Aphrodite. Pierre Louys. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Pierre Louys
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753197845
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Nein, von Cabasa. Ich bin hierher gekommen, um Korn zu verkaufen und kehre morgen um zweiundfünfzig Minen reicher heim. Den Göttern sei gedankt, es war ein gutes Jahr.

      Tryphaera fühlte plötzlich ihr Interesse für diesen Kaufmann wachsen.

      Mein Kind, begann er schüchtern von Neuem, Du kannst mir eine große Freude bereiten. Ich möchte nicht morgen nach Cabasa zurückkehren, ohne meiner Frau und meinen drei Töchtern sagen zu können, ich habe berühmte Männer gesehen. Du mußt sicher berühmte Männer kennen?

      – Ich kenne einige, sagte sie lachend.

      – Nun wohl! Nenne mir sie, wenn sie hier vorbeigehen. Ich bin sicher, daß ich seit zwei Tagen auf den Straßen die berühmtesten Philosophen und die einflußreichsten Würdenträger getroffen habe. Ich bin trostlos sie nicht zu kennen.

      – Du sollst befriedigt werden. Hier ist Naukrates.

      – Wer ist Naukrates?

      – Ein Philosoph.

      – Und was lehrt er?

      – Daß man schweigen muß.

      – Bei Zeus, das ist eine Lehre, welche nicht viel Genie verlangt und dieser Philosoph gefällt mir nicht.

      – Hier kommt Phrasilas.

      – Wer ist Phrasilas?

      – Ein Thor.

      – Warum läßt Du ihn da nicht vorüberziehen?

      – Weil Andere ihn für einen ausgezeichneten Mann halten.

      – Und was sagt er?

      – Er sagt Alles mit einem Lächeln, was ihm gestattet, seine Irrthümer als absichtlich und seine Albernheiten als pfiffig gelten zu lassen. Alle Vortheile sind auf seiner Seite. Die Welt hat sich dadurch irreführen lassen.

      – Das ist mir zu hoch und ich verstehe Dich nicht recht. Übrigens hat dieser Phrasilas ein Heuchlergesicht. – Hier kommt Philodem.

      – Der Stratege?

      – Nein. Ein lateinischer Dichter, der griechisch schreibt.

      – Kleine, es ist ein Feind. Ich will ihn nicht gesehen haben.

      Jetzt entstand in der Menge eine Bewegung und ein Gemurmel von Stimmen sprach einen und denselben Namen aus.

      »Demetrios … Demetrios …«

      Tryphaera stieg auf einen Eckstein und sagte dem Kaufmann:

      »Demetrios … Hier ist Demetrios. Du wolltest ja einen berühmten Mann sehen.

      – Demetrios? der Geliebte der Königin? Ist es möglich?

      – Ja, Du kannst von Glück reden. Er geht nie aus. Seitdem ich in Alexandrien bin, ist es das erstemal, daß ich ihn auf dem Strande sehe.

      – Wo ist er?

      – Es ist der, welcher sich vorbeugt, um den Hafen zu sehen.

      – Es sind zwei da, die sich vorbeugen.

      – Der, welcher blau gekleidet ist.

      – Ich sehe ihn nicht recht. Er wendet uns den Rücken zu.

      – Weißt Du, daß es der Bildhauer ist, dem die Königin Modell gestanden hat, als er die Statue der Aphrodite für den Tempel gemacht hat?

      – Man sagt, er sei der königliche Geliebte. Man sagt, er sei der Herr Ägyptens.

      – Er ist schön wie Apoll!

      – Ah! Jetzt dreht er sich um. Ich bin recht froh, gekommen zu sein. Ich werde sagen, daß ich ihn gesehen habe. Man hat mir so Vieles über ihn erzählt. Man sagt, daß ihm niemals eine Frau widerstanden hat. Er hat viele Abenteuer erlebt, nicht wahr? Wie kommt es, daß die Königin sich nicht darüber erkundigt hat?

      – Die Königin kennt sie so gut wie wir. Sie liebt ihn zu sehr, um ihm deshalb etwas zu sagen. Sie fürchtet, daß er nach Rhodos, zu seinem Meister Pherecrates zurückkehrt. Er ist so mächtig wie sie und sie ist es, die nach ihm verlangte.

