Nach der Arbeit ging er in seine Kabine, und legte sich hin. Nicht, dass er Schlaf gebraucht hätte, aber er machte gerne die Augen zu, und ließ die Erinnerungen an seine letzte Mission, auf diesem Planeten, Revue passieren. Wenn er seinen Ruhestand erreicht hatte, konnte er sich vorstellen, auf dieser Welt sein restliches Leben zu verbringen. Die Gesellschaft, für die er arbeitete, sah es gerne, wenn sich ehemalige Planetentechniker und Ingenieure auf den neuen Welten niederließen. Das stärkte das Vertrauen in die Richtigkeit der Umsiedlung, und sorgte für Sicherheit in der neuen Heimat. Außerdem würde zum Zeitpunkt seines Ruhestandes schon eine gute Infrastruktur herrschen, und damit war ein angenehmes Dasein möglich.
Fast bedauerte er, dass der Planet ohne ihn erschaffen worden war, aber selbst für seine Art, war der Erschaffungsprozess eine lange Zeit. Viel zu schnell verging die planetare Dunkelphase, und sie machten sich wieder auf den Weg zur Oberfläche, dieses Mal in getrennten Gleitern.
Das Schiff von Nidmila landete im nördlichen Territorium, wo sich gewaltige Gesteinsformationen im Hintergrund abbildeten. Für ihn war alles neu, aber eben nicht sehr interessant. Allerdings war sein Job nicht gerade schwer, und so ließen sich die langen Reisezeiten verschmerzen, in denen er von seinen Leuten getrennt war. Durch die ausgedehnten Stasis Perioden, kam einem die Mission eher kurz vor, und man hatte ja schließlich etwas zu erzählen, wenn man wieder nach Hause kam. Es gab in seiner Heimat kaum einen begehrteren Job, als seinen, aber dafür musste man einiges in Kauf nehmen, wie er bereits festgestellt hatte.
Nidmila schlüpfte in seinen Anzug, kontrollierte die Verschlüsse, und betrat die Schleuse. Wieder verspürte er das Ziehen im Körper, das ihn bereits gestern heimgesucht hatte. Was war das? Hoffentlich stellte sich bei ihm keine Raumuntauglichkeit heraus, denn sonst würde seine Karriere schnell beendet sein.
Die äußere Tür öffnete sich, und gab den Weg zur errechneten Position frei. Nach einem kurzen Augenblick erreichte er die Stelle, die bereits vom Mutterschiff zusätzlich mit einem, in den Boden geschmolzenem Muster, gekennzeichnet war. Er baute die Abschussrampe auf, justierte den Eintrittswinkel, und setzte den Bohrer an. Anschließend arretierte er den Sprengsatz, und wartete, bis das System die Freigabe erteilte.
Es war ein Kinderspiel, und machte sogar Spaß, auch wenn die ältere Generation mit diesen verstaubten Begriffen längst nichts mehr anzufangen wusste. Ihm gefiel diese Retrowelle, und die Gruppe der jungen Bewohner seiner Heimat, schlossen sich der Bewegung gerne an. Es war ja nicht gefährlich mit Emotionen zu spielen. Eine wachsende Zahl der Bevölkerung hatte ebenfalls nichts dagegen einzuwenden.
Der Bohrkopf wurde abgeschossen, und verschwand in der harten weißen Oberfläche. Es würde einige Zeit dauern, bis der Sprengsatz seinen Bestimmungsort erreicht hatte, und erst wenn alle Ladungen platziert waren, erfolgte die Detonation.
Wieder zog ein stechendes Gefühl durch seinen Körper. Dieses Mal so stark, dass er sich vor Schmerzen krümmte, und er auf die Knie fiel. Nach wenigen Sekunden stand er wieder auf, aber er war noch leicht benommen. Sein Bioanzug zeigte eine erhöhte Temperatur, und ein Abfall seines Blutdruckes. Es fing wieder an in seinem Bauch zu rumoren, und dieses Mal wusste er, was sein Körper von ihm wollte.
Das konnte nicht sein. Sie waren noch Ewigkeiten von der nächsten Station entfernt. Es gab zwar die Möglichkeit ein Notfallsystem im Mutterschiff zu nutzen, aber bis dahin konnte er es unmöglich schaffen.
Sollte er den Commander informieren? Keine gute Idee, und was sollte der schon machen? Wieder setzte der Schmerz ein, und dieses Mal lief Flüssigkeit aus seinen Augen.
Bidmila 5 sah aus dem Fenster, und betrachtete die Oberfläche des Planeten. Die Landmasse war nahezu Wolkenfrei, und gab einen guten Blick auf die verschiedenen Gesteinsformationen frei. Ein idealer Zeitpunkt, um die Sprengung auszulösen. Er tippte auf ein Bedienfeld, und die Schiffssteuerung signalisierte ihre Zustimmung.
