Die Magier von Stonehenge Teil II.. Denise Devillard. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Denise Devillard
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750289413
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Stimme vernahm, die durch den Gang hallte wie ein Donnergrollen. Namtar? Sein Großvater war also bei Paymon und noch am Leben? Niemand hatte mehr etwas von ihm gehört oder gesehen, seit der Sonnenwende in Stonehenge. Manch einer vermutete, dass er nicht mehr unter den Lebenden weilte. Obwohl Matthew das immer bezweifelt hatte. Und jetzt verbrachte er, wohl offensichtlich sein Leben, als unterwürfiger Speichellecker von Paymon, den er einst hatte stürzen wollen, mit seiner Hilfe. Doch die weitaus größere Frage, die ihn nun beschäftigte, war, wann waren Paymon und Namtar hier? In welcher Zeit war er überhaupt hier gelandet? Oder lag das, was er hier sah, etwa schon viel länger zurück? Er wusste es nicht zu sagen. Das Ganze war noch sehr irritierend für ihn, doch er hatte jetzt keine Sekunde Zeit, um eingehender darüber nachzudenken. Die Gefahr, die hinter dem Gang auf ihn lauerte, war zu groß. Matthew lauschte angespannt den Schritten, die auf ihn zukamen. Was, wenn er ihn entdecken würde? Er wusste ganz genau, dass er im Moment noch nicht soweit war, Paymon zu bekämpfen. Dafür brauchte es noch viel mehr, als er bis jetzt konnte. Er würde mit großer Wahrscheinlichkeit gnadenlos unterliegen und vernichtet werden. Das Klappern der Schuhe, die auf ihn zukamen, wurde immer lauter. Matthew hielt den Atem an, als er hörte, wie sich die Wand öffnete. Namtar durfte ihn auf keinen Fall hier entdecken, sonst wäre alles mit einem Schlag vorbei, und er konnte Elisabeth nicht mehr schützen. Er erstarrte in hockender Stellung hinter dem Regal und wartete. Namtar kam auf ihn zu und schob ein Regal zur Seite, um an das Hintere zu gelangen. Er wühlte in den Sachen, die darauf lagen, und griff sich zwei Kettenhemden samt weißem Überwurf, die mit einem roten Kreuz auf der Brust versehen waren. Dazu noch zwei lange Schwerter mit goldenem Griff.

      Als er sich schon auf den Rückweg machen wollte, hielt er plötzlich inne. Namtar spürte förmlich, dass etwas nicht in Ordnung war. Er hatte das eindringliche Gefühl, dass er beobachtet wurde. Aber er konnte niemanden sehen. Seine schmalen hinterlistigen Augen wanderten durch das Halbdunkel. Um seinen Verdacht, dass sich hier jemand unerlaubt aufhielt, zu überprüfen, wandte er den Zauberspruch an, der den vermuteten Eindringling enttarnen sollte. „Arată-te! Velum dissolve!“ Aber nichts rührte sich. Abwartend und hoch angespannt stand er da, mit den Sachen in seinen Händen. Sie konnten sich unerwartete Zwischenfälle nicht leisten. Die Zeit drängte.

      Matthews Herz war fast stehen geblieben, als sein Großvater das Regal zur Seite geschoben hatte. Er stand nun genau einen knappen halben Meter vor ihm. Wenn er sich nur einige Zentimeter vorwärtsbewegte, würde er ihn unweigerlich berühren. Aber warum konnte er ihn nicht sehen? Und warum hatte Namtars Zauberspruch ihn nicht enttarnt? Es schien, als hätte der Mantel wesentlich stärkere Zauberkräfte, die solche Sprüche wirkungslos machten. Wie erstarrt hockte er da und wartete.

      Namtar warf noch einmal einen scharfen Blick ringsum, dann wandte er sich der Tür zu und verließ die Kammer. Er hatte sich wohl geirrt und sein Verstand spielte ihm Streiche. „Wo bleibst du, Namtar?!“ Die herrische Stimme seines Meisters, schallte ungeduldig durch den Gang. „Ich komme schon, Herr“, gab er untertänig zurück und beeilte sich, ihm die Sachen zu bringen. „Du Narr! Was lässt du mich so lange warten?! Nimm die Sachen und komm!“ „Ja Herr, aber…“ Namtar unterbrach sich, dann schluckte er seine Worte im letzten Moment doch lieber hinunter, als sich vor Paymon lächerlich zu machen, und folgte ihm hinaus. Es war eigentlich unmöglich, dass sich jemand hier aufhielt außer ihnen beiden. Was hatte er sich nur gedacht!

      Matthew wartete, bis er keinen Laut mehr vernahm, dann erhob er sich leise und sah zu der Tür. Sie war wieder verschlossen und es schien, als wäre er wieder allein. Er atmete tief durch und entspannte sich langsam. Er hatte noch einmal Glück gehabt! Er horchte noch einmal, dann trat er durch die Tür in den Gang hinaus. Niemand war mehr zu hören. Erleichtert konzentrierte er sich auf Myrddins Versteck in der Gegenwart, schloss die Spange am Mantel, drehte mit seiner Linken den Ring, und verschwand umgehend. Nichts blieb zurück, was davon kündete, dass er je hier gewesen war.

      Dort angekommen, ließ er sich erschöpft von der Anspannung auf dem Stuhl nieder und überlegte. Warum hatte ihn Namtar nicht sehen können? Er streifte Ring und Mantel ab und legte sie zurück in die Truhe. Für heute hatte er genug an Aufregungen. Um Haaresbreite war er einer Katastrophe entronnen. Zuviel war heute schon vorgefallen. Ermattet ritt er auf Sunday nach Mangeniohood zurück.

