Begnadet - Wiedergeburt - Buch 3. Sophie Lang. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sophie Lang
Издательство: Bookwire
Серия: Begandet
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753189741
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haben jeglichen Kontakt zu ihnen verloren.« Aeia hält sich die Finger vor den Mund, lauscht weiter den schlechten Nachrichten, die Davidi zu berichten hat. »Das sind die Aufträge«, sagt er und schiebt zwei Mappen über den Schreibtisch auf Aeias Seite.

      Aeia nimmt die rechte Mappe und schlägt die erste Seite auf. Sie überfliegt den Inhalt und das Blut gefriert in ihren Adern, als sie den Namen der Person liest, die das Away-Team angeführt hat. Angelique, die Priesterin und eine von drei Leitern des TREECSS. Die Mission ist, ein Artefakt ausfindig zu machen. Aeia sucht auf dem Papier nach dem Namen des Gegenstandes, als sie bemerkt, dass sie sich verlesen hat. Die Mission lautet, das Artefakt zu finden.

      Sie schlägt die Mappe zu, widmet sich der zweiten Away-Mission, dem zweiten verschwundenen Team. Ihr wird die Tragweite der Ereignisse bewusst, als sie den Namen des Kopfes dieser Mission erfasst. Ramires, der zweite Leiter des TREECSS.

      Aeia, schaut zu Davidi auf, hört auf zu lesen.

      »Was hat das zu bedeuten?«, fragt sie.

      »Das ist die entscheidende Frage. Ich sehe, du hast nichts verlernt.«

      Aeia entgeht nicht, dass Davidi keineswegs seinen Humor oder Sarkasmus verloren hat. Auch nicht in Anbetracht von Situationen wie dieser.

      Aeia überfliegt auch diesen Auftrag, bringt in der Kürze der Zeit in Erfahrung, dass Ramires nicht den Spuren eines Artefaktes gefolgt ist, sondern seine Away-Mission ihn nach Russland, Sankt Petersburg geführt hat. Ein Besuch des R.I.P.SON. Aeia, weiß mit dieser Information nichts anzufangen. Sie blickt auf.

      »Sie waren getrennt unterwegs. Jeder von ihnen befand sich auf einer äußerst wichtigen Mission. Falls ihre Missionen gescheitert sind, dann liegt es an uns, das wieder gerade zu biegen«, sagt Davidi.

      »Das ist schrecklich. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«

      »Lass uns das tun, was wir in solch schwierigen Situationen immer tun. Lass uns nach vorne blicken. Das sind jetzt unsere Aufträge«, sagt Davidi und legt seine Hände auf die beiden Auftragsmappen.

      »Dies ist der Auftrag von Ramires.« Er tippt auf die rechte Akte. »Und Angeliques«, seine Hand legt sich auf die linke Akte. »Einer für dich und einer für mich. Was sagst du?«

      Aeia schweigt, überlegt, was die Aufträge mit Naomi zu tun haben.

      »Für den Fall, dass Ramires und Angelique tot sind ...«, Davidi hält inne, beginnt noch einmal von vorne. »Aeia, ich brauche jemanden an meiner Seite, jemand, der das TREECSS durch diese schwierigen Zeiten geleiten kann. Machen wir uns nichts vor, ich werde langsam zu alt für diese Aufgaben und falls Angelique wirklich etwas Schlimmes zugestoßen ist, dann braucht das TREECSS eine neue Priesterin.«

      »Das wird nicht nötig sein. Wir finden die beiden und erfüllen die Missionen«, sagt Aeia. »Denk nicht einmal darüber nach, Ramires, Angelique oder dich durch irgendjemand anderen ersetzen zu wollen«, sagt Aeia und legt ihre Hände auf die ihres Freundes und Mentors. Davidi lächelt matt, genehmigt sich einen Schluck Whisky. Aeia ist einerseits über die schlechten Nachrichten erschüttert. Andererseits ist sie voller Zuversicht, dass alles gut enden wird.

      »Welche der beiden Away-Missionen, hast du für mich vorgesehen?«

      »Angeliques«, sagt Davidi. Aeia nickt. Plötzlich spürt sie, dass es keine zufällige Entscheidung ist, dass die Chance, diesen Auftrag zu bekommen, nicht bei 50 zu 50 lag.

      »Warum Angelique? Warum nicht Ramires?«, fragt sie und ihr Talent, die Wahrheit zu erspüren läuft auf Hochtouren. Sie durchbohrt Davidi mit ihren Augen, will wissen warum.

      »Weil ...«, Davidi stockt.

      »Ja?«

      »Ramires Auftrag war es, das R.I.P.SON in Sankt Petersburg aufzusuchen.«

      »So viel habe ich auf der ersten Seite gelesen. R.I.P.SON? Was bedeutet das?«

      »Wie TREECSS für SECRETS steht, hat auch R.I.P.SON eine Bedeutung. Es ist ein Anagramm«, sagt Davidi.

