Lethal Vacation. Josephine Lessmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Josephine Lessmann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753132730
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aufgesetzt.

      Aus heiterem Himmel umarmte sie Marvin, was ihn vollkommen überrumpelte. Trotzdem genoss er diese Umarmung und roch ihr süßliches Deodorant. Loslassen wollte er sie nicht, aber die Zeit saß ihm in gewisser Art und Weise im Nacken. Schweren Herzens ließ er sie los.

      »Ich melde mich, wenn ich da bin. Mit viel Glück bekomme ich eine Antwort von dir«, erwiderte er zwinkernd und stieg ins Auto.

      »Wenn ich nicht schon schlafe … Dann aber am Morgen«, versicherte sie wieder mit diesem bezaubernden Lächeln und winkte zum Abschied. Mit den Händen in den Jackentaschen schlenderte sie zum Treppenhaus.

      Er beobachtete sie über den Rückspiegel, während er den Wagen startete. Ihr auf den knackigen Po zu starren war nicht gentlemanlike, aber sie wusste es ja nicht.

      Mit der Hoffnung auf ein gutes Durchkommen fuhr er nach Frankreich.

      *

      Das Wiener Schnitzel war in der Raststätte nahe Bad Krozingen okay. Aber die Pommes waren um einiges besser. Dicke, knackige Kartoffelstangen. Der Salat war ebenso lecker.

      Er hatte die Strecke bis hier her durchgezogen und das machte ihn stolz. Acht Stunden Fahrt waren anstrengend und er hatte sich seine Pause wahrlich verdient. Etliche Baustellen bremsten ihn am Ende aus. Nicht mehr lange und er würde die französische Grenze passieren. Nach dem Essen vertrat er sich rauchend auf dem Gelände des Rasthofes die schweren Beine.

      Er beobachtete eine Familie, die mit ihren Kindern auf dem dortigen Spielplatz spielte. Die Zöglinge waren zwischen fünf und sechs Jahre alt und rutschten immer wieder die Rutsche hinunter. Doch dann brach Chaos aus, als die Eltern die Weiterreise bekannt gaben. Ein tosendes Gebrüll erschütterte den sommerlichen Nachmittag und Marvin konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen.

      Nachdenklich rauchte er seine Zigarette zu Ende und zückte sein Smartphone aus der Hosentasche. Es war 16 Uhr. Laut Google hatte er noch vier Stunden Fahrt vor sich. Im Storchengang stolzierte er erneut rauchend auf dem Fußweg entlang und entschloss sich, die Fahrt fortzusetzen.

      Während er fuhr, wählte er über die Freisprechanlage die Nummer von Yves. Es läutete ein paar Mal dröhnend aus den Boxen, bis der Franzose endlich abnahm.

      »Oui?«

      »Hallo Yves. Hier ist Marvin. Ich wollte Bescheid sagen, dass ich in circa vier Stunden im Hotel sein werde«, eröffnete er ihm.

      »Dann kommst du ja gut durch«, staunte er. »Wir sind leider heute Abend noch unterwegs. Aber ich erwarte dich morgen Mittag im Labor.«

      »Sehr gut. Hast du die Proben schon fertig?«

      »Sie werden von mir persönlich fertig gemacht«, versicherte Yves.

      »Wir müssen uns eh noch unterhalten«, erwiderte Marvin mit kritischem Unterton in der Stimme.

      »Morgen, mein Freund. Du sollst dich ausruhen, bevor du zu mir kommst.«

      »Ich denke, du weißt, was ich meine?«

      »Oui mon ami. Lass uns morgen reden.«

      Stumm nickte Marvin vor sich hin und passierte ein Autobahnschild, auf dem die kommende Grenze ausgeschildert war.

      »Bis dann, Yves«, brummte er und legte auf.

      Er versuchte, die Gedanken zu verdrängen. Die Erinnerungen an die Unterhaltung mit Dr. Kaufmann machte ihn erneut rasend. Er schüttelte den Kopf und schaltete das Radio an.

      ***

      Kapitel 8

      Lyon, Frankreich

      Forschungszentrum für Infektionskrankheiten

      21.Juli 2012, 16:10 Uhr

      38 Tage bis zum internationalen Flugverbot

      Grinsend betrachtete Yves sein Telefon und legte es in seinen Spind, nachdem Marvin das Gespräch beendet hatte. Gewissenhaft zog er seinen Vollschutzanzug an und klebte die Übergänge der Handschuhe am Anzug mit Klebeband ab. Er betrat die erste Schleuse und legte das Beatmungsgerät an. Dann ging er den zweiten Vorraum und hörte seinen lauten Atem im Anzug.

