Indien, ich komme. Marie J. D. Caulfield. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie J. D. Caulfield
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738022896
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John Feelgood, du bist nun zum zweiten Mal gestürzt, auch wenn es dieses Mal mit deinem Auto war. Von wegen Blutspuren, gab es überhaupt welche? Hey, alter Junge, streng` dich gefälligst an und, ja, dosiere dein Tempo etwas. Gehe mit deiner Kraft, von der nicht mehr viel übrig geblieben ist, sorgsam um. Du bist zwar keine 14 mehr, ich habe aber noch so einiges mit dir vor. Zeige es mir, nein, zeige es dir selbst, was du noch drauf hast. Johnny, du bist eben wieder aufgestanden. Beweise es dir. Rock on und gehe nur ein paar Schritte. Ich stehe für Helena an der Linie und werde dich beglückwünschen. Naja, ich bin ich und nicht Helena. Ich bin dein Ich, nein, ich bin dein Schatten und ich werde dich ab sofort begleiten, sowohl im Guten als auch im Bösen. Hier im Buch heißt es, sowohl in Lebendig Wasser, als auch in Totes Wasser.

      John spurtete los, machte einen Schritt nach dem andern, entwickelte einen Ehrgeiz so wie früher, aber schon nach 8 Metern war es soweit. Nach 8 Metern verließen John die Kräfte. Er fühlte, wie seine Beine weich wurden. Er fühlte, wie Kälte und Hitze nacheinander und sich immer wiederholend in den Kopf schossen. War es das schon? War er jetzt schon fertig? Nein, bestimmt nicht. Er musste das ignorieren und einfach weiterlaufen. Er fixierte James T. neben ihm und die Linie vor ihm. Die hundert Meter Linie, die er unbedingt erreichen musste. Aber alles, was er dann noch realisierte, war die Hand seines Therapeuten, die sofort helfend in dieses leidige Geschehen eingreifen wollte. Es war zu spät. John hatte sich zu schnell an dem Rollator festgehalten und kam bei diesem Sturz mit seinem Nachtmantel an den linken Griff. Er lag auf dem Boden, genauso wie früher als 14 jähriger Schuljunge bei den Sportfestspielen, nur dass er heute mit 58 Jahren keine Kraft mehr hatte. Sein Mantel hatte sich von seinem Körper losgerissen und sein Pyjama Hemd auch. John lag auf dem Boden. Er hörte nichts mehr außer seiner eigenen Stimme, die lauthals „Oh Shit, Madre mia, verdammte Scheiße, was ist denn das?“ rausschrie. Nicht nur, dass er kraftlos, ohne jede kleinste Power auf dem Boden lag, nein, was er jetzt sah, das konnte doch nicht sein Bauch sein. Dieser Bauch sah anders aus. Da, wo sonst sein Bauchnabel war, da war eine sehr helle, fast durchsichtige und glänzende Oberfläche. Das sah niemals wie sein Bauch aus. „James T.“ sprach John mit letzter Kraft und sehr kurzen Atemzügen „James T. was ist das da auf meinem Bauch? Wie kommt das da hin?“ Durch den Lärm, den der Sturz verursacht hatte, kam der Stationsarzt Dr. Redroof dazu geeilt, der sich zur Visite in einem der Zimmer auf diesem Flur aufgehalten hatte. „Mr. Feelgood, du lieber Himmel, sie schon wieder auf dem Boden. Setzen Sie sich hin. James T. hilft ihnen dabei. Setzen sie sich ruhig hin.