Urlaub - jetzt komm ich!. Anne Wunderlich. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anne Wunderlich
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754176061
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zu lauschen.

      Umgeben von Palmen und in der Hand eine Kokosnuss,

      gibt mir das mediterrane Flair einen Kuss.

      Ich bleibe für immer hier,

      denn hier gefällt es mir.

      Leider endet der schönste Urlaub irgendwann,

      doch die Erinnerungen bleiben, ich glaube fest daran.

      Ich tröste mich, denn schon bald heißt es wieder:

      Urlaubszeit, Koffer packen und einsteigen in den Flieger.

      Einleitung

      Ich, Lena Müller, fünfundzwanzig Jahre alt, ledig, liiert, keine Kinder, stand beruflich noch am Anfang meiner Karriere und war dennoch mittendrin. Die Ausbildung zur Industriekauffrau absolvierte ich erfolgreich und mein Ausbildungsbetrieb bot mir die Chance zur Übernahme nach bestandener Prüfung. Zuerst für zwei Jahre. Danach erhielt ich aufgrund einer Projektbetreuung einen Vierjahresvertrag, in dem ich mich gerade befand. Die jeweiligen Befristungen störten mich persönlich nicht und nahmen keinerlei Einfluss auf meine Arbeitsweise oder Arbeitseinstellung. Ich ging dem nach, was mir Spaß machte und war dabei sehr zielstrebig und voller Enthusiasmus. In der Firma war ich etabliert und angekommen. Ich galt als eine geschätzte, erfahrene und fleißige Angestellte und erfreute mich bei meinen Kollegen großer Beliebtheit. Das Projekt forderte mich sehr, in welchem ich gleichzeitig aufging. Zu jeder Zeit konnte ich mich beweisen und zeigen, welche Fähigkeiten in mir steckten. Gerne nahm ich Überstunden in Kauf, welche Gang und Gebe waren. Selbst die Wochenenden verbrachte ich am Laptop. Mein Büro mutierte immer mehr zu meinen Zweitwohnsitz. Der Job rückte in den Vordergrund, gefolgt von meinem Freund. Erst dann kam meine Familie und Hobbys. Eine Selbstverständlichkeit für mich. Freizeit zählte in meinem Wortschatz unter die Rubrik Fremdwörter. Außenstehende bezeichneten mich nicht als krank, zumindest noch nicht, und dennoch war ich kurz davor, das Verhalten eines Süchtigen aufzuweisen. Behielten sie Recht, würde mir die Inanspruchnahme einer psychologischen Behandlung bevorstehen, für die ich allerdings keinerlei Zeit hatte. Immerhin war ich mit Arbeiten beschäftigt. Ein Teufelskreis! Auf eine halbe Stunde Therapie mal zwischendurch in der Mittagspause oder beim Durchforsten der Aktenberge, darauf konnte ich gut und gerne verzichten.

      Trotz der wenigen Zweisamkeit stand mein Freund

      Michael voll und ganz hinter mir. Ironisch gemeint, stichelte er immer wieder: „Du verwandelst dich zu einer Workaholicerin, aber ich liebe dich trotzdem.“

      Michael arbeitete im 3-Schicht-System und empfand die Situation, dass wir uns oftmals tagelang überhaupt nicht sahen, als vorteilhaft. Somit konnte er ungestört nach der Spätschicht ausschlafen beziehungsweise sich vor der Nachtschicht in Ruhe ein paar Stunden Schlaf gönnen. Daher machte es für unsere Beziehung keinen Unterschied, ob ich bis spät abends im Büro saß oder eben nicht. Wären wir bereits damals ehrlich zueinander gewesen, hätten wir uns selbst einstehen müssen, dass wir zu diesem Zeitpunkt schon nebeneinanderher gelebt haben und dies auf Dauer nicht funktioniert.

      Manchmal kommt die Einsicht aber erst Jahre später.

      Michael und ich führten eine langanhaltende Beziehung. Wir kannten uns bereits von klein auf, besuchten gemeinsam die Grund- und später die Realschule. Zwischen uns gab es nie Streit oder Hänseleien.

      Gerade im Schulalter sind Neckereien ein ganz großes Thema. Nicht nur zwischen Jungs und Mädchen, auch unter den Geschlechtern. Jeder will sich behaupten und vor seinen Mitschülern zeigen, was derjenige kann. Wenn nicht mit schulischen Leistungen, dann mit den neuesten Markenturnschuhen oder dem teuersten Handy. Gesponsert von den Eltern, versteht sich. Prestige ist manchmal alles. „Hast du nichts und kannst du nichts, dann bist du nichts!“ Zu oft habe ich diesen Satz in meiner gesamten Schulzeit von Kindern zu anderen Kindern sagen hören, was ich als schlimm und für Nonsens empfand. Erst recht im Pubertätsalter. Wenn nicht nur die ersten Haare an Körperstellen sprießen, wo man es nie vermutet hätte, sondern auch die ersten Mitesser die Gesichter zieren oder das Silber der Zahnspangen bei jedem Lächeln hervorblinkt, dann fangen die Hänseleien so richtig an. So gerne ich in die Schule ging, umso beruhigter war ich täglich nach Unterrichtsschluss, wenn mich meine Mitschüler von ihren Belustigungen

      glücklicher Weise verschont hatten. Falls doch jemand das Wort gegen mich erhob, war Michael an meiner Seite und verteidigte mich vehement, fast schon mehr wie ein großer