      Als er den Forschungsraum hineinging, schritt er zum Kühlschrank, in dem die Großproben parat standen. Mit dem Kasten in der Hand begab er sich zu einem kleinen Schacht und stellte die Kiste hinein.

      Der Anzug machte bei jedem Schritt gummiartige knirschende Geräusche, aber das störte ihn schon lange nicht mehr. Im gegenüberliegenden Raum setzte er sich auf einen Stuhl und steckte die Hände durch die runden Aussparungen des Panzerglases.

      Vorsichtig öffnete er die Kiste und holte die Großproben heraus, um sie mit einer Pipette in die vorgesehenen Behälter umzufüllen.

      Während er dies tat, summte er ein Lied vor sich her, welches er heute Morgen und während des Mittagessens im Radio gehört hatte. Als er die Proben abgefüllt hatte, schloss er die Großprobe, stellte sie in die Kiste zurück und verstaute sie im Fach.

      Nach und nach verschloss er die kleinen Proben und steckte sie in die Halterungen der speziellen Transportbox, die in einem zweiten Fach parat stand.

      Plötzlich fühlte er ein unangenehmes Kribbeln in seiner rechten Hand. Ein unkontrollierbares Zucken erfasste diese und er stieß die letzte Probe um, die sogleich an der Wand des Forschungsbereichs zerschellte.

      Ein kleiner Glassplitter, getränkt in der Probe, stach durch seinen Handschuh und blieb für einen kurzen Moment in seiner Haut stecken. Das Kribbeln seiner Hand übertünchte den kurzen Einstich.

      »Merde!«, fluchte er. Instinktiv drückte er einen seitlichen Knopf im Forschungsbereich, der die Schleuse herunterfuhr und die Oberfläche der abgefüllten Proben automatisch dekontaminierte.

      Er zog die Hände durch die Aussparung heraus, verschloss diese und drückte direkt den Dekontaminationsknopf. Fauchend schlugen die Flammen im Inneren um sich. Bedächtig sah er dem Feuer zu, das jegliche Viren innerhalb von Millisekunden vollkommen unschädlich machte. Das einzige, was übrig blieb, war geschmolzenes Glas und ein verkohlter Forschungsbereich.

      Während er um die Kammer herum ging, um die Großprobe und die Transportbox in die Kühlung zu bringen, versuchte er durch pumpende Bewegungen seiner rechten Hand, den stechenden Schmerz wegzubekommen. Ächzend stellte er die Großprobe in die Kühlung. Auf den Lieferschein trug er neun statt zehn Proben ein und steckte ihn in die Transportbox. Über einen Pin verschloss er den Behälter, der in eine mit Stickstoff gefüllte zweite Vorrichtung verpackt wurde. Diese wurde ebenso mit einem Pin versiegelt. Zum Schluss stellte Yves das fertige Paket in eine Durchreiche, die dort mit ultraviolettem Licht bestrahlt und vorsorglich dekontaminiert wurde.

      Seufzend sah er auf seine rechte Hand, deren Schmerz langsam nachließ. Er sah auf die Uhr. Dass das Ganze eine Stunde dauerte, kam ihm gar nicht so vor.

      Mit dem Ellenbogen öffnete er die Tür zur Dekontaminationskammer. Er drehte sich in der desinfizierenden Seifenlauge, die über Düsen aus den Wänden auf ihn herabregneten, hin und her und verrieb sie. Als Zweites wurde eine klare Flüssigkeit versprüht, die die Lauge vollkommen vom Anzug spülte. Im letzten Gang wurde ein Gebläse angestellt, welches den Schutzanzug trocknete und sämtlichen Wasserdampf absaugte.

      Dann wurde es still in der Kammer. Ein Scanner prüfte ein letztes Mal, ob Viren auf seinem Körper klebten. Öffnete sich die Tür nicht, musste die Dekontamination wiederholt werden. Angespannt fixierte Yves die Tür.

      Als die grüne Lampe aufleuchtete, atmete er erleichtert auf und konnte die Kammer verlassen. Er streifte die Handschuhe ab und warf sie in den Eimer. Seine Kleidung hängte er an einen Haken und die Stiefel stellte er in ein flaches Becken mit einer speziellen Lösung. Die Garderobe darunter schmiss er in der Männerduschkabine in einen speziellen Schacht, wo diese chemisch gereinigt wurden.

      Er wischte sich unter der juckenden Nase entlang und trat in die Dusche ein.

      Der Virus, der durch den Glassplitter übertragen wurde, breitete