      – Er sieht nicht glücklich aus. Warum hat er eine so traurige Miene? Es scheint mir, ich würde glücklich sein, wenn ich an seiner Stelle wäre. Ich möchte gern an seinem Platze sein, sei es auch nur einen Abend…

      Die Sonne war untergegangen. Die Frauen schauten diesen Mann an, der ihr gemeinsamer Traum war. Scheinbar ohne das Bewußtsein von der Neugierde zu haben, welche er hervorrief, stand er den Flötenspielerinen zuhörend an der Brüstung angelehnt.

      Die kleinen Spielmädchen machten nochmals die Runde, um zu sammeln; dann warfen sie ihre leichten Flöten auf den Rücken; die Sängerin faßte sie um den Hals und alle drei wandten sich der Stadt zu.

      Als es finstere Nacht war, kehrten die anderen Frauen in kleinen Gruppen nach dem ungeheueren Alexandrien zurück und die Heerde der Männer folgte ihnen nach; doch unterwegs drehten sich alle nach Demetrios zurück. Die letzte, die vorbei kam, warf ihm mit leichter Grazie ihre gelbe Blume zu und lachte dabei. Der Strand lag jetzt in völliger Stille da.

      III.

      Demetrios

      An der Stelle, wo die Spielmädchen gestanden, war Demetrios allein angelehnt geblieben. Er hörte dem Brausen des Meeres zu, dem knarrenden Geräusch der langsam fahrenden Schiffe und dem Winde, der unter den Sternen dahinstrich. Die ganze Stadt war von einer kleinen blendenden Wolke, welche vor dem Monde Halt gemacht, beleuchtet und der Himmel wölbte sich in milder Klarheit.

      Der Jüngling schaute neben sich hin. Die Tuniken der Flötenspielerinen hatte zwei Eindrücke in dem Staube zurückgelassen. Er erinnerte sich ihrer Gesichter. Es waren zwei Epheserinen. Die Ältere hatte ihm hübsch geschienen, die Jüngere hingegen war reizlos, und da ihm Häßlichkeit weh that, vermied er es daran zu denken.

      Zu seinen Füßen glänzte ein Elfenbeingegenstand. Er hob ihn auf. Es war eine Schreibtafel, woran ein silberner Griffel hing. Das Wachs war fast abgenützt, aber man hatte darauf wohl dasselbe Wort mehrere Male überschrieben und zuletzt sogar in’s Elfenbein eingegraben.

      Es standen darauf nur drei Worte geschrieben:

      Rhodis liebt Myrtocleia

      Und er fragte sich, welcher der beiden Frauen dies gehören mochte und ob die Andere die Geliebte wäre, oder irgend eine junge Unbekannte, welche sie in Ephesus zurückgelassen hatte. Dann dachte er einen Augenblick daran, den beiden Spielerinen nachzueilen, um ihnen den Gegenstand zurückzugeben, der vielleicht ein Andenken an eine geliebte Todte war; aber es wäre für ihn schwierig gewesen sie wiederzufinden, und, da er schon aufhörte sich für sie zu interessiren, drehte er sich nachlässig um und warf das kleine Ding in’s Meer.

      Es fiel schnell, wie ein weißer Vogel niedergleitend und er hörte das Plätschern des fernen und schwarzen Wassers. Dieses schwache Geräusch brachte ihm die gewaltige Stille des Hafens deutlicher zum Bewußtsein.

      An die kalte Brüstung gelehnt versuchte er jeden Gedanken zu bannen und sich in die Betrachtung der Gegenstände zu vertiefen.

      Das Leben war ihm ein Ekel. Er verließ sein Haus nur zur Stunde, wo das Leben aufhörte und er kehrte erst heim, wenn der Anbruch des Tages die Fischer und Gemüsehändler nach der Stadt zog. Das Vergnügen, in der Welt nur den Schatten der Stadt und seine eigene Gestalt zu sehen, wurde bei ihm zu einer solchen Wollust, daß er sich nicht erinnerte seit Monaten die Mittagssonne gesehen zu haben.

      Er langweilte sich. Die Königin war ihm überdrüssig.

      In dieser Nacht konnte er kaum mehr die Freude und den Stolz begreifen, welche ihn erfüllt hatten, als drei Jahre vorher die Königin, vielleicht mehr durch den Ruf seiner Schönheit als durch den Ruhm seines Genie’s verlockt, ihn nach dem Palaste hatte rufen und am westlichen Thore durch Trompetensignale hatte ankündigen lassen.

      Dieser Eintritt in den Palast erleuchtete manchmal sein Gedächtniß