      »R.I.P.SON?, überlegt Aeia. Diese seltsame Schreibweise kommt ihr bekannt vor. »Rip? Requiescat in pace. Oder Rest in peace? Abgekürzt R.I.P.« Aeia runzelt die Stirn. Kann es das sein? »R.I.P. Son? So wie Ruhe in Frieden mein Sohn?« Sie überlegt weiter, nimmt die Buchstaben in ihrem Kopf auseinander und setzt sie wieder in unterschiedlichsten Kombinationen zusammen. Sie ist die perfekte Analytikerin. »RIPSON ist ein Anagramm für PRISON, für Gefängnis!«, sagt Aeia dann langsam.

      »Das Verlies unter der Eremitage«, sagt Davidi. »Ein Gefängnis für all diejenigen unserer Spezies, die nie mehr das Licht der Freiheit erblicken sollten, weil sie durch ihr Handeln das Fortbestehen unserer Spezies gefährden.«

      Aeia erinnert sich schlagartig an die Ereignisse, die über zwei Jahrzehnte zurückliegen. An den Mann der sie gefoltert und fast getötet hat, damit sie als Märtyrerin stirbt und sich die Spezies der Begnadeten als Götter über die Menschen erheben würden, was letzten Endes nur die Verfolgung und Auslöschung der Begnadeten bedeutet hätte. Was sollen ein paar Tausend gegen Milliarden ausrichten? Sie entsinnt sich an einen Mann der ganz gewiss in Sankt Petersburg, im R.I.P.Son weggesperrt wurde, damit er niemandem, nie mehr etwas antun kann. Was ist aus ihm in der Zwischenzeit geworden?

      »Oh mein Gott!« Aeia schaut den Institutsleiter an. Zieht die Augenbrauen zusammen und beginnt das Verhör, so als wäre Davidi eine Verdachtsperson, aus dem sie die Wahrheit herausholen will.

      »Hat es etwas mit Alexander zu tun?«

      »Aeia lass das!«, allein diese Antwort genügt, dass Aeia die Wahrheit spüren kann. Ihr Talent hat sich inzwischen zu einem messerscharfen Werkzeug weiterentwickelt und sie beherrscht es wie ein Meister.

      »Um was geht es hier wirklich? Was haben die Aufträge mit Naomi zu tun? Wie kann ich Naomi helfen? Zu was soll ich bereit sein? Warum lügst du mich an?«, sprudeln die Fragen aus Aeia heraus.

      Naomi - Gehackt

      »Ich gehe zuerst ins Bad«, sage ich Phoenix zuliebe, die sich innig von Jayden verabschiedet. Mit Oliven-Seife wasche ich mir die kleinen Farbrückstände aus dem Gesicht, dort wo sich vor Sekunden noch Schminke befunden hat. Ich betrachte die Ausläufer meines neuen Tattoos, ziehe die Folie langsam ab und wasche das Wundwasser lauwarm ab.

      Nicht zu fassen, was ich heute alles erlebt habe. Mein erstes Tattoo, eine Schlägerei im Parkhaus, einen Flirt mit einem süßen Jungen, der traurige Abschied von meinem Dad und zum Abschluss wieder einmal eine beispiellose Nacht im Club. Wow. Carpe diem.

      Nach dem Zähneputzen gehe ich noch ganz kurz unter die Dusche. Anschließend creme ich mein Tattoo dünn mit Heilsalbe ein und stelle mich vor den Spiegel, den ich mit einem Wisch vom angeschlagenen Wasserdampf befreie. Das feuchte Glas fängt mein Spiegelbild ein.

      Einerseits fühle ich mich frei, andererseits wie eine Gefangene im eigenen Körper. Ich halte mich aufrecht, was ohne Exoskelett unvorstellbar wäre. Ich sehe mir ins Gesicht, blicke an meinem Körper hinab und nehme zur Kenntnis, dass ich mir mehr blaue Flecken, als gedacht, zugezogen habe.

      Aber das ist nicht so schlimm wie das unbekannte Etwas, diese Krankheit, die meinen Muskeln die Lebensenergie stiehlt. Ich schlucke meine Goldtabletten, hoffe, ich gehe nicht an einer Metallvergiftung zugrunde und streiche mit meinen Fingern über das Exoskelett, das sich ästhetisch an meinen Körper anschmiegt, auf meiner Haut liegt, wie ein fremdes Wesen, das mit mir eine Symbiose eingegangen ist. Es schenkt mir Kraft, Ausdauer und eine Reaktionsgeschwindigkeit, die über normale menschliche Möglichkeiten hinausgeht und im Austausch dafür, überlasse ich dem Exoskelett meinen Körper, um die Welt zu erkunden.

      Die silbernen, hauchdünnen Fäden bestehen aus Graphen. Einer einlagigen Schicht aus Kohlenstoffatomen. Das Exoskelett kann elektrischen Strom und Wärme extrem gut leiten. Es ist gerade mal 0,3 Nanometer dick, das ist etwa 100.000 mal dünner als ein menschliches Haar. Dadurch ist es so gut wie unsichtbar und lässt sich extrem leicht verformen, ohne dass es zerbricht. Tatsächlich sind die