PENNYFLAX und die Rache des Hexenmeisters. Andreas Bulgaropulos. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andreas Bulgaropulos
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738030488
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      *** 6 ***

      Am nächsten Morgen wurden Pennyflax, Shirah, Minky und Fauch von Vogelgezwitscher und dem Geräusch von Axtschlägen geweckt. Verschlafen schauten sie aus dem runden Fenster der Kutsche und erblickten einen Berghang, über den Nebelfetzen trieben. Ein Stück weiter rechts erhob sich im Osten die Sonne hinter einer bewaldeten Hügelkette, und nur wenige Meter von der Kutsche entfernt spaltete Rotte Rübennase Holzscheite, um sie bei einer Feuerstelle zu stapeln.

      Pennyflax wollte gerade aussteigen und fragen, ob es schon Frühstück gab, da machte Shirah ihren Freund auf die Metallschatullen aufmerksam, die Rübennase vergangene Nacht von den anderen Männern am Wegesrand erhalten hatte: Es waren nun insgesamt fünf Kästchen, die aus Eisen oder Messing gefertigt waren und zwischen den Altkleiderbündeln am Boden standen. Und alle besaßen lediglich einen Riegel auf der Vorderseite.

      Pennyflax und Minky schauten sich an, begannen gleichzeitig zu grinsen und hockten sich neben einer der Schatullen nieder.

      Shirah ahnte, was die beiden im Schilde führten und flüsterte: »Lasst eure Finger davon … geht uns nix an!«

      Doch die zwei zerrten bereits am Riegel der Schatulle herum, der kurz darauf tatsächlich zurückschnappte. Trotzdem rührte sich der Deckel nicht einen Millimeter, und das, obwohl er kein weiteres Schloss besaß.

      »Verzwurbeldingst!«, wetterte der Kobold. »Hatte schon auf Goldstücke oder schnuckligen Schmuck getippt. Die Kiste ist gewiss magisch versiegelt.«

      »Wir können’s ja mal bei den anderen probierrren«, schnarrte Minky und machte sich bereits an der nächsten Schatulle zu schaffen. Da verstummten draußen auf einmal die Axtschläge.

      Shirah stürzte zum Fenster und sah gerade noch den Mantel von Rübennase vorüber flattern, als auch schon hinten am Wagen eine der Leiterstufen knarzte und die kleine Tür geöffnet wurde.

      In dem Moment, als Rotte seinen Kopf herein streckte, schossen Pennyflax und Minky kerzengerade in die Höhe.

      »Morgen. Gut geschlafen?«, brummte der bärtige Mann und rückte seine Augenklappe zurecht. Sein Blick fiel sofort auf die Schatulle, deren Riegel offen stand. »Wenn ihr genug mit meinem Eigentum herum gespielt habt, könnt ihr rauskommen zum Frühstücken. Wir haben letzte Nacht eine anständige Strecke zurückgelegt und werden am Abend die Grenze zu Viancáru erreichen. Zumindest, wenn sich das Wetter hält und gewisse Mitreisende ihre Neugierde im Zaum halten können.« Er lächelte auf eine merkwürdige Weise, so dass sein Goldzahn aufblitzte, und verschwand wieder.

      Shirah atmete auf und rammte Pennyflax wütend den Ellbogen in die Seite. »Nächstes Mal biste gefälligst nicht so neugierig, klarifari?! Hätte schiefgehen können!«

      Er zuckte mit den Schultern. »Immer noch besser als schief humpeln. Außerdem müssen wir rausfinden, ob dieser Rotte was Gemeines vorhat. Denn falls ja, sollten wir uns lieber verkrümeln.«

      »Ja, schon …«, gab die Koboldin zu. Sie prüfte, ob ihre Zöpfe richtig abstanden und öffnete die Tür. »Das Herausfinden muss aber vorsichtiger passieren!«

      Pennyflax drückte seiner Freundin zur Beruhigung einen Kuss auf die Wange und schob den störrischen Fauch durch die Tür der Kutsche. Der Drachling war sowieso kein Frühaufsteher, als er jedoch beim Hinausflattern Rübennase erblickte, leuchteten seine gelben Augen vor Abneigung auf. Er ließ ein giftiges Fauchen ertönen, das die kühle Morgenluft zerschnitt und ein paar Vögel aufscheuchte.

      »Euer Haustier kann mich nicht besonders leiden, was?«, knurrte Rotte und bedeutete Shirah, Minky und Pennyflax, sich an das prasselnde Lagerfeuer zu setzen. Darüber blubberte ein Topf, dessen Inhalt köstlich duftete.

