Monstärker und der Kristall des Zweifels. Hubert Wiest. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hubert Wiest
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783738074086
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Das musste ich sofort klarstellen. „Ich habe braune Haare, bestenfalls kastanienfarben, aber bestimmt nicht rot. Und meine Augen sind braun. Hast du mich verstanden? Und wegen meiner Sommersprossen solltest du mich besser in Ruhe lassen. Dein Gesicht sieht schließlich auch aus wie mit Schokostreusel gesprenkelt.“ Ich hasste es, wenn mich jemand als rothaarig bezeichnete, und meine Augen waren wirklich braun. Okay, bei miesem Licht sahen sie vielleicht schlammgrün aus. Das war alles. „Und so ein Uhba-Uhba-Affe bin ich bestimmt nicht. Du spinnst doch!“

      Der Typ, also dieser Monstärker, fuhr mich zornig an: „Makah-Uhba, kein Affe! Ich bin ein Makah-Uhba und dachte, du gehörst zu uns, weil du so aussiehst. Hab mich wohl getäuscht. Woher kommst du denn?“ Monstärker ging um mich herum und sah mich so komisch an.

      „Ich komme aus München. Das liegt in Deutschland. Ich bin ein Mensch keine Makah-Uhba“, fügte ich unsicher hinzu. Vielleicht kannte der Typ nicht einmal Deutschland. Schließlich gab es in Deutschland keinen Dschungel, höchstens in irgend so einem Freizeitpark. Aber wie sollte ich da hingekommen sein? Ich kam mir total bescheuert vor. Da stand ich mitten in einem Dschungel und erklärte einem Typen, der Monsterstachelbeeren in Marmelade verwandeln konnte, dass ich ein Mensch und kein Affe war.

      Monstärker verschränkte seine Arme vor der Brust und tappte mit einem Fuß nervös immer wieder auf den Boden. „Ein Mensch? Ich hätte es wissen müssen, dass du keine Makah-Uhba bist. Sonst hättest du dich wegen der kleinen Stachelbeere nicht so bescheuert angestellt. Wie bist du hergekommen?“

      Ich zuckte mit den Schultern. Ich hätte es Monstärker gerne gesagt, aber ich wusste es ja selbst nicht. „Da war dieser Nebel“, murmelte ich. „Er hat nach Vanille und Himbeermarmelade geduftet.“

      „Du bist mit dem Transportnebel gekommen?“, fragte Monstärker ungläubig.

      Ich nickte, tat so als würde ich ihn verstehen. „Und wie komme ich zurück?“, wollte ich wissen.

      „Mit dem weißen Transportnebel. Hoffentlich kommt er, bevor es dunkel wird. Nachts kann es im Moroah-Dschungel verdammt ungemütlich werden. Ich meine mit all den erfundenen Dingen. Wütende Stachelbeeren sind da echt Kinderkram.“ Monstärker setzte sich auf einen Baumstumpf und holte ein kleines Päckchen aus seiner Hosentasche. Er zog einen Kaugummistreifen heraus und schob ihn nachdenklich in den Mund. „Ich hätte nicht gedacht, dass ihr Menschen den Transportnebel noch benutzen könnt. Das ist nicht gut, gar nicht gut. Bestimmt hat Göhrkin seine Finger im Spiel.“

      „Wer ist Göhrkin?“

      „Unser Präsident.“

      „Kann ich auch einen Kaugummi haben?“, fragte ich und deutete auf das Päckchen, das Monstärker zwischen den Fingern drehte. Gobos fantastischer Kaugummi stand in verschnörkelten Buchstaben darauf. Ohne mich anzusehen, gab mir Monstärker einen Kaugummi.

      Als ich mir den orangefarbenen Streifen in den Mund steckte, schien die ganze Welt nach Mango zu schmecken.

      „Mhh, genial.“

      „Ist von Gobo, dem besten Kaugummi-Erfinder.“

      Ich nickte und stellte mir vor, die Welt wäre eine einzige Mango.

      „Wie geht das mit dem Dinge-Erfinden?“, fragte ich schließlich.

      „Hmm“, machte Monstärker, als hätte er damit meine Frage schon beantwortet.

      „Kannst du mir das beibringen?“

      „Ist nichts für Menschen. Zum Dinge-Erfinden braucht man neue Ideen. Die habt ihr Menschen nicht. Denn jede Erfindung funktioniert nur ein einziges Mal.“

      Ich verstand nicht, was Monstärker damit meinte.

      Mittlerweile war die Sonne fast untergegangen. Sie leuchtete von rot über grün bis blau und silbern, in Farben, die ich noch nie gesehen hatte. Längst schrien die Affen wieder oder was für Tiere das sonst waren. Monstärker schien allmählich nervös zu werden. Er ging die Lichtung auf und ab und tat so, als würde er etwas suchen. Meinen Fragen wich er aus. Er wollte mir nichts mehr vom Dinge-Erfinden erzählen. Überhaupt war er nicht besonders gesprächig. „Hoffentlich kommt dieser Transportnebel bald. Wenn es erst dunkel ist, kann ich für nichts garantieren“, murmelte Monstärker. Er sah besorgt aus.

