Sky-Navy 20 - Die verborgene Welt. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Sky-Navy
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753189604
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noch relativ sicher und Höhen machten ihm nichts aus, solange er ein Geländer packen konnte, dass ihm bis zur Brust reichte, doch das freie Schweben im Weltraum bereitete ihm eine Furcht, die er kaum bändigen konnte.

      „Verflucht, konzentriere dich auf deinen Job und nicht auf das endlose Nichts“, murmelte er zu sich selbst. „Dir kann nichts passieren. Der Pylon ist nur ein paar Meter entfernt und wenn ich die Notfalltaste drücke, ist in ein paar Minuten ein Rettungsteam bei mir. Nein, nein, nein, ich werde die verfluchte Taste nicht drücken. Kein Grund zur Panik.“

      Diesmal war kein Kamerateam bei ihm und er trug auch keinen auffälligen „Presse“-Aufnäher an seinem Raumanzug. Es war nicht einmal sein Raumanzug, sondern der eines gewöhnlichen Arbeiters, den er sich „ausgeliehen“ hatte. Nun, keines ganz gewöhnlichen Arbeiters. Es war der Anzug eines jener Spezialisten, die für Außenarbeiten im Weltraum eingesetzt wurden. Es war eine deutlich schwerere Ausführung als die üblichen Einteiler, die man als Borduniform trug und die mit wenigen Handgriffen in einen Raumanzug verwandelt werden konnten. Diese Ausführung besaß zusätzliche Polster und eine Flex-Panzerung, die den Träger vor Verletzungen schützen sollten. Nicht allein vor jenen, die man sich selbst durch Fehler oder Materialversagen zufügte. Nein, Zoineman schwebte im Weltraum und das All war keineswegs leer, sondern angefüllt mit Strahlung, kosmischem Staub und Meteoriten. Vor allem die Meteoriten bereiteten dem Pressemann Unbehagen. Es gab Kleinst- und Mikrometeroriten, nicht größer als ein Schraubenkopf, die einen Anzug oder Helm durchschlagen und einen Menschen töten konnten. Mit etwas Glück erwischte es dann nur eine Extremität und die Selbstabdichtungsmanschetten des Anzugs retteten einem das Leben. Einen Arm oder ein Bein konnte man voll funktionsfähig nachwachsen lassen, auch wenn die Prozedur Monate währte, aber bei einem Kopf war das nicht möglich und Edgar schätzte den Wert dieses Körperteils durchaus hoch ein.

      Dennoch hatte es ihn hinausgetrieben. Über den Andock-Pylon 3, an dem die D.C.S. Trafalgar verankert lag. Das legendäre Trägerschlachtschiff mit der Flottenregisternummer „05“ war das eigentliche Flaggschiff von Hoch-Admiral John Redfeather und wurde, nach den Schäden mehrerer Gefechte, noch immer instandgesetzt.

      Eigentlich länger, als zu erwarten gewesen wäre, und so war Edgar Zoineman aufgeschreckt worden, als ihm das Gerücht zu Ohren kam, auf dem Rumpf des Schiffes werde intensiv gearbeitet. Von einer sehr kleinen und verschwiegenen Gruppe von Spezialisten, die man angeblich von Mars Military Industries zum Arcturus geholt hatte.

      Das war eher ungewöhnlich und hatte Zoinemans Aufmerksamkeit erregt. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass er da etwas Besonderem auf der Spur war und so hatte er behutsam versucht, mehr zu erfahren. Doch das Einzige, was er nach spendablem „Ermunterungsgeld“ herausfand, war, dass man angeblich an der Kommunikationsanlage und einem neuen Scanner für die Trafalgar arbeite.

      „Erzählt das einem anderen Idioten“, hatte Zoineman zu sich selbst gesagt. „Für solche Kinkerlitzchen holt man keine Typen von MMI, sondern die üblichen überteuerten Spezialisten. Aber keine von MMI, so wahr ich Edgar Zoineman heiße.“

      Er entschloss sich, der Sache selber auf den Grund zu gehen, und so schwebte er nun vom Oberteil des Pylons 3 gemächlich hinüber zu dem riesigen Rumpf des Trägerschlachtschiffes.

      In der Basis sowie an den Pylonen und den dort liegenden Navy-Schiffen wurde rund um die Uhr gearbeitet. Es galt keine Zeit zu verschwenden, um die beschädigten Schiffe möglichst rasch einsatzbereit zu machen oder mit Updates zu versehen. Zoineman fiel nicht auf. Er war einer von Hunderten von Außenarbeitern, die hier draußen tätig waren. Dazwischen huschten FLVs und Arbeitsplattformen umher, die Menschen oder Material beförderten. An einigen Stellen waren die großen mobilen Kräne zu sehen. Die künstliche Schwerkraft des Shriever-Systems erleichterte die Arbeit im Weltraum und die Kräne wiederum erleichterten das Bewegen größerer oder schwererer Lasten. An etlichen Schiffen mussten die Rümpfe ausgebessert werden. An einem anderen Trägerschlachtschiff, der D.C.S. Nakashima, hob ein Kran gerade eine vollständige Railgun-Kuppel in ihre Bettung.