“ Dr. Redroof war ein guter Arzt. Nicht nur, dass er unfallchirugisch gut drauf war, er konnte durchgeschnittene Sehnen im Schlafe finden und sie ihren ursprünglichen Bestimmungen per Naht zusammenbringen und zuordnen. Er war der Mann, der durch sein Einfühlungsvermögen jedem Patienten auf seiner Station helfen konnte. Er gab jedem Patienten, mit dem er sich über dessen Probleme unterhalten hatte, das Gefühl, als Mensch verletzbar und unvollkommen sein zu dürfen. Ein Mensch mit Haken und Ösen. In einer Zeit, in der jede Sekunde auf Station mit einem klingelnden Kassengeräusch assoziiert wurde, hatte dieser medizinische Profi menschlichere Prioritäten. Das verursachte eine gastrointestinale Unstimmung bei der Klinikdirektorin Miss Redcliff, worauf Dr. Mike Redcross, 46 Jahre jung und körperlich sehr gut durchtrainiert, in ihrem Büro bei einem Glas Wasser eine wirtschaftswissenschaftliche Lektion über den profitablen Betrieb eines Krankenhauses hören musste. John mochte ihn sehr, hatte er Ähnlichkeiten mit seiner Mutter. Okay, John setzte sich mit Hilfe von James T. und Dr. Redcross auf den nächsten Stuhl und war heftig durchgeschüttelt. Nicht durch den Sturz, sondern durch den Anblick seines Bauches, War das wirklich sein Bauch? Der herabhängende Pflasterverband wurde notdürftig wieder angebracht, John schüttelte seinen Kopf und schaute abwechselnd seinen Bauch, James T. und Dr. Redcross an. „Was zur Hölle ist mit dem Bauch? Hey, erklären Sie mir das, bitte“ Je mehr er sich in dieses Das-ist-nie-mein-Bauch Gefühl hineinsteigerte, desto schneller wurden seine Atemzüge. Schon nach Sekunden glich seine Atmung einer Formel 1 Maschine und es fing an. John nahm kaum noch etwas wahr. Die Angst hatte ihn so hart und aufdringlich im Griff, bis sie ihn kontrollierte. Geist, Körper und Nervensystem liefen auf Hochtouren. Das Leben spielte sich in seinen letzten Sekunden ab. John hatte keinen Einfluss mehr auf die Motorik seiner Arme, seiner Hände und Beine. Er fing an zu krampfen. Der Körper wurde ein unkontrolliert schlagendes Herz ohne jedes Gefühl für Gleichmäßigkeit. Die Welt um ihn wurde nebensächlich. Er fiel tiefer und tiefer und der Teufel schrie ungöttlich ein Halleluja. Er nahm seinen vergifteten Dreizack und beugte sich mit seinem schwarzen und feuerroten Kopf über ihn und öffnete sein halb verwestes Maul, und.. und…und…Aber.. John fühlte plötzlich, wie sich dieser diabolische Horror ganz langsam verabschiedete, wie diese unwirkliche Welt eines wild um sich schlagenden Herzes die Regionen verließ, in denen sein menschlicher Geist wohnte. John erkannte Dr. Redcross wieder, der seine Hand väterlich auf Johns Schulter legte: „Hey Mr. Feelgood. Hey John, geht es ihnen jetzt besser? Müssen Sie uns denn immer so einen Schrecken einjagen? Hey, junger Mann, James T. bringt Sie nun in ihr Zimmer und sie legen sich etwas hin. Ich habe ihnen etwas zur Beruhigung gespritzt und das macht sie müde. Ich komme gleich nach der Visite zu Ihnen und wir unterhalten uns noch einmal über ihre Verletzungen. Ist das ok? Also bis gleich“ kehrte um und ging in das nächste Zimmer seiner Visite. Sein Magen knurrte und er dachte sehnsüchtig an eine Pause, die ich Ihnen, verehrte Leserin und verehrter Leser, jetzt auch vorschlage.

