Sie konnte es einfach nicht verstehen, warum nur sie in den Genuss dieser Höllenwesen kam. „Kkkkrrrrac-Knack“, machte es und die Arme brachen über den Schultergelenken nach hinten. Anschließend fuchtelten diese vor ihr herum. Zum Glück trennten sie von den Geschöpfen noch ein, zwei Meter. Die aufgeklappten Hautlappen gingen auf und zu, wie ein Mund mit vier Lippen. „Was war das“, entfuhr es Susanne. Aus ihren Mäulern schoben sich Tentakeln, die nach ihr schnappten. Susanne bekam Panik. Ihr Herz begann zu rasen und fühlte sich an, als wollte es regelrecht aus ihrer Brust herausbrechen. Sie blieb wie angewurzelt stehen, schloss ihren staunenden Mund, legte den Zeigefinger der rechten Hand auf eben diesen und sagte: „Psssssst.“ Dann ging alles ganz schnell. Ihr Kopf drückte den Hals unter sich wegschiebend in ihren Oberkörper. Die Organe in ihm wurden kurzerhand aufgefressen. Daraufhin fraßen sich die Zähne wie Stacheln durch die Bauchdecke und ins Freie. Ihre Arme ergriffen den obersten Wirbelansatz und rissen die Wirbelsäule am Stück aus ihrem fleischigen Leib. Der Stütze beraubt, zerfiel der Oberkörper und so saß nun der Kopf direkt auf den Beckenknochen.
Die verzerrten Kreaturen ihr gegenüber begannen zu winseln. Ihre Tentakeln regten sich ehrfurchtsartig gen Himmel, so als huldigten sie ihrem Herrn. Von Susanne war nicht mehr viel übrig. Um sie herum lag das Fleisch in Fetzen. Nun drückten sich ihre Beine durch das Becken und schoben so den Kopf zwischen sich. Das Ding sprach: „Ihr, die ihr meine seid, geht zurück zum Höllenschlund.“ Dann folgte in tiefer fieser Stimme:
„Diese Welt ist mein, ich werde auf ihr herrschen. Dazu brauche ich keine Hunde, die das Stöckchen holen.“
Wenig später schlossen sich die Mäuler der Hunde und sie verwandelten sich zurück. Einzig Susanne verharrte in ihrer Pose und schrie: „Ihr, die ihr verdammt seid, seid Teil meiner Welt!“ Daraufhin lachten die Zwei bloß, schulterten ihre Rucksäcke und gingen. Susanne blieb zurück und wartete, auf die nächsten Opfer in ihrer unmittelbaren Umgebung.
Von dunkler Macht
Schluchzend stand Betty vor seiner Tür und klingelte. Nach ein, zwei Minuten des verzweifelten Klingelns entstieg Arthur aus seinem Bett. Auf dem Weg zur Tür versuchte er die Dunkelheit abzuschütteln, was ihm jedoch nicht gelang. Als er schließlich den Lichtschalter gedrückt hatte, stellte er mit Entsetzen fest, dass es erst halb drei in der Früh war. „Gott, welcher Hurensohn klingelt denn um diese Zeit an meiner Tür“, dachte Arthur. Dank eines flüchtigen Blickes durch den Türspion machte er Betty aus, seine Arbeitskollegin. Er öffnete die Tür, aber noch mit Vorhängekette. Sie wollte sogleich eintreten, wurde aber von eben dieser Kette daran gehindert. »Lass mich rein«, rief sie. »Ich will weg von diesem Flur. Arthur wirkte verstört. „Was mochte sie nur wieder getrieben haben in der Nacht“, ging es ihm durch den Kopf. Schließlich entsperrrte er die Tür und ließ sie eintreten.
Am ganzen Leib zitternd marschierte sie schnurstracks an ihm vorbei und verkroch sich augenblicklich auf einem seiner Sessel. Hier warf sie sich eine Decke über und lugte darunter hervor. „Sag mal, verfolgt dich wer oder was ist das für eine Maskerade, die du hier abziehst?“, fragte er Betty. Doch sie schwieg. Es dauerte fast zwei Stunden, bis er sie dazu gebracht hatte, ihm zu erzählen, warum sie so verstört wirkte. „Arthur“, sagte sie, „hast du einen Cognac für mich oder irgendwas Stärkeres?“ Arthur ging an seinen Sekretär, klappte ihn auf und holte daraus eine Flasche Gin hervor. Er goss zwei Finger breit in ein Glas und gab es ihr. Ohne es zu genießen, schüttete sie den Schnaps herunter. So ging er erneut zum Sekretär und holte die Flasche. Betty schenkte sich nach; diesmal allerdings randvoll. Wieder trank sie alles auf einen Schluck leer und starrte ihn dann mit reglosen Augen an. Schließlich fragte sie ihn: „Wie lange arbeiten wir jetzt schon zusammen beim New York Journal?“ Arthur fasste sich an den Kopf, kratzte sich etwas und sagte schließlich: „Dass müssen so an die elf Jahre sein.“ „Bist du in dieser Zeit jemals auf einer anderen Etage gewesen als der von unserem Büro und dem Restaurant im 18. Stock?«, fragte sie ihn. „Nein, eigentlich nicht. Was sollte ich auch woanders? Warum fragst du mich das?“ Betty schaute ihm tief in die Augen und berichtete darüber, was sie gesehen hatte.