      Bruder, statt als Freund. Dies änderte sich schlagartig in der zehnten Klasse, denn da funkte es zwischen uns. Auf einmal spürten wir, dass wir uns gegenseitig nicht mehr als gute Kumpels sahen. Plötzlich waren Gefühle im Spiel. Dies passierte an einem späten Nachmittag, als ich mich für die Schülerzeitung kreativ austobte. Im Klassenzimmer, an meiner Bank sitzend, den Laptop aufgeklappt vor mir und Michael dicht neben mir sitzend, führte ich mit ihm ein Interview bezüglich des Fußballteams der Schule durch. Meine Aufgabe bestand darin, einen Artikel zu schreiben, in welchem ich die einzelnen Spieler vorstellte, der einen Rückblick auf die Spielsaison sowie Informationen der zukünftigen Ziele gab. Als Kapitän des Fußballteams kannte er sich hervorragend aus und versorgte mich mit Insiderwissen. Dies half mir ungemein. Er berichtete, ich schrieb. Mit viel Spaß und großem Eifer kamen wir der Aufgabe nach. Wie so oft, wenn wir zusammen waren. Die Chemie zwischen uns passte einfach.

      Vertieft in das Zusammentragen der Fakten und in das Beenden des letzten Satzes des Artikels überkam mich Stolz. Das Werk war vollbracht und ich sehr zufrieden. Vor Freude fiel ich Michael um den Hals. „Wir haben es geschafft!“, jubelte ich und ergänzte weiter „Dank deiner Hilfe!“. Wir hielten einen kurzen Moment inne und als wir uns aus der Umarmung lösten, geschah es. Wir blickten in die leuchtenden und strahlenden Augen des jeweils anderen. Wir verharrten vor Nervosität. Alles und Nichts ging mir gleichzeitig im Kopf umher. Mein Herz raste. Mein Fuß wippte auf und ab. Die Welt um mich herum stand still. Ich traute mich kaum zu atmen, um die Stille und somit den Augenblick nicht zu zerstören. Obwohl ich ihn in- und auswendig kannte und ihn mit verbunden Augen detailliert beschreiben hätte können, musterte ich jede Gesichtspartie und hoffte insgeheim, dass er dies nicht bemerkte. Sein Gesicht war in meinem Gedächtnis eingebrannt und dennoch sah ich ihn gerade so an, als würde ich ihm das erste Mal gegenübertreten. Bewusster. Jede einzelne Wimper, das Farbmuster seiner Augen, die Kontur seiner Lippen, die Form seines Kinns, einfach alles inspizierte ich. Diese bislang flüchtige Wahrnehmung und Einprägung wandelte sich in diesem Augenblick zu einer ausführlichen Untersuchung. Mein Herz schlug noch schneller, als Minuten zuvor. Tief blickten wir uns in die Augen. Was war nur los mit mir? Was geschah in diesem Moment? Michael streifte eine Haarsträhne aus meinem Gesicht hinter das Ohr und verweilte mit seiner Hand in dieser Position. Sanft zog er meinen Kopf zu sich, so dass wir uns immer näher kamen und mein Herzschlag förmlich explodierte. Meine Hände wurden eiskalt und feucht zugleich. So nahe, wie zu diesem Zeitpunkt, sind wir uns vorher noch nie kommen. Bevor ich auch nur ansatzweise in irgendeiner Form hätte reagieren können, presste er auf einmal seine Lippen auf meine. Er küsste mich. Ja, er küsste mich tatsächlich! Sehr überrascht und überrumpelt, ließ ich es dennoch zu. Ich schloss meine Augen und genoss. Mein erster Kuss mit Michael. So schön und gefühlt eine halbe Ewigkeit lang. Mir wurde ganz warm. In meinem Bauch kribbelte es. Seine Lippen waren so weich und er schmeckte so gut. Selbst wenn das Klassenzimmer mit unseren Schulkameraden gefüllt gewesen wäre, hätte ich sie in diesen Sekunden völlig ausgeblendet. Das Ringsherum vergaß ich, bis er sich von mir löste und mich fast schon durchbohrend anschaute. Irgendetwas war anders. Tief in meinem Inneren waren mehr Gefühle vorhanden, als ich bislang angenommen hatte. Eindeutig, meine Hormone mussten verrücktspielen! Eine andere Erklärung gab es bei diesem eher skurrilen Bruder-Schwester-Verhältnis-Kuss nicht. Doch, eine schon: Liebe! Es war um uns geschehen. Wir verbrachten von Beginn bis zur Fertigstellung des neunseitigen Artikels viel Zeit, um genau zu sein drei Wochen, in denen wir uns einfach ineinander verliebten, ohne es zu bemerken.

      Aus langjährigen Freunden wurde eine gefestigte Beziehung, die nach wie vor anhielt, denn auch nach der Schulzeit trennten sich unsere Wege nicht. Wir fanden beide eine Ausbildung in unserem Heimatort und nach Abschluss unserer jeweiligen Ausbildungen und Übernahme