      »Fauch ist kein Haustier und auch kein Hau-Stier«, berichtigte Pennyflax den Hünen, der vier Holzteller mit dem Brei aus dem Topf befüllte und drei davon den Freunden reichte. »Er ist der Sohn von Pyros dem Drachen, der unterm Feuerberg lebt und Sulferions Befehlen gehorcht.« Pennyflax nahm den Teller entgegen und fixierte Rübennase, der sich auf einen Felsen setzte und zu löffeln begann. »Ist ’ne wichtige Dringlichkeit, dass wir Viancáru erreichen, denn wenn Pyros aus dem Vulkan kommt, wird er Garstingen angreifen. Und Sulferions Armee marschiert bestimmt auch schon!«

      »Ach, du grüne Neune!«, röchelte Rotte und verschluckte sich an seinem Brei. »Dann habt ihr die Elfenpatrouille gestern ja gar nicht beschwindelt … ihr meint das wirklich ernst mit diesem Feuerberg-Sulferion-Quatsch, oder?«

      »Logo meinen wir das ernst!«, empörte sich Shirah. »Sagtest du gestern nicht, du würdest uns glauben und deine Geschäftspartner vor dem Krieg warnen wollen?«

      »Gut aufgepasst, kleine Dame«, raunte Rübennase und wischte sich den Brei aus seinem Vollbart. »Aber wenn ich eine Gelegenheit wittere, dann erzähle ich viel, um meinen Willen zu kriegen. Auch meinen Geschäftspartnern ist Wahrheit oder Unwahrheit egal … die kümmern sich nur um die Silberstücke, die in ihren Taschen landen. Und Silber gibt es in Viancáru jede Menge zu holen, vor allem in der Hauptstadt des Elfenreichs, in Castyllium. Wisst ihr eigentlich, wie gigantisch groß diese Stadt ist und wie schnell Wichte wie ihr dort verloren gehen können?«

      Mit großen Augen starrten Pennyflax und Shirah ihr Gegenüber an und bemerkten jetzt erst die beiden Dolche, die im Gürtel des Hünen steckten. Ihnen wurde schon ein wenig mulmig angesichts der Tatsache, wie sorglos sie sich von diesem seltsamen Kerl hatten mitnehmen lassen.

      Nur Minky, der an seinem Brei schnüffelte und seinen Rotzfaden immer wieder in den Teller flutschen ließ, kümmerte das nicht. Er entblößte die langen Schneidezähne und schnarrte: »Interrressant … das koche ich im Gasthaus auch mal. Ist das Grrrießbrei?«

      »Wildweizenbrei mit Honig«, knurrte Rotte, hob bedeutsam seinen Löffel und erklärte den Kobolden: »Ich will damit nur sagen: Haltet euch an mich und haltet euch an unsere Vereinbarung. Dann bin ich sogar bereit, euch bis zum Königspalast in Castyllium zu führen, falls ihr Elfenherrscher Lampion Lavendel tatsächlich vor Sulferions Kriegsplänen warnen wollt. Aber wenn ihr eure Finger nicht von den Schatullen meiner Partner lasst, kann ich für nichts garantieren. Verstehen wir uns?«

      Pennyflax wechselte einen Blick mit Shirah, und während Minky aufstand, um sich ein wenig umzuschauen, nickte der Kobold Rübennase zu. »Abgedingst. Wir wollen sowieso nicht wissen, was da für unspannende Schätze in diesen uninteressanten Kästchen sind … oder woher du die Narbe auf der Wange hast.«

      Shirah knuffte Pennyflax am Arm, weil er so frech war und wandte sich an Rotte. »Du musst uns aber auch was versprechen.«

      »Was mag das wohl sein?«, brummte Rotte, schob seine Augenklappe beiseite und begann, seinen Teller auszulecken.

      »Darfst uns nicht mehr anschwindeln. Denn wir sind schon mal von zwei fiesen Elfenbrüdern verraten worden, die uns betäubt und den Wölfen zum Fraß überlassen haben. Deshalb müssen wir dir vertrauen können, abgemacht?«

      Rübennase druckste herum, rieb sich den Bart und murmelte unverständliches Zeug. Schließlich gab er sich einen Ruck und platzte heraus: »Also schön, versprochen! Aber nur weil du es bist, kleine Kobolddame. Denn für gewöhnlich verspreche ich nicht mal meiner Mutter etwas.«

      Shirah klatschte vor Freude in die Hände. Sie begann den leckeren Wildweizenbrei zu essen und fand Rotte Rübennase gar nicht mehr so unheimlich. Er war zwar ein Miesepeter, aber mit einem Mal fühlte sie sich richtig wohl in der Gesellschaft des bulligen Mannes und natürlich ihrer Freunde. Auch das Lagerfeuer empfand sie als angenehm, ohne dessen Wärme sie an diesem Herbstmorgen gefroren hätte – trotz ihrer dicken Koboldhaut und ihres Kleids. Sie ließ den Blick über die Landschaft sowie den bewaldeten Berghang schweifen, beobachtete den Sonnenaufgang im Osten und erspähte hinter den Nebelschleiern im Westen das rote Glimmen des Feuerbergs am Horizont. Siedend heiß fiel ihr wieder der Grund für ihre Reise ein, und sie beeilte sich aufzuessen.

      Pennyflax hatte inzwischen ebenso von dem Brei probiert, und obwohl er ihn nicht schlecht fand, hätte er ein paar frische Maden oder Regenwürmer