Durch einen technischen Defekt am Fahrstuhl fuhr dieser anstatt nach oben nach unten. Und so erreichte Betty zum ersten Mal, seit sie in dem Bürokomplex arbeitete, das 4. Untergeschoss. So recht verstanden hatte sie es nicht, denn laut Schaltern gab es nur zwei Etagen unterirdisch und diese waren für die Tiefgarage belegt. Aber nun hielt der Fahrstuhl in Etage -4. Jedenfalls stand das auf der Anzeige oberhalb der Tür. Unbehagen ergriff sie. „Das war doch gar nicht möglich, dass der Fahrstuhl tiefer fuhr, als es Stockwerke gab“, dachte sie. „Was soll ich jetzt nur tun: aussteigen oder lieber hier verweilen?“ Sie entschloss sich für das Aussteigen. Der Flur wirkte wie ein langer breiter Gang, gesäumt von einigen Lampen, welche in den Boden eingelassen waren. Türen waren bis auf die Drei am Ende des Ganges keine auszumachen. Und so ging sie weiter. Die Wände waren kalt wie in einem Eisschrank. Ihr fröstelte und so versuchte sie, diese nicht ein zweites Mal zu berühren. In ihrer Handtasche vibrierte plötzlich ihr Handy. Sie holte es heraus, schaute auf das Display und seufzte nur: „Ach, wieder Mark. Mist, was war heute bloß für ein Tag?“ Ach herrje, sie hatte das Date mit ihm vergessen! „Wie konnte das nur geschehen? Diese Arbeit, die wird mich irgendwann noch auffressen. Nun ist es eh zu spät“, dachte sie und so steckte sie ihr Handy wieder ein.
Betty staunte, als sie den Flur so betrachtete. Er wirkte regelrecht sauber und das, obwohl sie irgendwo in den Versorgungssystemen herumschlich. „Na endlich“, dachte sie, „eine Tür. Der Flur ist wirklich lang.“ Er maß gute 23 Meter. Vorsichtig drückte sie die Klinke herunter, öffnete die Tür und das Herz blieb ihr stehen. In dem Raum liefen eifrig ein paar Männer hin und her. Was genau sie da taten, wollte Betty gar nicht wissen. Es ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. „Oh mein Gott, warum musste ich Esel auch unbedingt wissen, wohin dieser Flur führt? Warum bin ich nicht einfach wieder nach oben gefahren? Dann hätte ich das alles gar nicht gesehen. Was soll ich jetzt nur machen?“ dachte sie. Doch niemand bemerkte ihre Anwesenheit. Wieder und wieder holten die Männer Blutbeutel aus dem Nachbarraum, schnitten sie auf und gossen alles in den im Boden eingelassenen Rost. „Das ergibt doch gar keinen Sinn“, dachte sie. „Warum sollte jemand das gespendete Blut weggießen? War es gar verseucht und sie war per Zufall einem Skandal auf die Schliche gekommen? Sie mochte sich die Konsequenzen gar nicht erst ausmalen. Nur, weil sie so unvorsichtig war und sehen wollte, was hinter der Tür stattfand. Langsam ging sie wieder zur Tür, öffnete diese und trat erneut in den Flur. „Puh!“, seufzte sie tief. „Da hab ich ja gerade noch mal die Kurve gekriegt.“ Anschließend, lief sie so schnell sie konnte, zum Fahrstuhl. Als sie dort wartete, sah sie über die Anzeigentafel, dass der Fahrstuhl zu ihr nach unten kam. Sie wollte nur noch weg von diesem grausamen Ort. Schon im nächsten Moment öffneten sich die Türen des Fahrstuhls und sie sprang sogleich hinein. Dann drückte sie „E“ für Erdgeschoss und betete, dass der Fahrstuhl sich beeilen möge. Als die Türen zuglitten, hörte sie zwei Männer reden. Leider klang nun alles dumpf, aber sie vernahm noch, dass das Ganze ein Experiment war. Einer von beiden sagte schließlich: „Dass die Monique aus der Telefonzentrale verschwunden ist, hat noch keiner gemerkt. Also können wir an unserem Plan festhalten.“ – „Monique ist gar nicht zu ihrer