Vom Winde verweht. Margaret Mitchell. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Margaret Mitchell
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753197203
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das alle Dinge ihrer Farbe beraubte. Das frischgrüne Laub sah kränklich aus, der Liguster wurde fahl, der blühende Apfelbaum, der eben noch in so herrlichem Rosa gestrahlt hatte, wurde bleich und trüb. Scarlett grub die Finger in die Wagenpolster, und einen Augenblick schwankte ihr Sonnenschirm. Zu wissen, daß Ashley verlobt war, bedeutete etwas ganz anderes, als die Leute so leichthin darüber sprechen zu hören. Dann aber strömte der Mut ihr machtvoll zurück, die Sonne kam wieder zum Vorschein und übergoß die Landschaft mit neuem Glanz. Sie wußte, daß Ashley sie liebte. Das war gewiß. Und sie lächelte bei dem Gedanken, wie überrascht Mrs. Tarleton sein würde, wenn heute abend von keiner Verlobung die Rede war - wenn es statt dessen zu einer Entführung kam. Dann würde sie gewiß überall erzählen, was für ein gerissener Schlingel Scarlett sei, einfach dabeizusitzen und zuzuhören, wenn über Melanie gesprochen wurde, wo doch die ganze Zeit schon sie und Ashley ... ihr kamen die Grübchen bei ihren eigenen Vorstellungen, und Hetty, die die Wirkung der mütterlichen Worte scharf beobachtet hatte, lehnte sich mit leichtem, ratlosem Stirnrunzeln zurück.

      »Was Sie auch sagen mögen, Mr. 0'Hara«, unterstrich Mrs. Tarleton. »Die Heiraterei von Vetter und Cousine ist ganz verkehrt. Schlimm genug, daß Ashley die kleine Hamilton heiratet; daß aber Honey den blassen Charlie Hamilton nehmen will ...«

      »Honey bekommt nie einen anderen, wenn sie nicht Charlie heiratet«, erklärte Randa grausam im Vollgefühl ihrer eigenen Beliebtheit. »Außer ihm hat sie nie einen Verehrer gehabt. Und er hat auch nie sehr verliebt getan, obwohl sie verlobt sind. Scarlett, weißt du noch, wie er vori ge Weihnachten hinter dir her war?«

      »Nicht boshaft werden, Miß«, sagte die Mutter. »Vettern und Cousinen sollten einander nicht heiraten, nicht einmal Vettern und Cousinen zweiten Grades. Das schwächt den Schlag. Das ist nicht wie bei Pferden. Man kann eine Stute mit ihrem Bruder und einen Hengst mit seiner Tochter paaren und gute Ergebnisse erzielen, wenn man die Rasse kennt; aber bei Menschen geht das nun mal nicht. Edle Rasse bekommt man vielleicht, aber ohne Saft und Kraft.«

      »Gnädige Frau, ich nehme Sie beim Wort! Gibt es bessere Leute als Wilkes? Und sie haben immer untereinander geheiratet, seitdem Brian Boni ein Junge war.«

      »Und es wird höchste Zeit, daß sie damit aufhören, es fängt an, sich bemerkbar zu machen. 0 nein, nicht so sehr Ashley, der ist ein gut aussehender junger Teufel, obwohl auch er ... Aber sehen Sie sich diese beiden verwaschenen Wilkesschen Mädchen an, die armen Dinger! Nette Mädchen natürlich, aber farblos. Und sehen Sie sich doch die kleine Miß Melanie an. Dünn wie eine Latte, zum Umwehen zart und ohne alles Temperament. Keinen eigenen Einfall im Kopf. >Nein, gnädige Frau, ja, gnädige Frau!< Mehr weiß sie nicht zu sagen. Verstehen Sie, was ich meine? Die Familie braucht neues Blut, gutes, kräftiges Blut, wie meine Rotschöpfe oder wie Ihre Scarlett. Aber mißverstehen Sie mich nicht, Wilkes sind auf ihre Art sehr feine Leute, Sie wissen, wie gern ich sie alle habe, aber, seien Sie aufrichtig, durch Inzucht überzüchtet, stimmt es oder stimmt es nicht? Höchst brauchbar auf trockenem, auf leichtem Geläuf, aber passen Sie auf, was ich sage, ich glaube nicht, daß Wilkes auf schwerem Boden laufen können. Aller Saft und alle Kraft ist aus ihnen herausgezüchtet, glaube ich, und im Notfall sind sie dem Unerwarteten nicht gewachsen. Ein Schlag n ur für gutes Wetter! Durch das Untereinanderheiraten sind sie anders geworden als die übrigen Leute in der Gegend. Immer klimpern sie auf dem Klavier und stecken die Nase in Bücher. Ich glaube wahrhaftig, Ashley zieht das Lesen dem Jagdreiten vor! Ja, das ist meine ehrliche Überzeugung, Mr. 0'Hara! Sehen Sie sich doch nur ihre Knochen an. Viel zu fein. Die brauchten kraftvolle Väter und Mütter ...«

      »Ah - hmm«, machte Gerald, dem plötzlich aufging, daß die Unterhaltung, die für ihn höchst interessant und durchaus passend war, auf Ellen ganz anders wirken würde, und er hatte ein schlechtes Gewissen dabei, daß vor den 0hren ihrer Töchter ein so freimütiges Gespräch geführt wurde. Mrs. Tarleton aber war wie gewöhnlich taub für alles andere, wenn es sich um ihr Lieblingsthema handelte: Zuchtfragen, sei es bei Pferden oder Menschen.