„Freigabe erteilt“, murmelte der Chefinspekteur, und sein Gesicht strahlte Zufriedenheit aus. Er überflog mit den Augen die Anzeigen des Mutterschiffs. Die seismologischen Auswirkungen waren wie berechnet, und das Flüssige des Planetenkerns, würde zusammen mit dem Ascheregen, für die Verdunklung der Sonne sorgen, und damit zur Erwärmung des Planeten beitragen. Die, bei der letzten Inspektion ausgesetzten Mikroorganismen, waren für eine flächendeckende Vegetation, und der ausgeglichenen Sauerstoffanteil der Atmosphäre, verantwortlich. Noch ein paar letzte Umkreisungen, und sie konnten wieder in ihre Schlafkammern gehen, bis sie den nächsten Planeten erreicht hatten.
Erst jetzt bemerkte Bidmila ein Warnlicht auf der Instrumententafel. Er kannte das Signal, nur … es hatte noch nie zuvor aufgeleuchtet. Wie war das möglich? Ein Irrtum? Aber von wem? Das System war unfehlbar. Andererseits konnte die Warnung nicht stimmen. Seine Hände flogen über die Instrumente, aber das stumme Licht verschwand nicht. Er scannte die Oberfläche des Planeten. Kein Zweifel, die Warnung wurde bestätigt.
„Bitte um weitere Anweisungen, wie wir uns verhalten sollen“, rief der Chefingenieur dem Mutterschiff zu.
„Analyse wird durchgeführt“, bestätigte das Schiff. Geduldig wartete er auf das Ergebnis. Bidmila blickte sich um, und entdeckte fast überraschend seinen Lehrling, der unbeteiligt neben ihm stand, und aus dem Fenster blickte. Erste Rauchsäulen auf der Oberfläche zeugten von seismischer Aktivität unter der dünnen Kruste des Planeten. Wie gebannt starrte Nidmila auf dieses Schauspiel. Wieder meldete sich das Schiff.
„Eine vollständige Analyse ist aufgrund unzureichender Daten nicht möglich. Wahrscheinlichkeit einer Kontamination durch Fremdorganismen liegt bei 78,93 Prozent. Für weitere Berechnungen werden Bodenproben benötigt.“
Es herrschte eine Totenstille auf dem Kommandodeck.
„Ich habe dazu möglicherweise neue Informationen, Kapitän“, flüsterte der Kadett, ohne seinen Blick von der Landmasse des Projektes abzuwenden.
„Neue Informationen“, echote der Chefingenieur. „Woher haben Sie die?“
Nur zögerlich bekam er eine Antwort.
„Bei meiner letzten Mission hatte ich unvorhersehbare Störungen meiner Körperfunktionen.“ Wieder verging Zeit, und die beiden standen nebeneinander vor dem Fenster der Brücke, und betrachteten das Spektakel der ersten Eruptionen, die mit gewaltigen Erschütterungen das Gesicht des Planeten für immer verändern würden.
„Was für Störungen?“ Bidmila 5 fühlte ein unbekanntes Verlangen, seinen Gesprächspartner mit erhobener Stimme auszufragen, beherrschte sich jedoch, und fuhr in geschäftsmäßigem Tonfall fort.
„Bitte teilen Sie mir jetzt alle relevanten Daten mit, die für unsere Aufgabe notwendig sind.“
Der Neuling schien seine Haltung zu straffen, sprach aber dennoch sehr leise, als ob sie ein vertrauliches Gespräch in einer belebten Umgebung führen würden.
„Ich war gezwungen eine Leerung vorzunehmen.“
Es war, als ob den Chefinspekteur ein Schlag treffen würde. Er stolperte einen Schritt zurück, änderte die Gesichtsfarbe zunächst in weiß, um anschließen ein dunkles rot anzunehmen, bevor er wieder blass wurde.
„Sie haben auf dem Planeten geleert? Sie haben den Planeten verseucht? Sie … Sie, Sie haben …, haben Sie eine Vorstellung davon, was Sie angerichtet haben?“
Heftiges Kopfschütteln war die Reaktion. Auf der Stirn des Inspektionsleiters entstand eine dicke blaue Ader, die zu pochen anfing, als es aus ihm heraus brach.
„Sie haben die Arbeit von einer Milliarde Zyklen zerstört! Sie kennen doch die Vorschriften, oder? Wir dürfen den Planeten jetzt nicht mehr besiedeln, bis die Kontamination beseitigt ist, und zwar ohne, dass wir selber für die Säuberung sorgen dürfen. Das heißt, dass wir mindestens die nächsten 150 bis 300 Millionen Zyklen abwarten müssen, bis wieder nur Vegetation, oder