      Ich musste Sie am Anfang meines Buches auf so manche Dinge hinweisen. Dieses Mal ging es nur um die schimmernde Bauchhaut, die sogenannte Faszie, die John zu schaffen machte. Es wird bald krasser, verlassen Sie sich drauf. Stephen King könnte spätestens dann neidisch werden. Jetzt entspannen Sie sich erst einmal und widmen Sie sich Ihrem Partner, der bestimmt gelangweilt Fernsehen schaut, weil da mal wieder nur Mist kommt. Weil er sich jedes Mal ärgert, wenn die Gebühren für dieses dämliche Programm fällig werden, die er Monat für Monat aus dem Fenster schmeißt. Nehmen Sie ihn in die Arme, sagen Sie ihm etwas Schönes, geben Sie ihm einen zärtlichen Kuss und sagen Sie ihm, dass Sie ihn lieben. Was, Sie haben keinen Partner, sie sind auch in keiner lockeren Beziehung und/oder sind auch nicht verheiratet? Sie liegen immer noch alleine im Bett oder sitzen tatsächlich immer noch alleine im Wohnzimmer bei offener Flamme am Kamin, die tanzend von einem Holzscheit zum anderen hüpft, weil ihr Superstar noch arbeitet? Ja dann streicheln Sie doch Ihren Hund oder Ihre Katze. Haben Sie weder und noch, dann stehen Sie auf, öffnen das Fenster, weil Ihre Kurzatmigkeit, die Sie von John übernommen haben, die Zimmerluft beeinträchtigte und stecken sich zu der gerade angeschmissenen Funky Musik eine Zigarette an. Wie, Sie rauchen nicht? Wie klug von Ihnen. John wird nie klug. Er hört mal auf, fängt dann wieder an, dann pafft er und ist Sitting Bull, der mit einer Friedenspfeife am Lagerfeuer sitzt. Der Feuerlöscher ist vorsichtshalber in der Nähe. Der Mann kann es einfach nicht lassen, rauchen und Kind bleiben. Er weiß, dass die Qualmerei auf die Dauer nichts für die Haut ist, Den Sex kann er sowieso abhaken. Nicht nur wegen des abartigen Mundgeruchs, vorher und nachher, nein, Kinderwünsche werden zu Albträumen. Antonio, der Barkeeper, hat es schon längst begriffen, aber John? Dieser verdammte Suchtbolzen. Naja, mit 58 Jahren will der doch keine Kinder mehr zeugen, oder? Auf eine Haut mit Falten braucht er eh nicht mehr zu achten, die hat er schon. Okay, nun aber weiter zu Ihnen. Statt der Qualmerei trinken sie besser eine Coke ( Nein, ich werde nicht von dieser Firma gesponsert, die das dunkle one and only prickelnde Wasser herstellt, das verdammt erfrischt, wenn ich vom Sport gekommen bin und eine gemütliche Pause brauche) oder einen Whiskey, der Sie ins schottische Hochland befördert, der Ihnen die Bagpipes und den Kilt zum Kult werden lässt und fragen Sie sich bitte nicht, ob John noch lebt. Ja, natürlich lebt er noch. Er sitzt gerade in seinem Café La Vita, das sein italienischer Freund Sandro mit mediterraner Leidenschaft führt, und trinkt einen Espresso, dazu liest er Zeitung. Er fühlt sich gut und genießt die Adventszeit. Nach all den Jahren hat er es sich verdient. Wow, er lebt wieder. Hmm, um Gottes willen, ich bin noch lange nicht fertig mit dem Buch. Ich nehme Ihnen doch nicht das Ende vorweg. Ich bin doch nicht blöd. Ich habe mich soeben an das Schreiben gewöhnt. Nein, liebe Leserin und lieber Leser in LCC, in Cleanwood Bay oder Tekcity Forest, in Europa oder Asien, Australien oder Afrika, auf einer Insel oder unter Wasser, es geht gleich weiter. Ich stehe jetzt auf und trinke meine Coke, freue mich jetzt schon auf das Prickeln unter und über meiner Zunge. Bis gleich.

      Haben Sie die Pause genossen? Was für einen Drink hatten Sie? Hmm, einen 25 Jahre alten Scotch Malt haben Sie zur Feier des Tages geöffnet, weil Ihr Partner Sie nach 16 Jahren Ehe heute zu Hause sitzen gelassen