Auch Kamerad Meyer wird seine Treue zur Revolution mit dem Tode bezahlt haben. Welcher von den vielen Meyers war das, welcher von den vielen Meyers, die im Osten und Westen, in Kälte und Sonnenbrand für das Kaiserreich gekämpft und gelitten haben? Jetzt sind sie tot, die Kameraden Kornmann und Krause und Meyer und Müller. Ebenso tot wie ihre vielen Namensvettern, deren Knochen vor Ypern, an der Somme, vor Verdun und am Isonzo bleichen.
Ja, jetzt sind sie tot, aber sie fielen nicht mehr für den Kaiser, nicht mehr für den Kapitalismus, sie opferten freiwillig ihr Leben für die Revolution, für die Sache des Volkes. Und vor ihrem Tode haben sie uns einen unschätzbaren Dienst erwiesen. Sie haben uns die Augen geöffnet. Sie haben uns gezeigt, welches Schicksal uns erwartet, wenn wir auch nur einen Augenblick nachlassen, wenn wir weich werden und auch nur eine Minute lang vergessen, unsere Pflicht zu tun.
Wir danken euch für diesen Dienst, Kamerad Kornmann, Meyer, Müller und Krause. Wir danken euch und werden euch rächen. Eure Mörder werden ihrem wohlverdienten Schicksal nicht entgehen.
Vom Osten und vom Westen her gehen die roten Truppen gegen Brest-Litowsk vor. In Lodz ist der weiße Aufstand mühelos von der roten Arbeiterwehr unterdrückt worden. Die letzten weißen rumänischen Truppen haben sich auf Galatz, Braila und Ismail zurückgezogen. Von Norden her rücken Deutsche, Russen und Rumänen, von Bukarest aus Deutsche und Rumänen gegen sie vor. Bald werden auch diese beiden Punkte, die letzten Hoffnungen der Gegenrevolution, in unserem Besitz sein. Dann ist der Osten frei. Die Landungstruppen der Entente in Odessa wurden ins Meer zurückgeschlagen. Im Norden rückt die russische rote Armee gegen das Eismeer vor. In Sibirien sind Verhandlungen mit den tschechoslowakischen Legionären eingeleitet. Bald wird auch Sibirien frei vom Feinde sein. Bulgarien wurde von Ententetruppen besetzt. Werden auch die Italiener weiter vorrücken? Wiederum ist es den Kapitalisten der Westmächte gelungen, französische und englische Proletarier vorzutreiben zum Kampf gegen ihre Brüder. Wie lange noch?
Vorwärts - 23. November 1918
Der Waffenstillstand gekündigt!
Der Waffenstillstand ist gekündigt worden. Das ist die Kriegserklärung der kapitalistischen Weststaaten an die internationale sozialistische Revolution. Begründet wird dieser Schritt mit der noch nicht vollzogenen Ablieferung der deutschen Kriegsschiffe und Unterseeboote sowie mit der Mitwirkung deutscher Truppen bei der Einnahme von Brest-Litowsk und bei der Umzingelung und Gefangennahme der Reste der königlich rumänischen Armee bei Galatz und Braila. Außerdem sollen deutsche Truppen bei den Kämpfen in Budapest nach Ausrufung der ungarischen Räterepublik auf Seiten der Revolutionäre mitgewirkt haben.
Die Kündigung des Waffenstillstandes erfolgte mit 48 stündiger Frist. Die Entente hat sich also formell an die Bestimmungen des Waffenstillstands-Abkommens gehalten, in Wirklichkeit aber die Kriegshandlungen schon in der letzten Nacht wieder aufgenommen. Ein deutsches Regiment, das sich noch auf belgischem Boden befand, ist von französischen Truppen umzingelt und gefangen genommen worden, obwohl das Gebiet, auf dem es sich befand, erst am 24. November geräumt werden sollte. Im Skagerrak sind schon am 22. November 2 deutsche U-Boote, die von großer Fahrt zurückkamen, von englischen Kriegsschiffen in Grund gebohrt worden, weil die Besatzung sich weigerte, einen englischen Hafen anzulaufen.
Der Zentralrat der Nord- und Ostseeflotte hat daraufhin beschlossen, die Flotte sofort nach dem Osten in Fahrt zu setzen, wo sie sich mit der roten Baltischen Flotte vereinigen soll. Die Ostseeflotte hat bereits gestern nachmittag Kiel verlassen. Der gestern früh von Wilhelmshaven ausgelaufenen Nordseeflotte ist es gelungen, die Eibmündung zu erreichen. In der Helgoländer Bucht versucht eine englisch-französische Flotte, den deutschen Minengürtel, der ständig verstärkt wird, zu durchbrechen. Das vor acht Tagen begonnene Minensuchen ist eingestellt worden. Aus der Erwägung heraus, dass in absehbarer Zeit doch keine deutsche Flotte in der Nordsee operieren wird, hat der rote Matrosenrat der Nordseeflotte beschlossen, alle vorhandenen Minenvorräte in der Elb- und Wesermündung auszustreuen. In der Ostsee, am Südausgang des Sundes und des Belts, sollen dagegen nur an bestimmten Punkten verankerte Minen gelegt werden.