      Wahrscheinlich hätte Zoineman auf diesen Weltraumspaziergang verzichtet, wäre es nicht ausgerechnet um die Trafalgar und deren Oberseite gegangen, denn dieses Schiff unterschied sich auf einzigartige Weise von den anderen Trägerschlachtschiffen. In der Mitte der Oberseite, ein wenig nach hinten versetzt, befanden sich die Überreste dessen, was in den Geschichtsbüchern des Direktorats als „Planetenkiller“ bezeichnet wurde.

      Einst hatte die Solare Föderation den Beschluss gefasst, die aufsässigen Kolonialwelten zu besiegen, in dem man ihnen aufzeigte, welche Folgen ein fortdauernder Widerstand haben würde. Man konstruierte eine Waffe, die jeden Planeten vernichten konnte. Doch als man nach einer Demonstration tatsächlich eine der besiedelten Welten angreifen wollte, kam es auf der Trafalgar und anderen Einheiten der Solaren Flotte zur Meuterei und zur Verbrüderung mit den Kolonisten. Die Föderation wurde förmlich hinweggefegt und durch das Direktorat ersetzt. In der neuen Sky-Navy war kein Platz für einen Planetenkiller. Doch als stete Mahnung wollte man die Waffe nicht vernichten, sondern lediglich funktionsunfähig machen.

      Nun wollte Edgar Zoineman in Erfahrung bringen, ob die alte Waffe auch weiterhin unfähig war, ihren ursprünglichen Zweck zu erfüllen. Immerhin herrschte Krieg, das Direktorat war nicht gerade auf der Siegerstraße und in solchen Situationen griff man oftmals nach jedem verfügbaren Mittel.

      Zoineman benutzte die Luftdüsen des Anzugs, um den Abstand zwischen Pylon und Schiff zu überwinden und sich dann dicht über der Oberfläche der Trafalgar zu halten. Nur wenige Dutzend Meter über ihrer Rumpfpanzerung schwebend, wirkte sie noch weitaus größer und bedrohlicher als aus einigem Abstand. Fünf Kilometer lang, anderthalb breit und einen hoch, war sie sogar noch größer als die riesigen Schlachtschiffe der Norsun.

      Er schwebte an einigen beleuchteten Sichtluken und Aufbauten vorbei. Dann passierte er eine der Railgun-Kuppeln. Mit ihren dreißig Metern Durchmesser und fünfzehn Metern Höhe nahm sie sich wie eine kleine Blase auf dem Rumpf aus.

      Zoineman sah weiter hinten den neuen, hoch aufragenden Turm, an dessen Spitze sich die Schüssel mit dem Nullzeit-Scanner befand. Ein gleichartiger Turm befand sich an der Unterseite, so dass die Trafalgar in der glücklichen Lage war, keinen „blinden Fleck“ in ihrer Rundum-Erfassung fürchten zu müssen, es sei denn, ein Objekt befand sich, wie Edgar Zoineman, ganz dicht über ihrer Oberfläche.

      „Verfluchter Mist“, knurrte er verdrießlich nach einem erneuten Rundblick. „Ich muss höher, damit ich mehr sehe.“

      Das gefiel ihm nicht, denn damit geriet er in jenen Bereich, in dem sich üblicherweise keine Arbeiter herumtrieben, doch ihm blieb keine Wahl. Er musste sich orientieren und sehen, wo im Augenblick gearbeitet wurde. Arbeitsleuchten und Scheinwerfer der Trafalgar waren eingeschaltet, doch Edgar wollte wissen, wo er das Leuchten der typischen Helmlichter sah.

      Er hatte nicht viel Übung mit der Handhabung des Antriebs. Prompt schossen ihn die Luftdüsen steil nach oben und er hatte Mühe, sich wieder in die geplante Höhe zu bringen. Wer ihn beobachtete, der musste ihn für einen wild gewordenen Gummiball halten, bis er endlich rund dreißig Meter über der Rumpfoberfläche schwebte. Erneut orientierte er sich und brachte sich die Aufnahmen der Trafalgar in Erinnerung. Dann sah er die übergroße Kuppel des Planetenkillers und die fast vierhundert Meter lange Stützkonstruktion, auf der sein Lauf ruhte. Vorsichtig betätigte der Journalist die Düsen und trieb näher.

      Im Grunde war der Planetenkiller nichts anderes als eine überdimensionierte Railgun. Die Waffe beruhte auf dem Prinzip, einen metallenen Bolzen durch elektromagnetische Felder zu beschleunigen, so dass diese die Mündung mit beinahe Lichtgeschwindigkeit verließen. Dazu trug ein kleiner Cherkov-Antrieb am Ende des Projektils bei, so dass es, beim Aufschlag auf das Ziel, relative Überlichtgeschwindigkeit aufwies. Dies wurde noch zusätzlich verstärkt, indem das Trägerschlachtschiff selbst auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigte und das Ziel, entgegen dessen Umlaufbahn um die Sonne, anflog.

      Der dreikantige Bolzen benötigte keine Sprengladung. Er war zehn Meter lang, besaß eine Kantenlänge von einem Meter und bestand aus reinem Tri-Stahl. Beim Aufprall setzte er seine Masse schlagartig in Energie um.

      Bei