      Ein lautes Brüllen brachte die Affen augenblicklich zum Schweigen. Monstärker fuhr herum. „Auf den Baum“, rief er mir zu. Doch ehe ich auch nur einen Schritt in Richtung des Baums machen konnte, stürmte ein riesiges Vieh auf die Lichtung. Es hatte die Form eines Tyrannosaurus, aber sein Körper war mit zotteligem Fell bedeckt, schwarz und verfilzt. Das Tier stank wie eine Mülltonne im Hochsommer. Zwischen seinen dolchlangen Zähnen tropfte Speichel herab, der die Pflanzen augenblicklich verdorren ließ.

      „Hierher. Komm her! Sei ein gutes Tier!“, versuchte Monstärker das Monster zu sich zu locken.

      Ich stolperte ein paar Schritte rückwärts. Der nächste Baum war viel zu weit weg.

      Doch längst hatte das zottelige Vieh Monstärker entdeckt. Brüllend rannte es auf ihn zu. Monstärker stellte sich breitbeinig hin. Er hob seine Hände, streckte die Arme aus und klappte die Mittelfinger so komisch ein. Wieder murmelte er sonderbare Silben, die ich nicht verstand. Und dann, als das Biest aus vollem Lauf nach Monstärker schnappen wollte, schrie er: „Aber hopp!“

      Sekundenbruchteile bevor es mit seinen Fangzähnen Monstärker zu fassen bekam, stand das Vieh plötzlich auf einer hellgrünen Eisbahn. Sie war spiegelglatt. Das Vieh rutschte in einem Affentempo an Monstärker vorbei. Die Dinosaurierbeine begannen sich wie Windmühlenflügel zu drehen. Schließlich verhedderten sie sich und das Monster stürzte, während es auf einen riesigen Baum zuschoss. Das war nicht so ein mickriges Bäumchen, sondern ein richtiger Urwaldriese. Kopf voraus in vollem Tempo donnerte das Vieh gegen den Stamm. Ein paar Blätter segelten herab. Das Tier jaulte auf. Monstärker sprang auf mich zu und zerrte mich ins Dickicht. Es dauerte, bis sich das Vieh wieder aufrichtete. Jaulend tappte es von einem Bein aufs andere.

      „Ist gut, jetzt hau endlich ab!“ Ich zuckte zusammen, aber Monstärker hatte nicht mich gemeint, sondern das Biest, das tatsächlich murrend auf der anderen Seite der Lichtung im Dschungel verschwand.

      „Nachts wird der Moroah-Dschungel immer gefährlicher, Loona“, schnauzte mich Monstärker an, als wäre es meine Schuld.

      „Mit den Monstern wirst du doch lässig fertig.“ Ich versuchte, selbstbewusst zu klingen, als hätte ich überhaupt keine Angst. Aber das war komplett gelogen. Meine Knie zitterten total.

      „War das wieder so ein Dinge-Erfinden?“, fragte ich unsicher.

      „Ja, ja“, tat Monstärker meine Frage unwirsch ab. „Mit den erfundenen Sachen werde ich schon fertig, ich bin schließlich ein Makah-Uhba. Aber nachts sind die Vokaren auf ihren Raubzügen unterwegs. Wenn die uns erwischen, ist alles aus.“ Bei dem Wort Vokaren versagte fast seine Stimme und ich wusste, gegen die Vokaren war der zottelige Tyrannosaurus das reinste Schoßhündchen. Ich wollte fragen, wer die Vokaren waren, da rief Monstärker: „Da, da, da“, und deutete auf die Lichtung.

      Aber da war nichts. Nur ein wenig Bodennebel breitete sich aus. Kein Monster griff uns an. Und die Affen über uns quietschten immer noch vergnügt.

      „Dein Transportnebel“, rief Monstärker und schob mich auf die Lichtung. „Beeil dich! Er wartet nicht ewig. Transportnebel sind unglaublich schnell beleidigt. Wenn sie merken, dass du sie nicht ernst nimmst, verschwinden sie sofort.“

      Ich ging ein paar Schritte auf den weißen Nebel zu. Ein wenig Bodennebel, das war alles.

      „Geh endlich, Loona!“, schrie Monstärker. Wie er meinen Namen aussprach klang fast, als würde er sich ein wenig Sorgen um mich machen. Ich tat Monstärker den Gefallen und ging auf den Nebel zu. Wie in ein Schwimmbecken, dessen Wassertemperatur ich prüfen wollte, streckte ich meinen Fuß, die Zehen voraus, in den Nebel. Und dann stieg ich hinein, zog meinen zweiten Fuß nach.

      „Darf ich dich wieder besuchen kommen?“, fragte ich belustigt. Mir war klar, dass mich dieser Bodennebel nicht nach