      Elisabeth wartete schon seit Stunden auf Matthew und stand am Fenster, als sie die herangaloppierenden Hufe Sundays hörte. Erleichtert lief sie ihm entgegen. „Da bist du ja endlich!“ „Ja sorry Schatz, aber ich hatte ein paar Probleme“, gab Matthew müde zurück, stieg vom Pferd und umarmte sie. Sein ernster Blick gefiel ihr nicht. „Was ist geschehen, Matt?“ „Nicht hier“, antwortete Matthew und zog sie mit sich ins Haus.

      Nachdem er ihr alles erzählt hatte, sagte Elisabeth nachdenklich: „Ich will gar nicht daran denken, was geschehen wäre, wenn sie dich erwischt hätten. Mir gefällt das Alles nicht. Kannst du ihnen nicht so lange aus dem Weg gehen, bis du eine Möglichkeit gefunden hast, ihn zu bekämpfen?“ Matthew sah sie nachdenklich an. Die Angst um ihn stand ihr ins Gesicht geschrieben. „Aber ich konnte doch nicht ahnen, dass sie dort sein würden. Das war doch keine Absicht.“ Sie nahm seine Hand in die ihre und sagte leise: „Matt, ich mache mir wirklich große Sorgen. Ich könnte es nicht ertragen, wenn dir etwas geschieht. Bitte sei in Zukunft vorsichtiger.“ Daraufhin nahm er sie liebevoll in seine Arme und sagte: „Mach dir keine Sorgen, es wird schon nichts passieren.“ Elisabeth schluckte schwer. Sie musste es ihm jetzt einfach sagen, damit er besser auf sich Acht gab. Es machte keinen Sinn, es noch länger hinauszuzögern. „Ich muss dir etwas erzählen Matt.“ Er sah sie stirnrunzelnd an und antwortete: „Was ist los?“ Sie räusperte sich, sah ihm tief in die Augen und sagte: „Wir bekommen ein Kind. Und wenn alles gut geht, kommt das Kind im Winter auf die Welt.“

      „Du bist schwanger?“ Matthew war wirklich sehr überrascht und erfreut zugleich. Elisabeth nickte stumm. „Aber das ist ja großartig!“ „Na ja, schon…aber in Anbetracht der Umstände…“ gab sie zu bedenken. „Ach was, du wirst sehen, wir schaffen das“, sagte er und drückte sie so fest, dass es ihr schon fast wehtat. „Matt, nicht so fest!“ „Sorry Schatz, aber ich freue mich riesig! Ich werde Vater!“ Sein Gesicht strahlte geradezu. Das hatte er nicht so schnell erwartet. Er hob Elisabeth in die Luft und wirbelte sie herum vor Freude. „Nicht so wild Matt!“, rief sie. „Lass mich wieder runter, sonst wird mir noch übel.“ „Oh sorry, Schatz, das wollte ich nicht, aber ich freue mich so!“ Er stellte sie vorsichtig auf dem Boden ab und umarmte sie noch einmal voller Liebe.

      Elisabeth war froh, dass er sich so darüber freute, aber dennoch machte sie sich Sorgen. „Bitte sei in Zukunft vorsichtiger. Du musst jetzt auch an das Kind denken“, sagte sie eindringlich, und legte die Betonung auf den letzten Satz. „Versprochen Schatz, das werde ich. Ich werde mich jetzt mehr auf das Buch konzentrieren, dann komme ich hoffentlich schneller voran.“ Ganz beseelt, lag er an diesem Abend neben Elisabeth und malte sich schon aus, wie es sein würde, Vater zu sein. Ein neuer Lebensabschnitt hatte begonnen, der alles verändern sollte.

      Am nächsten Morgen erwachte er gut ausgeschlafen und voller Hoffnung. Die ersten Sonnenstrahlen lagen über dem Rosengarten, als er sich draußen mit einer Tasse Kaffee in der Hand, auf einem der Stühle niederließ. Der jähe Schrei eines Adlers, der hoch über ihm zu kreisen schien, riss ihn aus seiner morgendlichen Gemütlichkeit. Matthew hatte das unbestimmte Gefühl, als würde er von dem Vogel beobachtet. Doch gleichgültig, wer ihn geschickt hatte, niemand von ihnen konnte Mangeniohood betreten und ihnen schaden. Dafür hatte Myrddin gesorgt. Mangeniohood war geschütztes Land. Und es reichte bis in die tiefen Wälder, weit hinter dem Felsen. Matthew dachte über den gestrigen Tag nach. Warum hatte er Paymon und Namtar dort angetroffen? War er tatsächlich in der Vergangenheit gelandet oder war es doch die Gegenwart gewesen? Wenn er davon ausging, dass er sich zuvor lediglich auf die Zeichen konzentriert hatte, war beides möglich. So konnte er nicht genau sagen, ob Namtar tatsächlich noch lebte. Es bestand in Anbetracht der Ereignisse in Stonehenge, ebenso die Möglichkeit, dass Paymon ihn inzwischen vernichtet hatte. Bisher hatte ihn niemand mehr gesehen, sodass man eher davon ausgehen konnte. Matthew überlegte lange, dann beschloss er, nach Cardiff Castle zu fahren. Auch wenn es riskant für ihn war. Vielleicht fand er dort Antworten, die ihm weiterhelfen konnten. Er stieg in seinen alten Wagen und machte sich auf den Weg. Nach fast einer Stunde Fahrt, wegen des