Der Zentralsoldatenrat der Westfront und das rote Oberkommando der Westarmee haben folgende Befehle erhalten:
„Sollte das Feuer von gegnerischer Seite eröffnet werden, so ist es auf keinen Fall zu erwidern. Die freiwillige Ablieferung von Kriegs- und Beförderungsmaterial ist sofort einzustellen. Den Truppenteilen werden ausreichende Geldmittel zur Verfügung gestellt, um alle Beförderungsmittel, Pferde und Wagen, Last- und Personenautos auf deutschem Gebiet für den Rücktransport von Truppen, Lebensmitteln und Kriegsmaterial aufzukaufen. Wenn Verkauf verweigert wird: requirieren! Es ist sofort eine Aufnahme-Stellung zum Schutz des Rheinüberganges vorzubereiten. Alle Truppen sollen versuchen, in Eilmärschen sich vom Gegner zu lösen und die Aufnahmestellung zu erreichen. Da die Rheinbrücken für den beschleunigten Rückzug der Truppen und die Rettung des erfassbaren Materials nicht ausreichen, werden sämtliche Kähne auf dem Rhein und seinen Nebenflüssen mit dem heutigen Tage requiriert und sind mit Bemannung sofort zur Verfügung zu stellen. Auf der Strecke von Mannheim bis Bonn sind, soweit möglich, sofort weitere Pontonbrücken unter Verwendung von requirierten Rheinkähnen und mit Hilfe der Arbeiterschaft zu bauen. Die Arbeiterräte im Ruhrgebiet sowie in Mainz und Mühlheim haben beschlossen, sofort alle Kähne zu entladen und für den Transport zur Verfügung zu stellen. Fußtruppen sind möglichst in Kähnen überzusetzen. Die Brücken sind für den Übergang von Fahrzeugen und Pferden freizuhalten."
Vorwärts - 25. November 1918
Krieg der Entente gegen die Revolution!
Belgien, Luxemburg, Nordfrankreich und Elsass-Lothringen sind von den deutschen Truppen geräumt. Nur 24 Stunden lang haben die Alliierten die Fiktion aufrechterhalten, dass sie die Kündigungsfrist einzuhalten bereit seien. Sie hofften, nach Ablauf der 48 Stundenfrist noch zurechtzukommen, um das Gros der deutschen Nordarmee durch einen Süd-Nordvorstoß gegen Aachen und den Maastrichtzipfel abschneiden zu können. Dann merkten sie aber, dass sie sich verrechnet hatten. Vierundzwanzig Stunden vor Ablauf des Waffenstillstandes wurde der Grenzort Malmedy bombardiert und von französischen Truppen gestürmt. Die nördlich Malmedy stehenden Truppen setzten sich zur Wehr, um nicht in Gefangenschaft zu geraten und um den nördlicher marschierenden Truppen den Rücken zu decken. Jetzt ziehen sich unsere Truppen, nachdem die Gefahr, die dem rechten Flügel drohte, abgewendet worden ist, nord- und ostwärts zurück. An der ganzen übrigen Front haben wir das Feuer, das von den Ententetruppen eröffnet wurde, nicht erwidert. Obwohl bei dem scharfen Tempo des Rückzuges an den meisten Stellen fünf bis zehn Kilometer Abstand zwischen den deutschen und Ententetruppen besteht, haben die Ententetruppen das Artilleriefeuer an allen Stellen aufgenommen, wo sie die deutsche Grenze überschritten haben.
Vom Rate der Volksbeauftragten wurde folgender Funkspruch aufgegeben:
An das Interalliierte Hauptquartier
Wir protestieren gegen den Bruch des Waffenstillstandes. Obwohl die deutschen Truppen sich überall kampflos zurückziehen, ist Ihrerseits das Feuer auf der ganzen Front wieder aufgenommen worden.
Wir sind nach wie vor bereit, das ganze linksrheinische Gebiet kampflos zu räumen und ersuchen dringend um Einstellung der Feindseligkeiten.
AUFRUF
an alle Soldaten der französischen, englischen, belgischen, amerikanischen und italienischen Armee.
Das Proletariat in Deutschland und Österreich-Ungarn,