      »Ich weiß, was ich sage. Ich hatte einen Vetter und eine Cousine, die einander geheiratet haben. Nun, ich gebe Ihnen mein Wort, die Kinder hatten alle richtige Froschaugen, die armen Dinger. Und als meine Familie von mir verlangte, ich sollte meinen Großvetter heiraten, habe ich gebockt wie ein Fohlen. Ich habe gesagt: >Nein, Ma, ich nicht! Dann bekommen ja meine Kinder alle den Spat und werden Rohrer.< Ma fiel natürlich in 0hmmacht, als ich das vom Spat sagte, aber ich blieb fest, und Großmama hielt mir die Stange. Sie verstand eben auch was von Pferdezucht und gab mir recht. Sie ist mir dann behilflich gewesen, mit Mr. Tarleton durchzugehen. Und nun sehen Sie sich meine Kinder an! Groß und gesund und nicht ein kränkliches oder zurückgebliebenes dazwischen, wenn auch Boyd knapp sechs Fuß mißt. Die Wilkes hingegen ...«

      »Nicht etwa, daß ich das Thema wechseln möchte, gnädige Frau«, fiel ihr Gerald hastig ins Wort. Er hatte Carreens entgeisterten Blick gesehen, dazu die gespannte Neugier in Suellens Zügen, und fürchtete, sie könnten am Ende Ellen peinliche Fragen stellen, wobei dann herauskommen würde, was für ein unzulänglicher Aufpasser er war. Mit Freuden bemerkte er, daß Puß offenbar an andere Dinge dachte, wie es sich für eine junge Dame schickte.

      Hetty Tarleton half ihm aus der Klemme.

      »Du lieber Himmel, Ma, laß uns doch weiterfahren«, rief sie ihrer Mutter ungeduldig zu. »Ich brate in der Sonne und höre förmlich, wie mir die Sommersprossen amHalse sprießen.«

      »Eine Sekunde, gnädige Frau, ehe Sie weiterfahren«, sagte Gerald. »Haben Sie schon etwas darüber entschieden, ob Sie der Truppe die Pferde verkaufen wollen? Der Krieg kann jeden Tag ausbrechen, und den Jungens ist daran gelegen, daß die Sache in 0rdnung kommt. Für die Truppe aus der Claytonprovinz möchten wir auch Pferde aus Clayton haben. Aber Sie weigern sich immer noch eigensinnig, uns Ihre schönen Tiere zu verkaufen.«

      »Vielleicht gibt es ja gar keinen Krieg.« Mrs. Tarleton, deren Geist noch eifrig mit den Heiratssitten der Familie Wilkes beschäftigt war, suchte die Angelegenheit auf die lange Bank zu schieben.

      »Aber gnädige Frau, Sie können doch nicht ...«

      »Ma«, unterbrach Hetty wieder, »kannst du nicht mit Mr. 0'Hara genausogut in Twelve 0aks über Pferde reden wie hier?«

      »Sie treffen den Nagel auf den Kopf, Miß Hetty«, sagte Gerald. »Sehen Sie, ich will Sie nur noch eine Minute aufhalten. Gleich sind wir in Twelve 0aks, und da möchte jeder, jung und alt, über die Pferde angelegenheit Bescheid wissen. Ach, es bricht mir das Herz, wenn ich sehe, daß eine feine, schöne Frau wie ihre Mutter so geizig mit ihren Pferden ist. Wo ist denn Ihre Vaterlandsliebe geblieben, Mrs. Tarleton? Sind Ihnen denn die Konföderierten gar nichts ?«

      »Ma«, schrie die kleine Betsy, »Randa sitzt auf meinem Kleid, und es wird ganz kraus.«

      »Gib Randa einen Schubs und sei still. Nun hören Sie, Gerald 0'Hara.« Ihre Augen fingen an, bedenklich zu funkeln. »Kommen Sie mir nicht mit den Konföderierten! Ich denke, die bedeuten mir nicht weniger als Ihnen, denn ich habe vier Jungens bei der Truppe und Sie gar keinen. Aber meine Jungens sorgen für sich selbst, und das können meine Pferde nicht. Wenn ich wüßte, sie würden von den Jungens geritten, die ich kenne, von Gentlemen, die Vollblüter gewohnt sind, ich gäbe sie gern umsonst her.

      Nein, keinen Augenblick würde ich mich besinnen. Aber soll ich denn meine schönen Tiere den Urwaldbauern und Kleinfarmern, die nur Maultiere kennen, auf Gnade und Ungnade überlassen? 0 nein, mein Lieber! Ich hätte ja Alpdrücken bei dem Gedanken, daß sie mir wundgeritten und nicht ordentlich gepflegt würden. Meinen Sie, ich lasse ahnungslose Dummköpfe meine im Maul so weichen Lieblinge reiten, ihre Mäuler zersägen und sie schlagen, bis das ganze Temperament zum Teufel ist? Bei dem bloßen Gedanken kommt mir schon jetzt eine Gänsehaut. Nein, Mr. 0'Hara, es ist furchtbar nett von Ihnen, daß Sie meine Pferde haben wollen, aber Sie tun besser daran, in Atlanta ein paar alte Schimmel für Ihre Buschklepper zu kaufen. Die merken den Unterschied gar nicht.«

      »Ma, bitte, laß uns weiterfahren!« stimmte jetzt auch Camilla in den ungeduldigen Chor ein. »Du weißt ganz genau, am Schlusse gibst du ihnen deine Lieblinge doch, wenn Pa und die Jungens erst einmal richtig