinen“ Hmm, was hatte das denn zu bedeuten? „ Ach“ sagte er zu sich, mit einem Gesichtsausdruck von Ich-lächele-weil-ich-nichts-weiß „Das ist bestimmt da, weil da etwas sein muss“ und widmete sich weiter dem Eingang. Na ja, er wusste ja schon, was ihn hinter der Tür erwarten würde. Sein Gedächtnis hatte ihn doch noch nicht im Stich gelassen. Das dachte er. Okay, er war noch kein Oldtimer: Ist ja klar, es würde sich wieder so abspielen, wie beim ersten Mal, als er durch die Tür ging. Schon nach ein paar Metern würde er in die Tiefe fallen. Er würde wieder einen verdammten Schiss kriegen und dann würde wieder der verdammte immer gut gelaunte König der Löwen zu ihm hoch fliegen und ihn retten. Hmm, er war sich nicht sicher, ob es der König der Löwen war, der ihn retten würde. Nein, er war sich sicher, dass der König der Löwen ein Kinofilm mit Tarzan war und Tarzan war der König der Affen und der Schlangen, oder? Er überlegte und überlegte, bis ihm einfiel, dass der König ein Vogel sein musste. Aber was für ein Vogel könnte ihn retten? Okay, vielleicht würde er sich erinnern, wenn er durch die Tür gehen würde. Aber, was wäre eigentlich, er würde wieder wie letztes Mal nach ein paar Metern fallen und was wäre dann, der König hätte ihn vergessen? Hmm, er würde wieder in die Tiefe fallen und nach ewigen Qualen würde er sterben. Okay, okay. Schluss damit! Er war ja schon wieder auf dem Trip des ewigen Denkers, des Zweiflers, des alles-kann-ja-nur-böse-enden Typen? Er überlegte wieder und immer wieder. Aber plötzlich entdeckte er da etwas Neues in ihm. Etwas, was ihm sagte, es wäre bestimmt kein Risiko, durch diese Tür zu gehen. Irgendetwas ließ ihn positiv denken. Und das war neu. Okay, er ließ es erst bei der Überlegung, klopfte an dem Tor und wartete, bis jemand es öffnen würde. Er stand vor dem Tor und fühlte sich gut und nicht ängstlich.
Mein lieber John, mein lieber John. Hey, ich kann es nicht glauben, ich glaube es einfach nicht, was ich gesehen habe. Wow! Du hast angeklopft und willst durch diese Tür? Du hast keine Angst? Was ist passiert? Hmmm, ich weiß es. Lass mich überlegen. Okay, versuche dich zu erinnern. Hmm, sorry, ich vergaß, du brauchst es ja gar nicht erst versuchen, du bist ja kein Oldtimer. Du erinnerst dich einfach. Okay, ich rekapituliere. Du lagst auf dem Boden, als du mit James T. auf dem Flur im Krankenhaus gegangen bist. Du warst verzweifelt. Jedes Mal, wenn du deinen Bauch gesehen hast, dann warst du verzweifelt. Du tatest dir so leid. Du bist in Selbstmitleid versunken. Als du das letzte Mal wieder auf dem Boden lagst, da habe ich es satt gehabt. Ich konnte dein Jammern nicht mehr hören. „mein Bauch, mein Bauch, oh, mein Bauch“ heultest du. „Oh mein Bauch, Schwester, oh Schwester, Doktor, lieber Doktor, ach bitte helfen Sie mir. Muss ich sterben?“ Okay, ich habe es nicht mehr hören können. Ich hatte so die Schnauze voll von dir. I was FED UP with you. It was disgusting!! Sorry, ich musste es mal sagen. Also beschloss ich, dir eine Lektion zu erteilen und schickte dich in das Kabinett des Grauen. Ich musste dir die Hölle präsentieren. Ich ließ dich spüren, was die wahre Hölle ist. Tiefer als in der Hölle konntest du ja nicht mehr sinken. Und, was hast du gemacht? Wie hast du reagiert? John Feelgood, lieber Johnnyji, du bist aufgestanden. Wow, das ist die Stärke. Du hast angefangen, Dich zu lieben, Dir zu vertrauen. Ja, wenn das kein Anfang ist? Deswegen dein gutes Gefühl, was du jetzt spürst.
James Brown würde jetzt für dich spielen und singen „Whow I feel good, i knew that i would, now i feel good!”
Oh yeah! I love it. Stark zu werden ist definitiv ein Lernfortschritt. Hmm, war dir diese Predigt zu lang? Hey alter Freund, ich als Dein Schatten brauch` auch mal eine Pause. Du bist ganz schön anstrengend. Pooh, ich setzte mich jetzt an deinen Schreibtisch und schaue aus dem Fenster in das Dezemberwetter, wie der unverletzbare Nebel das graue Miselwetter sorgenvoll unterstützt. Ich ziehe mir dazu den Song „Relax“ von Frankie goes to Hollywood herein: und schon könnte ich mich daran gewöhnen, deine unsichtbare Hälfte zu sein. Bis später. Ach ja, pass auf mein Freund, wenn du durch diese Tür gehst. Wirst du nach ein paar Metern fallen oder nicht?? Bis bald.
John war sich noch nie so sicher wie jetzt. Er würde jetzt durch diese Tür gehen und er würde auch später nicht in die Tiefe fallen. Irgendetwas würde anders sein. Dieses Mal hätte er bestimmt keine Angst. Zumindest nahm er sich das vor. Er klopfte noch einmal an der Tür, dieses Mal etwas lauter, aber es machte niemand auf. Ganz vorsichtig öffnete er sie. Er vernahm ein Knarren, das von Türscharnieren herkommen musste, die lange nicht mehr gebraucht worden waren. Als er die Tür einen Spaltbreit geöffnet hatte, kamen ihm sanfte Töne entgegen, die er irgendwo schon gehört haben musste. Ein wunderbares Glockenspiel, dazu der himmlische Klang von einem Engelchor mit dem Summen von vielen Bienen. John fand sich motiviert genug und tat es. Er machte die Tür weiter auf und wollte etwas schneller dadurch gehen. Schon schoss eine Harlekinpuppe vor ihn, verbeugte sich, lachte und rief: „Ein großes Abenteuer musst du bestehen, sehr viele Wege musst du gehen!“ und verschwand. Im gleichen Moment hoppelte ein Hase an ihm vorbei. Dieser hatte einen Korb mit vielen bunten Eiern auf seinem Rücken. Er blieb stehen, nahm sein ebenfalls buntes Cappy in die rechte Pfote: „Lieber Gast, Fröhliche Ostern. Sei willkommen“ und hoppelte weiter. John staunte, kam aber nicht dazu, sich über diese hoppelnde Erscheinung zu wundern, denn gleich nach dem Hasen liefen zwei Hunde zu ihm hin. Er staunte darüber, wie die angekleidet waren. Der eine mit einem weißen und der andere mit einem roten Pullover. Die hatten Pudelmützen mit Elchgeweih auf ihren Köpfen. Wie süß, dachte er. Sie wedelten mit